Der doppelte Hoppe, Lehrmeister Igel und Bouverons (fast) märchenhaftes Comeback

Osdorf-Heimfluch hält an: "Natürlich nervt das!"

20. Oktober 2017, 23:54 Uhr

Jubel beim SV Rugenbergen! Nach dem achten ungeschlagenen Spiel in Folge will man "oben dranbleiben und dort mitmischen", wie Torschütze Bouveron hinterher meinte. Foto: KBS-Picture

Raoul Bouveron war erst wenige Augenblicke auf dem Platz, als er nach einem Querschläger von Osdorf-Keeper Patrick Hartmann die Gelegenheit bekam, nach unheimlich lang- und schwerwiegender Verletzungspause ein eindrucksvolles Comeback zu feiern. Doch der Angreifer kam einen Schritt zu spät, was seinen Trainer am Spielfeldrand auf die Palme brachte: „Raoul, das muss deiner sein“, rief er ihm zu. Während Bouveron selbst wenig später den nächsten Hochkaräter von Patrick Hoppe serviert bekam, aber aus kürzester Distanz äußerst unglücklich über den Ball trat. Es hätte die Vorentscheidung sein müssen, war es aber nicht – doch Bouveron steckte nicht auf…

Am Blomkamp ging's zur Sache: Hier zwischen SVR-Keeper Jannis Waldmann (li.) und Tim Jobmann. Foto: KBS-Picture

„Ich sollte vorne die Bälle festmachen“, verriet Raoul Bouveron, was ihm sein Trainer Ralf Palapies bei der Einwechslung in der 69. Minute mit auf den Weg gab. „Wir wollten es eigentlich nur nach Hause fahren. Wie war uns egal“, fügte er an. Einen Schönheitspreis gewann der SV Rugenbergen beileibe nicht, aber die drei Punkte nahm man mit. Ziel erreicht! Und auch Bouveron selbst trug noch seinen Teil dazu bei. In der Schlussminute bediente er Pascal Haase am rechten Strafraumeck. Dessen Schuss konnte Patrick Hartmann nur nach vorne abwehren, so dass der Ball links im Sechzehner bei eben jenem Raoul Bouveron landete. Aus der Drehung beförderte er das Spielgerät aus 15 Metern per Linksschuss in den rechten Knick – ein Sahnetor, das gebührend gefeiert wurde! „Ich hätte vorher schon Zwei machen müssen“, gestand der 24-Jährige hinterher. „Aber mit so einem schönen Tor ist es natürlich umso geiler!“ Für den ehemaligen Langenhorner war es erst der zweite Kurzeinsatz nach seinem Außen- und Innenbandriss. „Er ist ein super Typ, ein guter Stürmer und man hat gesehen, dass er sich lieber für die komplizierten – anstatt für die einfachen – Tore entscheidet“, war sein Trainer zumindest im Nachhinein zu Späßen aufgelegt. Denn: „Den musste er aber auch machen – nachdem er die zuvor liegen gelassen hat.“

Hoppe-Doppelschlag bringt Rugenbergen auf den Weg

Osdorfs Germain Hounsiagama (li.) musste nach einer überhatten Ampelkarte vorzeitig zum Duschen. Foto: KBS-Picture

Ansonsten tat sich Palapies, der von einem „erzitterten Sieg“ sprach, schwer, die Partie richtig einzuordnen. „Mit dieser Spielweise von Osdorf kommen wir nicht gut zurecht. In der Halbzeit haben wir nochmal gesagt: Wir müssen kühlen Kopf und die Nerven bewahren, den Ball behalten und versuchen, Fußball zu spielen. Aber wir haben die Bälle viel zu schnell wieder abgegeben. Es war ein schwierig erkämpfter Sieg.“ Ein Triumph, den Patrick Hoppe im ersten Durchgang mit seinem Doppelschlag auf den Weg brachte. Erst vollendete der „Flügelflitzer“ nach Steilpass von Gary Voorbraak eiskalt zur Führung (9.), ehe er einen tollen Konter nach Querpass von Pascal Haase gekonnt abschloss (26.)! „Wir haben richtig gut angefangen, aber dann kommen die zweimal vor unser Tor und machen zwei Tore“, befand TuS-Trainer Piet Wiehle, dessen Elf nach einem Freistoß von Felix Spranger aus dem Halbfeld, den Steven Tegeler ganz unglücklich verlängerte, durch Melvin Bonewald noch vor dem Pausentee zurückkam (34.).

