Curslack räumt ab: Drei Punkte, ein Ball und ein Schein fürs Schwein

Beim 2:1-Sieg gegen Niendorf bleiben die Zähler am Gramkowweg

18. Februar 2017, 20:16 Uhr

Cem Cetinkaya (re.) freut sich mit Jan Landau (Mitte) und dem späteren Siegtorschützen Stjepan Radic über das 1:1. Foto: KBS-Picture

Der SV Curslack-Neuengamme hat auch das zweite Oberliga-Spiel nach der Winterpause gewonnen. Gegen den Niendorfer TSV, der noch am vergangenen Wochenende den Spitzenreiter Concordia mit 2:1 bezwungen hatte, fuhr die Mannschaft von Trainer Torsten Henke einen verdienten 2:1-Sieg ein, der auch noch höher hätte ausfallen können. Doch auf Seiten der Gastgeber vergab vor allem Jan Landau diverse Möglichkeiten. NTSV-Coach Ali Farhadi sprach seiner Mannschaft unterdessen in Sachen Offensivspiel für die Darbietungen der zweiten Halbzeit die Klasse für die Oberliga ab.   

Als Ali Farhadi im Vereinshaus des SV Curslack-Neuengamme den Raum betrat, in dem die Pressekonferenz nach dem Heimspiel gegen den Niendorfer TSV stattfinden sollte, trug der Trainer der Gäste einen Ball unter dem Arm. „Den habt Ihr im Hinspiel bei uns liegenlassen. Unser Betreuer hat den in den Büschen gefunden“, erklärte der NTSV-Coach, legte die Kugel auf einen Stuhl und nahm Platz. Fast eine halbe Stunde später – die Pressekonferenz war längst Geschichte – erhob sich Farhadi von seinem Stuhl. Vorher aber hatte der 42-Jährige sein Portemonnaie gezückt. Farhadi fingerte einen 20-Euro-Schein heraus und stopfte ihn in das Phrasenschwein, das SVCN-Ligamanager Oliver Schubert zuvor in Anlehnung an die Sport1-Sendung „Doppelpass“ als Neuerung für die Runde mit den Trainern und der Presse angekündigt hatte. „Wer hier künftig Phrasen drischt, der muss zahlen. Das Geld soll am Ende an unsere Jugendabteilung gehen“, erklärte Schubert.

Henke: „Ich wusste schon beim Eckstoß, dass der Ball gleich reingeht“

Voller Einsatz: Kutay Keklikci (li.) versucht, den Niendorfer Simon Windhoff zu stoppen, während Florian Klein (re.) zusieht. Foto: KBS-Picture

Den Schein hatte Farhadi gern ins Schwein gestopft. „Ansonsten aber wollten wir eigentlich nur den Ball abgeben und nicht auch noch die drei Punkte. Die hätten wir gerne mit nach Hause genommen“, erklärte Niendorfs Übungsleiter nach der 1:2-Niederlage seiner Mannschaft am Gramkowweg. Doch daraus wurde nichts. Weil seine Mannen auf dem Platz eben auch Geschenke gemacht hatten. Geschenke, die überflüssig waren. So wie bei jenem Treffer, der letztlich das Spiel entscheiden sollte: Nach einem Eckball stand auf einmal Stjepan Radic am ersten Pfosten völlig frei und hatte nach 58 Minuten wenig bis gar keine Mühe, den Ball an NTSV-Schlussmann Marcel Kindler vorbei ins Netz zu köpfen. Sehr zur Freude seines Trainers. „Radic, du Kopfballungeheuer!“, rief Torsten Henke dem SVCN-Akteur mit der Nummer 14 auf dem Rücken Sekunden, nachdem der Ball hinter der Tornlinie gelandet war, zu. „Ich wusste schon beim Eckstoß, dass der Ball gleich rein geht. Die Variante hatten wir im Training ausprobiert“, versicherte Henke nach dem Treffer, der bereits in der 58. Minute fiel und letztlich den Endstand bedeutete.

Dass Letzteres so war, lag daran, dass es die Hausherren in der Folgezeit kein weiteres Mal schafften, das Spielgerät im gegnerischen Tor unterzubringen. Dabei hatten sie doch allerhand Chancen, genau dies zu tun. Allen voran Jan Landau. Wenn er nicht gerade wiederholt aus dem Abseits zurückgepfiffen wurde, mühte sich Landau redlich, die Kugel zu versenken. Nur: Mit Fortuna stand Curslacks Angreifer an diesem Nachmittag wahrlich nicht im Bunde. Kostprobe gefällig? Aber gerne doch: In der 63 Minute spielte der starke Florian Klein auf der linken Seite einen Doppelpass mit Kutay Keklikci, der dann den Ball wunderbar in den Strafraum flankte. Landau stand dort mutterseelenallein, nahm den Ball ebenso wunderbar an – und: traf den Pfosten. Der Nachschuss war dann sichere Beute für Kindler. Nach 83 Minuten lief Landau parallel zur Viererkette mit dem Ball Richtung Außenlinie, fand keine Anspielstation und legte sich den Ball schließlich selbst vor. Er tanzte anschließend noch einen weiteren Gegegsnpieler aus und passte den Ball in die Mitte. Kleiner Schönheitsfehler: Dort stand kein Abnehmer. Zwei Minuten vor Schluss schließlich ging Landaus Schuss rechts am Tor vorbei. Nur gut aus Sicht der Hausherren, dass in der Nachspielzeit auf der anderen Seite Sebastian Spiewak einen Schuss von Felix Dieterich noch abblocken konnte.

