Wedeler Wechselbad: Lipke küsst BU wach!

„Wir hätten zur Halbzeit ohne Übertreibung 3:0 führen müssen“

12. Februar 2017, 17:50 Uhr

Benjamin Lipke leitete mit seinem Traumtor die Wende für seine Barmbeker ein. Foto: Heiden

„In solchen Momenten wartet man ja immer auf die eine Aktion, die einen so ein bisschen aus diesen Situationen rausholt“, sprach Frank Pieper – und meinte damit jene 56. Spielminute, in der Benjamin Lipke genau dies tat. Der „Führungsspieler“ küsste seine bis zu diesem Zeitpunkt eklatant aufspielenden Barmbeker im wahrsten Sinne des Wortes wach und leitete die Wende im Heimspiel gegen den Wedeler TSV ein. „Wir hätten zur Halbzeit ohne Übertreibung 3:0 führen müssen, dann wäre das Ding durch gewesen“, musste Gäste-Coach Jörn Großkopf nach Schlusspfiff erst einmal kräftig durchpusten, ehe er die richtigen Worte fand.

Marlo Steinecke (Mi.) wird in der Schlussphase gleich von zwei Gegenspielern in die Mangel genommen. Foto: Heiden

Dass Großkopfs Schützlinge in den ersten 45 Minuten „nur“ einen Angriff zu einem erfolgreichen Abschluss brachten, war schon ein Stück weit grotesk. Der einzige Hausherr, der im ersten Durchgang Normalform erreichte, war Torhüter André Tholen. Gegen Jan Eggers (12.) und Eric Agyemang (17.) parierte der Schlussmann stark. Auch gegen Hendrik Ebbecke war er auf dem Posten (29.). Apropos Ebbecke: dieser hatte in der Anfangsphase – nach jeweils starker Vorarbeit von Neuzugang Furkan Pinarlik – bereits zwei gute Gelegenheiten, zielte aber etwas zu ungenau (3., 7.). Jenes Adjektiv trifft auch auf die 41. Minute zu, als BU-Verteidiger Sebastian Clausen wegrutschte und Ebbecke in einer Drei-gegen-Eins-Situation einen schwachen Querpass auf die mitgelaufenen Agyemang und Pinarlik spielte. Chancen hatten die Elbstädter in Hülle und Fülle – aber nur einmal sprang auch der gewünschte Ertrag dabei heraus: Nachdem Agyemang 120 Sekunden zuvor eine Hayran-Flanke noch an den rechten Pfosten köpfte, gewährte ihm die Barmbeker Verteidigung kurz darauf erneut alle Freiheiten. Dieses Mal bestrafte der Torjäger das und nickte einen Eggers-Eckball zur hochverdienten und längst überfälligen Führung ein (23.)!

Lipke degradiert vier Gegenspieler zu Statisten

Samuel Hosseini (li.) und Mark Hinze im Kampf um den Ball. Foto: Heiden

„Wir haben es in der ersten Halbzeit ganz hervorragend gemacht. BU hat genauso gespielt, wie wir es von den Beobachtungen her erwartet haben“, erklärte Großkopf, der sein Team in der Pause warnte: „Ich habe ganz genau gesagt, was passieren wird. Es war klar, dass BU eine ganz andere Aggressivität an den Tag legen wird, dass sie wesentlich engagierter auftreten werden – und genau das ist passiert. Wir haben es dagegen schleifen lassen und nicht mehr den Enthusiasmus aus der ersten Halbzeit an den Tag gelegt. Dann passiert eben sowas!“ Auch, weil eingangs erwähnter Benny Lipke nun das Heft in die Hand nahm. Ein Ausgleichstreffer lag alles andere als in der Luft, bis Kevin Lange unter Bedrängnis Pascal El-Nemr freispielte. Dieser flankte von der rechten Grundlinie in den Rücken der Abwehr, wo Lipke lauerte, aber von vier Gegenspielern umzingelt war. Doch das Quartett schaute nur zu, wie sich Lipke technisch fein einmal um die eigene Achse drehte und vom linken Strafraumeck staubtrocken in den rechten Giebel einschweißte. Ein Traumtor küsste BU wach (56.)! „Das Tor hat uns natürlich den Anschub gegeben, den wir in dieser Situation brauchten“, konstatierte auch Pieper.