"Entscheidungen, die man so nicht nachvollziehen kann"

Sergej Schulz (re.) bremst Gianluca d'Agata. Foto: KBS-Picture

Die Bönningstedter agierten nach Wiederanpfiff viel zu passiv. Aber Osdorf konnte daraus kein Kapital schlagen, weil es vorne an der nötigen Durchschlagskraft fehlte – sicherlich auch, weil Top-Torjäger Jeremy Wachter, in der Vorwoche noch Vierfachschütze gegen Sasel (5:3), krankheitsbedingt nur auf der Bank Platz nahm. „In der zweiten Halbzeit war von Rugenbergen nicht mehr viel in der Offensive zu sehen“, konstatierte auch Wiehle – allerdings: „Der Unterschied ist, dass sie auch einfach mal aufs Tor schießen. Wir wollen den Ball hingegen immer optimal liegen haben und machen dann einen Haken zu viel. Wir spielen uns Chancen raus, aber uns fehlt die letzte Torgeilheit, das Ding einfach nur reinzuhauen – wie auch immer.“ Und dann kommen auch noch „ein paar Entscheidungen“ des Schiedsrichter-Gespanns dazu, „die man so nicht nachvollziehen kann“, wie Wiehle vorsichtig meinte. Einen glücklichen Abend hatte Luca Jürgensen (E. Norderstedt) beileibe nicht. Vor allem die Gelb-Rote Karte gegen Germain Hounsiagama (83.) war nur wenig nachvollziehbar. Erst zeigte der Referee dem Osdorfer wegen einer vermeintlichen Schwalbe die Gelbe Karte, dann musste Hounsiagama vorzeitig zum Duschen, weil er nach einem Eckball am zweiten Pfosten zum Ball gehen wollte. Klingt komisch, ist es auch. Der Unparteiische wollte einen zu hohen Fuß gegen einen Rugenbergener Kopf gesehen haben – dabei war eigentlich eher das Gegenteil der Fall. Wenig diskussionswürdig war die Ampelkarte gegen SVR-Kapitän Sven Worthmann kurze Zeit später, als er Prince Hüttner in einer Kontersituation von den Beinen holte (88.).

Du gehst wieder als Verlierer vom Platz und hast wieder ein gutes Spiel abgeliefert"

"Unser Aufwand wird nicht belohnt", ärgerte sich TuS-Coach Piet Wiehle nach der siebten Heimpleite. Foto: KBS-Picture

„Wir entschuldigen uns nicht für einen Sieg. Das hab ich mal von meinem alten Lehrmeister Eugen Igel gelernt. Wer mehr Tore schießt, ist der verdiente Sieger“, bilanzierte Palapies ganz nüchtern. „Wir spielen eigentlich einen guten und attraktiven Fußball. Heute nicht unbedingt – aber auch, weil man uns nicht gelassen hat. Einem Gegner wie Osdorf körperlich so entgegenzustehen, das ist schon eine starke Leistung. Unsere Qualitäten liegen eigentlich im fußballerischen Bereich, heute musste der kämpferische ran – und das haben die Jungs gut gemacht“, hatte „Palla“ viel Lob für seine Jungs, die nun schon seit acht Spielen unbesiegt sind und Revanche für die 5:6-Schlappe nach Verlängerung im Pokal nahmen, übrig. Währenddessen wirkte sein Gegenüber etwas niedergeschlagen. „Ich bin nicht geknickt, was mich nur ärgert: Der Aufwand, den wir betreiben, wird nicht belohnt. Das geht jetzt schon die ganze Serie so. Ansonsten kann ich der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Wenn man bedenkt, mit welcher Mannschaft wir heute gestartet sind und was wir draus gemacht haben, kann ich wirklich nur den Hut ziehen und stolz auf die Truppe sein“, so Wiehle, der neben Wachter, der erst in der Schlussphase reinkam, auf einige weitere Leistungsträger wie Torben Krause verzichten musste. Auch deshalb hält der Heimfluch an. Siebtes Spiel, siebte Pleite. „Natürlich nervt mich das. Aber wenn sich das im Kopf festgesetzt hätte, würde es nach Resignation aussehen. Und das ist ja nicht der Fall! Auch heute gehst du wieder als Verlierer vom Platz und hast eigentlich ein gutes Spiel abgeliefert.“

Autor: Dennis Kormanjos