Meyer: „Ich empfinde eine riesengroße Genugtuung!“

Nach der UEFA-Cup-Hauptrunde ist vor dem ersten Länderspiel

19. Oktober 2016, 15:47 Uhr

Saboor Khalili (l.) und Michael Meyer sind zwei der Panthers-Helden aus Varna und beide auch fürs erste offizielle Länderspiel der Futsal-Nationalmannschaft nominiert worden.

Seit Jahren ist Michael Meyer nicht nur einer der herausragenden Fußballer in der Hamburger Amateurszene, auch im Futsal ist „Magic Meyer“, wie er nur von seinen Hamburg Panthers liebevoll genannt wird, eine ganz große Nummer. Nicht umsonst war der elegante „Zauberfuß“ von Anfang an ein ganz wichtiger Eckpfeiler bei den Lehrgängen der neu ins Leben gerufenen Futsal-Nationalmannschaft und gehört – wie auch Stefan Winkel, Yalcin Ceylani und Saboor Khalili (alle Hamburg Panthers) – zum Aufgebot für die ersten beiden Länderspiele in der Geschichte gegen England (31.10./01.11.).

Doch bevor es so weit ist, blicken wir mit Meyer auf das herausragende Futsal-Erlebnis am vergangenen Wochenende zurück, wenngleich der 28-Jährige im letzten und alles entscheidenden Gruppenspiel der UEFA-Cup-Hauptrunde gegen Göteborg aufgrund zweier Gelber Karten zum Zuschauern verdammt war. „Im Nachhinein ist es zwar schade, dass ich nicht auf dem Platz stehen konnte. Aber ich glaube auch, dass es die Jungs nochmal ein paar Prozente mehr gepusht hat. Sie sind über sich hinaus gewachsen. Es war ein absolutes Gänsehaut-Erlebnis, das Spiel in der letzten Sekunde auf diese Art und Weise zu gewinnen. Dieser Moment entlohnt einen für alles, was man bisher für diesen Sport investiert hat!“ Eine winzige Sekunde vor dem Ende erzielte „Ober-Panther“ Onur Ulusoy den kaum mehr für möglich gehaltenen Siegtreffer zum 4:3 und führte sein Team damit in die Eliterunde Europas. Ein unglaublicher Erfolg für die Hamburger! „Das ist definitiv etwas Besonderes! Es war unsere dritte Hauptrunden-Teilnahme – zweimal waren wir nicht so erfolgreich, beim dritten Anlauf musste es einfach mit dem Einzug in die Eliterunde gekrönt werden“, so Meyer, der bereits angeschlagen ins bulgarische Varna reiste. „Für mich war es schwierig, weil ich eine Woche vorher krank geworden und auch mit einer Grippe hingefahren bin. Aber ich wollte alles für die Jungs geben – und das habe ich auch in den ersten beiden Spielen getan.“

„Da steckt eine Bilderbuch-Geschichte dahinter“

Auf der PK stellten Meyer (l.) und Khalili ihr Können zur Schau.

Zum allerersten Mal hat es das absolute Ausnahmeteam in Sachen Futsal in Deutschland geschafft, die Hauptrunde zu überstehen. „Beim zweiten Mal hatte wir das Pech, dass wir in eine ‚Todesgruppe‘ gekommen sind. Dadurch, dass der andere Qualifikant, der eigentlich der machbare Gegner sein soll, noch besser war als die anderen Konkurrenten in der Gruppe, war es natürlich extrem schwierig. Aber das Lehrgeld mussten wir einfach zahlen. Dieses Mal war die Gruppe machbarer und auch unser erklärtes Ziel, in die Eliterunde zu kommen. Ob wirklich jeder der Jungs von vornherein daran geglaubt hat, weiß ich nicht. Aber spätestens nach dem ersten Sieg war klar: hier ist was zu holen in diesem Jahr“, erklärt Meyer, der für die titelverwöhnten Panthers eigentlich unersetzbar ist. Dennoch war er von einem Sieg im letzten Gruppenspiel überzeugt, wie er uns verrät: „Ja, ich habe auf jeden Fall zu 100 Prozent dran geglaubt! Uns lief zwar die Zeit davon, aber selbst, als nur noch eine Sekunde auf der Uhr war, war ich felsenfest davon überzeugt, dass wir noch gewinnen. Ich kann jetzt noch nicht verraten, warum ich mir so sicher war – vielleicht mache ich es nach dem ersten Länderspiel. Aber es steckt eine Geschichte dahinter, die eigentlich aus dem Bilderbuch ist. Normalerweise bin ich nicht der Typ, der so sehr ausflippt, aber mich hat’s einfach überkommen. Ich bin unheimlich stolz auf die Jungs!“

„Wir hätten der Fußball-Nationalmannschaft was voraus“

Saboor Khalili ist der Mann für die Defensive bei den Panthers. Foto: noveski.com

