„Verhandlungen waren nicht von gegenseitigem Respekt geprägt“

ETV-Manager Gümüs im Interview

04. August 2016, 13:41 Uhr

Koray Gümüs möchte den ETV als Liga-Manager zurück in die Erfolgsspur führen. Foto: noveski.com

Gleich zehn Akteure verschlug es im Sommer von der Kreuzkirche an den Lokstedter Steindamm. Eine durchaus stattliche Anzahl, die ein größeres „Wechsel-Theater“ zwischen dem abgebenden Verein, FC Teutonia 05, und dem aufnehmenden Club, dem Eimsbütteler TV, nach sich zog. Denn der Nord-Bezirksligist kämpfte wochenlang um die Freigaben einiger Spieler und möchte nun, wo dieses Tauziehen fast beendet ist, voll angreifen! Manager Koray Gümüs im Interview über den Umbruch, Ziele und den „Schlagabtausch“ mit den 05ern…

FussiFreunde: Nach dem zehnten Tabellenplatz in der Vorsaison kam es im Sommer zu einem großen Umbruch im Kader. Insgesamt wurden 23 (!) neue Leute geholt – darunter zehn junge Spieler aus der eigenen Jugend hochgezogen. Was waren die Gründe für die „Radikalkur“?

Gümüs: „Im Laufe der enttäuschend verlaufenden letzten beiden Jahre hat sich ein Kern von Spielern herauskristallisiert, um den herum wir in diesem Sommer eine Mannschaft aufbauen wollten, die sowohl auf als auch neben dem Platz funktioniert. Die Entwicklung bei Teutonia war aus unserer Sicht natürlich eine glückliche Fügung, da die Jungs uns zum einen fußballerisch nach vorne bringen, aber auch als Typen eine absolute Bereicherung sind. Man darf aber auch unsere anderen externen Neuzugänge wie Lou Anger, Richy Duah und Nick Motzke nicht vergessen, die uns bereits vor diesem ‚Coup‘ ihre Zusage gegeben und sich ebenfalls perfekt integriert haben. Als unsere A-Jugend dann Ende Juni – als jüngerer Jahrgang – den Aufstieg in die A-Regionalliga leider verpasste, wollten die Jungs, die teilweise schon seit vielen Jahren im Verein sind, unbedingt beim ETV ihre ersten Schritte im Herrenbereich wagen. Da auf der Integration von Spielern aus der eigenen Jugend auch in Zukunft unser Hauptaugenmerk liegt, ist es der logische Schritt, dass wir die Jungs bereits jetzt hochziehen.“

FussiFreunde: Von Deinem Ex-Club Teutonia 05 wurden ebenso zehn Mann verpflichtet, die allesamt über höherklassige Erfahrung verfügen. Wie kam es dazu, dass gleich so eine Vielzahl von Akteuren den Gang in eine tiefere Spielklasse wagte?

Gümüs: „Wie soweit bekannt, hat sich während des letzten halben Jahres bei Teutonia 05 einiges verändert. Die sportliche Leitung hat sich komplett neu aufgestellt und die Planung für die kommende Saison vorangetrieben. Als ich dann erfahren habe, dass allerdings mit einigen Spielern – größtenteils langjährige Stammspieler und gute Freunde von mir – gar nicht gesprochen wurde, habe ich mein Glück einfach mal versucht. Zunächst habe ich mir gar keine großen Chancen ausgerechnet, in den Gesprächen hat sich dann aber gezeigt, dass die Jungs richtig Bock auf den Verein haben. Wir wollen Ihnen einfach die Wertschätzung entgegenbringen, die sie in letzter Zeit nicht mehr bekommen haben. Leider hat sich das mit den Freigaben beim einen oder anderen Spieler etwas schwieriger gestaltet.“

FussiFreunde: Was meinst Du damit ganz konkret?

Gümüs: „Die Spieler wurden von den Verantwortlichen als ‚Söldner‘ bezeichnet, da sie angeblich ihre Zusage für die kommende Saison gegeben hätten, was die Jungs aber alle vehement bestreiten. Man muss sich dabei nur einmal vergegenwärtigen, dass ein großer Teil der betreffenden Spieler bereits seit vielen Jahren im Verein war und sich absolut mit dem Club identifizierte. Außerdem hat sich herausgestellt, dass der neue Trainer froh über die Abgänge war, um Platz für Spieler zu schaffen, die seit Kindesalter davon träumen, an der Kreuzkirche zu kicken…“

FussiFreunde: Wie kam es schlussendlich doch noch zu einer Einigung mit Teutonia 05?