„Interner“ BU-Zugang leitet Sieg ein

Nun wendete sich das Blatt auch auf dem Platz. Die in Abschnitt eins glänzend aufspielenden Offensivkräfte der Wedeler tauchten völlig unter. Barmbeks eingewechselter Christian Degener, kam für den unauffälligen Mohamed Labiadh, brachte hingegen nochmal frischen Wind rein. „Man hat schon gemerkt, dass die Spannung eine andere war. Wir haben die Zweikämpfe energischer geführt, waren enger an den Leuten dran und insgesamt konsequenter“, befand Pieper. Während sein Gegenüber feststellte: „Die Mannschaft hat es nicht mehr geschafft, den Schalter wieder umzulegen.“ 16 Zeigerumdrehungen nach dem 1:1 sorgte ein „interner Neuzugang“ für Jubelstürme auf den Rängen: Kevin Lange, der seit 2012 immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde und erst vor wenigen Wochen aus der Zweiten in die Liga-Mannschaft hochgezogen wurde, nahm einen traumhaften Lipke-Diagonalball gekonnt mit und flankte aus vollem Lauf heraus präzise auf den Kopf von Ivan Sa Borges Dju – fand bis dahin überhaupt nicht statt – und dieser köpfte unters Gebälk zum Sieg ein (72.)! Zum Sieg deshalb, weil Wedel nur noch zu einem nennenswerten Vorstoß kam, den Matthias Ribeau mit einem herausragenden Tackling gegen Mark Hinze unterbrach (82.).

„Dass Kevin das Potenzial hat, war uns klar“

Vier Mann schauen staunend zu, wie Benny Lipke (re.) das Leder in den Knick jagt. Foto: Heiden

In seinem allerersten Liga-Einsatz in dieser Saison hatte der 23-Jährige „Flügelflitzer“ Kevin Lange gleich mal maßgeblichen Anteil daran, dass BU das Feld mit drei Punkten im Gepäck verließ. Dementsprechend handelte er sich auch Sonderlob vom Trainer ein: „Kevin ist ja nun schon viele Jahre im Verein. Damals hat es körperlich nicht ganz gepasst, weil er häufig verletzt war. Deshalb war es von beiden Seiten durchaus gewollt, dass er erstmal Zweite spielt. Jetzt war er mal ein halbes Jahr komplett gesund und hat die Vorbereitung voll mitgemacht. Dass er gleich im ersten Spiel zeigt, dass er auch in diese Liga gehört, freut mich für ihn natürlich enorm. Dass er das Potenzial hat, war uns klar. Deshalb wundert‘s mich nicht, nur der Zeitpunkt ist etwas überraschend – denn er zeigt es schon früher als erwartet“, so Pieper, der für die zwei komplett unterschiedlichen Halbzeiten seiner Equipe auch keine Erklärung parat hatte. „Die Herangehensweise an das Spiel war die ganze Woche über extrem detailliert. Deshalb kann ich‘s mir eigentlich nicht erklären!“

„Diese Niederlage ist ganz großer Mist!“

Großer Frust herrschte auf der anderen Seite, wo sich Jörn Großkopf unmittelbar nach Schlusspfiff erst einmal sammeln wollte und musste. „Ich glaube, das Torschussverhältnis war ungefähr sieben zu zwei für uns. Wir haben ein Tor, BU zwei Tore. Und ein Spiel wird eben durch Tore entschieden“, fasste er ernüchternd zusammen, legte dann aber nach: „Es ist ganz großer Mist, wenn du nach so einer ersten Halbzeit dieses Spiel verlierst. Aber wir werden in erster Linie das Positive sehen und an den Schwächen – das waren nicht viele – arbeiten. Wir haben zwei Torchancen zugelassen, die waren beide drin. Diese Nachlässigkeiten müssen wir sofort abstellen, sonst wird's unlustig.“


Ein großer Dank für die Bilder an Niklas Heiden!