Saboor Khalili, der in dieser heißen Phase auf dem Platz stand und sogar maßgeblichen Anteil am Siegtreffer hatte, meint: „Ich hatte die Uhr gar nicht im Auge, weil ich so fixiert aufs Spiel war.“ Von Beginn an habe ihn „das Futsal-Fieber gepackt“, wie er sagt. „Die Begeisterung war von Anfang an da. Die Liebe zu diesem Sport ist immer mehr gewachsen und befindet sich aktuell auf dem Höhepunkt.“ Und zwar so sehr, dass man es nun mit den ganz Großen aufnehmen möchte. Onur Ulusoy würde beispielsweise gerne mal einen Vergleich zwischen den Futsalern der Hamburg Panthers und der Bundesliga-Mannschaft des HSV unter dem Hallendach sehen. Meyer und Khalili gehen sogar noch ein Stückchen weiter. „Wir haben über viele Jahre hinweg ganz bestimmte Laufwege, Taktiken und Varianten voraus. Deshalb denke ich, dass wir der Fußball-Nationalmannschaft da etwas voraushätten“, glaubt Khalil – angesprochen auf ein mögliches Aufeinandertreffen. Während der neue Bundestrainer, Paul Schomann, in diesem Punkt nicht ganz so optimistisch ist, findet Meyer: „Wir sollten an die ganze Sache etwas positiver rangehen.“

„Habe meine Ausbildung für das Ganze aufs Spiel gesetzt“

Auf der Pressekonferenz vor dem ersten Länderspiel am 30. Oktober betonte Schomann, dass man sich in Deutschland noch professioneller aufstellen möchte – und zwar dahin gehend, dass es sich bei den Nationalspielern vermehrt um reine Futsaler handelt. Allerdings ist nicht nur Meyer auch noch als Fußballer aktiv. Zusammen mit Stefan Winkel spielt er beim Hammonia-Primus Teutonia 05. Aber wie lange noch? „Noch behalte ich es bei. Ich gebe zu, dass mir manchmal die Lust fehlt. Aber um futsalerisch auf dem höchsten Level zu sein, reicht es derzeit einfach noch nicht aus mit dem Liga-System in Hamburg. Da muss ich weiter Fußball spielen, um für die größeren Aufgaben voll gewappnet zu sein“, lässt er tief blicken. Wie viel man als Futsalspieler nicht nur an Zeit, sondern auch ganz generelle Dinge im Leben opfert, wird an folgendem Beispiel deutlich: Um an der Hauptrunde in der Vorwoche in Bulgarien teilzunehmen, mussten einige Akteure der „Raubkatzen“ sogar Sonderurlaub beantragen. Mehr noch. „Ich habe meine Ausbildung für das Ganze aufs Spiel gesetzt, weil’s mir eben auch sehr wichtig ist. Das ist natürlich nicht einfach“, so Meyer, der anfügt: „Grundsätzlich wäre es schon überragend, irgendwann nur noch Futsal zu spielen. Wenn man dafür auch noch den verdienten Lohn erhalten würde, wäre es umso besser – denn dann können wir auch international mehr erreichen.“

„Dieser Sport ist es ganz einfach wert!“

Michi Meyer besticht nicht nur mit seiner Technik, sondern auch mit seinem Antritt und Torriecher. Foto: noveski.com

Am kommenden Freitag erfahren die Panthers, wo es für sie in Sachen Eliterunde hingeht – und vor allem, wer die Gegner sein werden. Die Vorfreude steigt schon jetzt. „Da warten nur Kracher auf uns. Unser Ziel ist es, auf jeden Fall nicht Letzter zu werden, dort auch für die eine oder andere Sensation zu sorgen und ein Spiel zu gewinnen – das wäre schon was auf diesem Niveau. Natürlich ist es schwer, daran zu glauben, weiterzukommen, dass es schlussendlich nur der Gruppensieger schafft. Aber wenn wir da hinkommen und zeigen, dass Deutschland auch gegen die renommierten Gegner mitspielen kann und vielleicht sogar die Chance besteht, zu gewinnen, dann ist es für den Futsal in Deutschland ein richtig gutes Zeichen. Und als Aushängeschild mit den Panthers müssen wir auch einen gewissen Anspruch haben.“

Jahrelang wurden die Jungs mehr oder minder nur müde belächelt – nun ernten sie die verdienten Lorbeeren. „Ich verspüre eine sehr, sehr große Genugtuung! Denn ich musste wirklich an allen Ecken einstecken, mir Dinge anhören wie: Das ist doch eh nur eine Phase – und was weiß ich, was noch alles dabei war. Letztendlich wissen die Menschen nicht, was alles dahinter steckt. Wir haben seit unseren Anfängen fast 130 Spiele gewonnen – und das alles neben dem normalen Amateurfußball, wo man ja auch einige Siege feiert. Da ist das schon eine wahnsinnige Genugtuung, dass man diesen dicken Stein in Bewegung setzen konnte. Vor allem, weil der Sport es ganz einfach wert ist!“

HIER gibt's den Link zum entscheidenden Spiel der Hamburg Panthers gegen IFK Göteborg - inklusive Herzschlagfinale - von den Kollegen von Elbkick.tv im Video!