120-Minuten-Krimi – Eggers lässt die Stimmung kochen!

Wedel dreht 0:2-Rückstand in einem hitzigen Pokalmatch

03. September 2015, 11:07 Uhr

Jan Eggers (l.) per Doppelpack und "Joker" Aytac Erman (r.) drehten das Spiel. Foto: KBS-Picture.de

Dieses Duell hatte alles zu bieten, was einen echten Pokalfight ausmacht! Nach 45 Minuten sah der Wedeler TSV im Nachholspiel der dritten Runde gegen den TuS Osdorf wie der sichere Verlierer aus. Die „Blomkampler“ führten auf dem Kunstrasenplatz an der Schulauer Straße hochverdient mit 2:0 – doch im zweiten Durchgang kippte die Partie, die Stimmung und es ging mächtig hoch her. Schiedsrichter Benjamin Stello (SC Egenbüttel) hatte alle Hände voll zu tun, bewies dabei nur leider kein allzu glückliches Händchen. Nach 120 Minuten, in denen Osdorf hintenraus nur noch mit neun Mann auf dem Platz stand und Stürmer Sascha Blume das Tor hüten musste, hatten die Hausherren das bessere Ende auf ihrer Seite!

Osdorfs Neuzugang Jeremy Wachter spielte eine bärenstarke erste Halbzeit und traf doppelt. Foto: noveski.com

„Wir sind in der Lage, uns immer zu steigern, haben viel Qualität in der Mannschaft“, hatte Wedels späterer „Matchwinner“ Jan Eggers den Glauben an die Wende auch nach dem 0:2 nicht verloren. Osdorf war das dominante Team im ersten Abschnitt, bereitete dem Zessin-Ensemble große Probleme. Insbesondere Jeremy Wachter, der erstmals in dieser Saison nicht auf dem rechten Flügel begann, sondern zentral in der Spitze, war von den „Grün-Weißen“ überhaupt nicht in den Griff zu kriegen. In der 20. Spielminute entwischte der Neuzugang aus der „Zwoten“ des SV Rugenbergen Wedels Innenverteidiger Sebastian Loether und schloss ganz trocken mit links flach ins kurze Eck ab! Keine fünf Minuten darauf, kurz nachdem Dennis Schmidt per Kopfball-Bogenlampe fast in die eigenen Maschen traf, der Ball jedoch ans Quergebälk klatschte (21.), ließ Wachter den Wedeler Anhang komplett verstummen und sorgte auch bei den neutralen Beobachtern für offene Mundwinkel: nach einer Eggers-Ecke, die sich zum Boomerang entwickelte, startete der TuS schnell zum Gegenangriff. Patrick Herbrand bediente Wachter, Sascha Blume ließ die Kugel abtropfen und der 22-Jährige jagte das Spielgerät aus 20 Metern per Dropkick-Abnahme mit links haargenau in den rechten Giebel – was für ein Hammer (25.)! Felix Schlumbohm hätte gar noch auf 3:0 für die Wiehle-Elf erhöhen können, doch sein Abschluss aus etwas spitzem Winkel zischte knapp übers Gestänge (30.).

„Müssen das als Trainerteam auf unsere Kappe nehmen“

Aytac Erman sorgt für den "Hallo-Wach-Effekt" bei seinem Team. Foto: KBS-Picture.de

Beide Teams mussten, wollten zum Teil aber auch aus eigenen Stücken, auf einige Leistungsträger verzichten. Bei den Gästen fehlten beispielsweise Sven Müller und Antonio Ude – der nach langer Verletzungspause noch nicht wieder bei einhundert Prozent befindliche Torben Krause nahm erst einmal auf der Bank Platz. Der WTSV musste ohne Tim Jobmann, Christopher Eibl, Thomas Koster und Mark Hinze auskommen. Geschont werden sollten Torjäger Aytac Erman und Defensivakteur Dominik Lange. Doch das Spiel gab es nicht anders her: sowohl Erman als auch Lange sollten nach der Pause für frischen Wind sorgen. Coach Zessin: „Vielleicht müssen wir als Trainerteam diese erste Halbzeit auch auf unsere Kappe nehmen, da wir zu viel durch gewechselt haben – das ist eindeutig in die Hose gegangen. Das haben wir zur zweiten Halbzeit korrigiert.“ Die Rolandstädter nun mit ganz anderer Körpersprache und viel mehr Ruhe im Spiel. Osdorf ließ sich zu weit hinten reindrücken, konnte nur noch selten für Entlastung sorgen und musste schnell den Anschlusstreffer schlucken: ein weiter Einwurf – eigentlich die Stärke des TuS – wurde auf den zweiten Pfosten verlängert, wo Erman seinen Torriecher unter Beweis stellte und per Hechtsprung einnickte (56.)! „Das war der Hallo-Wach-Effekt“, sagte Teamkollege Eggers anschließend.