Das Tauziehen um Marcel Plewka zieht sich seit Wochen hin. Foto: noveski.com

Gümüs: „Dazu möchte ich mich im Detail nicht äußern. Nur so viel: Die Verhandlungen waren nicht wirklich von gegenseitigem Respekt geprägt.“

FussiFreunde: Hättest Du Dir vor allem im Fall Marcel Plewka einen anderen Umgang mit seiner Person gewünscht – schließlich hast Du ihn damals in die zweite Mannschaft von 05 geholt?

Gümüs: „Absolut! Es war damals ein echter Kraftakt, ‚Plewe‘ davon zu überzeugen, seine Buffer für Teutonia 05 zu schnüren. Gemeinsam mit Nils Boldt ist mir dies aber ganz gut gelungen, sodass er zu uns in die Zweite gekommen ist. Während der Wintervorbereitung der Saison 13/14 ist der damalige Erste Vorsitzende, Diddo Ramm, auf uns zugekommen und hat um Hilfe für die sich im Abstiegskampf befindende erste Mannschaft gebeten. Da ein Zusammenhalt zwischen den beiden Mannschaften zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden war, musste wieder eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass Plewe und zwei weitere unserer Spieler die Erste verstärken. Insbesondere Marcel Plewka hat dann mit seiner positiven Art eine Begeisterung entfacht, die den jungen Kader zum Klassenerhalt trug. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wo Teutonia 05 ohne Marcel jetzt stünde.

Und jetzt, zweieinhalb Jahre später? Marcel Plewka, der damals ohne einen Cent Ablöse dem Verein die Landesligazugehörigkeit gerettet und seine Knochen für den Verein hingehalten hat, wird als ‚kleiner Dank‘ zum Abschied die Freigabe verwehrt. Das hat mit fairem Sportsgeist nichts mehr zu tun, sondern geht um persönliche Eitelkeiten, die auf dem Rücken eines Spielers ausgetragen werden, der bis vor Kurzem noch absolute Identifikationsfigur im ganzen Verein war!“

FussiFreunde: Kommen wir zurück zum Sportlichen: Vor allem aufgrund der zahlreichen Teutonia-Zugänge werdet ihr als Top-Favorit in der Bezirksliga Nord gehandelt. Mit welcher Zielsetzung startet ihr in die Saison?

Gümüs: „Auf dem Papier sind wir sicherlich gut aufgestellt und auch in den Testspielen sah das teilweise schon richtig gut aus! Klar ist aber auch, dass so ein großer Umbruch immer ein wenig Zeit braucht und nicht alles auf Anhieb klappen wird. Wenn wir es schaffen, uns als Team schnell zu finden, dann wollen wir schon ein gewichtiges Wörtchen um die vorderen Plätze mitsprechen.“

FussiFreunde: Mal im Ernst: Wäre alles andere als der Aufstieg eine Enttäuschung für euch?

Gümüs: „Bereits vor der Saison solche Aussagen zu treffen, wäre sicherlich vermessen. Man kann einen Aufstieg nicht planen, da müssen schon viele Dinge passen. Wenn es am Ende nicht klappen sollte, weil andere Mannschaften einfach besser waren, dann werden wir das akzeptieren und es im nächsten Jahr wieder versuchen.“

FussiFreunde: Wie habt ihr den Wechsel von der West- in die Nord-Staffel aufgenommen?

Gümüs: „Wir freuen uns natürlich auf die Derbys gegen GWE, Alsterbrüder und Eintracht Lokstedt. Durch die vielen Kunstrasenplätze besteht außerdem Hoffnung, dass Auswärtsspiele auf einem Dienstag um 18:30 Uhr der Vergangenheit angehören. Ob die Nord jetzt stärker oder schwächer als die West ist, kann ich allerdings noch nicht beurteilen.“

FussiFreunde: Wer zählt Deiner Meinung nach zu den Aufstiegs-Favoriten und wer könnte die größte Überraschung darstellen?

Gümüs: „Mit ‚Aufstiegsexperte‘ Heiko Klemme muss man sicherlich Eintracht Lokstedt auf dem Zettel haben. Auch TuS Berne, SC Sperber, BU II und Bergstedt zählen zum engeren Kreis. Geheim-Favorit ist für mich der FC Alsterbrüder, die mit einem eingespielten Team und der Aufstiegseuphorie im Rücken für die eine oder andere Überraschung sorgen werden.“

FussiFreunde: Du selbst bist gerade einmal 25 Jahre jung, hast aber schon eine Menge erlebt und mitgemacht im Amateurfußball. Mit welchen Zielen gehst Du ganz persönlich in die kommenden Jahre?

Gümüs: „Ich blicke da gar nicht so weit voraus, um ehrlich zu sein. Mir geht es vielmehr darum, den ETV wieder zurück in die Erfolgsspur zu führen und die Entwicklung dieser sehr jungen Mannschaft weiter voran zu treiben. Und ich denke, dass wir uns auf einem guten Weg befinden.“