Farhadi: „Offensiv haben wir in der zweiten Hälfte nicht stattgefunden. Das ist nicht oberligawürdig“

Bo Jannik Gehrke hatte den NTSV nach zwei Minuten mit 1:0 in Führung gebracht. Foto: KBS-Picture

Hatten die Niendorfer in jener letzten Szene des Spiels Pech, so waren sie mit einem Glücksmoment ins Match gestartet. Nachdem sich Marvin Karow kurz vorm Anpfiff mit einem menschlichen Bedürfnis nochmal vom Kunstrasen verdrückte und laufen ließ, lief's auch beim NTSV gleich richtig gut: Simon Windhoffs Freistoß landete bei Bo Jannik Gehrke, der unbedrängt aus dem Stand (!) einschädelte und damit jetzt für sich verbuchen kann, an drei der letzten drei NTSV-Tore als Schütze oder Vorbereiter beteiligt gewesen zu sein. Nur: Viel kaufen kann sich Gehrke dafür nicht. Zumindest nicht, wenn man es auf den Ertrag aus dem heutigen Spiel beschränkt. Denn: Curslack zeigte sich vom frühen Rückstand (Coach Henke süffisant: „Mir hat unser Auftritt gut gefallen. Die ersten beiden Minuten sind natürlich davon ausgenommen“) unbeeindruckt und schlug nur neun Zeigerumdrehungen später zurück: Niendorfs Torhüter Kindler spielte den Ball unpräzise auf seinen Innenverteidiger Christian Rohweder, der sich das runde Leder von Florian Klein abluchsen ließ. Der wiederum passte zu Cem Cetinkaya, der den Ball links unten zum 1:1-Ausgleichstreffer einschob.

Jener Cetinkaya übrigens wollte es vor 102 zahlenden Zuschauern offenbar besonders gut machen. Nicht, nur, dass Curslacks Nummer 19 ausglich, nein: Vor Kleins Chance (25.) gewann der kleinste SVCN-Akteur sogar ein Kopfballduell und versuchte sich dann zehn Minuten vor dem Seitenwechsel auch artistisch, als er nach einer Hereingabe von Landau zum Fallrückzieher ansetzte. Flug- und Haltunsgnote waren bemerkenswert, einzig der Torerfolg blieb Cetinkaya in dieser Situation verwehrt. Gleiches galt auch für Teamkollege Vitali Wilhelm, dessen Schuss Kindler per Faustabwehr zunichte machte (26.). Und Niendorf? Nach dem Blitzstart war von der Farhadi-Elf nur wenig zu sehen, allenfalls bei Standardsituationen kam ansatzweise Gefahr auf. So wie bei Rohweders Freistoß nach 44 Minuten.

Spiewak und Beldzik verlängern ihre Verträge beim SVCN

Curslacks Daniel Wulff (re.) ist einen Schritt eher am Ball als der Niendorfer Kevin Trenel. Foto: KBS-Picture

An diesem Bild sollte sich auch nach dem Seitenwechsel nichts mehr ändern: Während beim SVCN Jan Landau wirbelte, aber glücklos blieb (O-Ton des Stürmers: „Das ist manchmal so. Ich bin erkältet, hab ein paar Tage gefehlt und hab' jetzt zumindest Seitenstechen vom vielen Laufen“), machte der NTSV vorm gegnerischen Tor nur noch bei ruhenden Bällen auf sich aufmerksam. Sehr zum Unmut von Ali Farhadi. „Ich bin sauer. Offensiv haben wir in der zweiten Halbzeit nicht stattgefunden. Wir haben uns nicht eine einzige Chance herausgespielt. Bei aller Liebe: Das ist nicht oberligawürdig“, kritisierte der NTSV-Coach, „ich weiß nicht, warum wir in eine solche Planlosigkeit verfallen sind. Viele von uns haben keine richtige Form und waren nicht in der Lage, das Spiel zu lesen. Mir hat es gefehlt, dass die Spieler selbst Verantwortung übernehmen und merken, wo die Schwächen des Gegners sind und wo wir durchkommen.“ Vielleicht, so Farhadi weiter, habe die frühe Führung ihren Teil dazu beigetragen.

„Es ist immer schwierig, es in die Köpfe reinzukriegen, dass das Spiel nicht gegessen ist, sondern das wir dranbleiben müssen. Uns haben die Mittel und das Gehirn gefehlt. Curslack hat nach dem 0:1 nicht ein Mal gewackelt“, beschied Farhadi missmutig. „Wir haben uns durch den Rückstand nicht beeindrucken lassen“ pflichtete auch Torsten Henke bei, „wir haben vielmehr versucht, weiterhin unser Spiel durchzusetzen. Das schnelle 1:1 hat uns dabei sicher geholfen.“ Seine Mannschaft hätte schon vor der Pause „das 2:1 nachlegen müssen, aber da hat uns vielleicht die Cleverness gefehlt. Ich fand, die erste Halbzeit war sehr ausgeglichen. Niendorf war in der offensive stark. Sehr flexibel und beweglich. Zur Pause haben wir darauf reagiert und dann tiefer und kompakter gestanden. Was wir allerdings offensiv haben liegenlassen, ist kaum in Worte zu fassen“, sagte Henke, der übrigens noch vor Farhadis sympathischer Spende die erste Fütterung des Phrasenschweins vornehmen musste: Für seine Erkenntnis, dass Fußball grausam ist, wanderte der erste Euro ins Schwein. Den zweiten zahlte Henke für Manager Schubert, der die Vertragsverlängerungen von Sebastian Spiewak (ein Jahr) und Mike Beldzik (zwei Jahre) bekanntgeben konnte, mit einem Siegerlächeln gleich mit...

Jan Knötzsch