Grandplatz oder Giebel? – Eggers-Hammer und Barbarez-Rot

Staubtrocken per Direktabnahme und mit gefühlten 200 km/h in die Maschen: Jan Eggers avancierte zum Matchwinner. Foto: noveski.com

Wedel drängte nun auf den Ausgleich. Eggers‘ Volleyschuss verfehlte das lange Eck und den hinein grätschenden Erman knapp (72.). Letztgenannter sorgte nach seiner Hereinnahme für mächtig Wirbel, verpasste per Kopf den Ausgleich (74.). Die Stimmung wurde immer hitziger, sowohl auf als auch abseits des Platzes. Schiedsrichter Stello entglitt die Partie nun zunehmend – von einer klaren Linie war er weit entfernt. Mit Mann und Maus wollte Osdorf die Führung über die Zeit retten, wurde 180 Sekunden vor Ultimo aber für die Passivität bestraft. Sonay Hayran führte einen Freistoß von rechts kurz aus, passte die Kugel in den Rücken der Abwehr, wo Jan Eggers lauerte und die Pille mit aller Wucht aus 18 Metern halbhoch ins rechte Eck donnerte – 2:2! Der umjubelte Torschütze erklärte hinterher: „Zunächst einmal hat Sonay mir den Freistoß weg genommen, aber das zeigt natürlich seine Klasse, dass er mir den Ball dann so auflegt. Natürlich gehört bei dem Schuss auch ein bisschen Glück, denn entweder der Ball fliegt auf den benachbarten Grandplatz oder er schlägt halt genau da oben ein.“ In der Folge wurde es richtig turbulent: nachdem die Akteure bereits eine Viertelstunde vor Schluss aneinander gerieten, als Bennet Krause in der Luft gegen Pablo Moreira den Ellbogen zur Hilfe nahm und dafür nach Ansicht der Wedeler „nur“ Gelb sah, flog Osdorfs gerade erst eingewechselter Filip Barbarez nach einem gelbwürdigen Foul von der Seite gegen Moreira mit glatt Rot vom Platz (90.)! „Um ehrlich zu sein, kam mir das nicht so dramatisch vor“, befand selbst Zessin. Was Stello in dem Tumult jedoch nicht ahndete, war das klar ersichtliche Nachtreten Moreiras gegen Barbarez, was ebenfalls zwingend Rot zur Folge hätte haben müssen. Trotz kurzer Beratung mit seinen Assistenten kam Moreira ohne jegliche Ermahnung davon.

Eggers schockt aufgebrachtes Osdorf

Dennis Wolf war außer sich, muss nach seinem neuerlichen Platzverweis in der Liga zuschauen. Foto: noveski.com

Mit zehn Mann und dem psychologischen Nachteil ging die Wiehle-Equipe in die Verlängerung, in der Wedel auf den dritten Treffer drängte. Bereits in der 105. Minute angekommen, blieb die Pfeife Stellos erneut stumm, als Kevin Trapp nach einem Kopfball von „Joker“ Hendrik Ebbecke wohl den Arm im Spiel hatte. Die Begegnung lief weiter, Melvin Bonewald wollte einen Freistoß schnell ausführen – Eico Westphal dies verhindern. Also baute er sich vor Bonewald auf, ließ sich aus kürzester Entfernung anschießen und so rollte das Leder Eggers vor die Füße, der war auf und davon, ließ Wolf keine Chance und traf mit links aus halblinker Position durch die Hosenträger der Nummer eins zur Führung (105.)! Während Wolf außer sich war, monierten auch die Teamkollegen und Verantwortlichen die Aktion Westphals laustark. Der Freistoß für Osdorf hätte wiederholt werden müssen, stattdessen übersah Stello die Aktion, ließ weiterlaufen und entschied auf Tor. Piet Wiehle gab bei der aufgeheizten Stimmungslage an der Seitenlinie bis dato den Ruhepol, konnte nach dieser Aktion aber auch nicht mehr an sich halten. Der Referee wirkte nicht mehr auf der Höhe, übersah gegen Ende der regulären Spielzeit bereits die schwenkende Fahne seines Assistenten, woraufhin sich eine gute Tormöglichkeit ergab. In der 117. Minute die nächste Szene: Osdorf warf nun alles nach vorne. Der eingewechselte Torben Krause schlug einen Freistoß aus der eigenen Hälfte in den gegnerischen Sechzehner, wo Dominik Lange die Hand zur Hilfe genommen haben soll. Erneut kein Pfiff!

„Ziehe den Hut vor meiner Mannschaft“

Den gab es dafür auf der anderen Seite, als Moreira den bärenstarken Eggers steil schickte und dieser von Dennis Wolf zu Fall gebracht wurde. Allerdings spielte der TuS-Schlussmann zuvor klar den Ball und wehrte diesen zur Seite ab. Eggers selbst wähnte den Keeper vor der Berührung am Ball. Stello schickte Wolf aufgrund dieser vermeintlichen Notbremse vorzeitig zum Duschen – seinen Platz zwischen den Pfosten nahm Stürmer Sascha Blume ein. Und der konnte sich gleich mal auszeichnen, parierte den allerdings auch schwach getretenen Strafstoß von Eggers ins aus Schützensicht betrachtete linke untere Eck (119.) und gab anschließend den spielenden Torhüter. Blume hielt nichts mehr zwischen den Pfosten, immer wieder schaltete sich der Hühne in die Offensive ein. Eine allerletzte Chance auf ein mögliches 3:3 bot sich Torben Krause, dessen Freistoß aus 20 Metern Stefan Stehen jedoch vor keine allzu großen Probleme stellte. Schluss! „Mir war schon vor dem Spiel klar, dass es in die Verlängerung gehen wird – nach der ersten Halbzeit allerdings weniger. Dafür war die zweite Hälfte überragend von unserer Seite, da konnte man sehen, wozu wir in der Lage sind“, bilanzierte Zessin, der im Endeffekt von einem „hochverdienten Sieg“ sprach und „den Hut“ vor seiner Truppe zog, da sie es geschafft hat, „den Schalter nach dieser verkorksten ersten Halbzeit umzulegen“. Zur Schiedsrichterleistung gab Zessin abschließend zu Protokoll: „Ich denke, es waren auf beiden Seiten einige Entscheidungen oder Nicht-Entscheidungen dabei, die man heiß diskutieren kann.“ Gäste-Coach Wiehle marschierte nach Abpfiff schnurstracks in Richtung Kabine – wahrscheinlich auch ein wenig aus Selbstschutz...

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