Oberliga
Die „Pferde“ hoppeln, die Eisenbahn stottert – aber auf „Waffe“ Marushka ist Verlass!
Marco Schultz (li.) feiert ETSV-Matchwinner und "Kopfball-Doppelpacker" Ruslan Marushka. Foto: noveski.com
Die frühe Führung für die Gäste: Eudel Monteiro (li.) schlägt die Hände vors Gesicht, Tim Algner (3. v. li.) bejubelt seinen Treffer. Foto: noveski.com
Das letzte direkte Aufeinandertreffen der beiden „Trainer-Füchse“ Algan und Großkopf datiert vom 25. November 2018. Letzterer coachte zum damaligen Zeitpunkt noch den HEBC – während Algan bei Altona 93 tätig war und an der „AJK“ knapp mit 1:0 die Oberhand behielt. „Damals hast du gesagt: ‚Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss.‘ Dafür musstet ihr heute aber ganz schön hoch springen“, scherzte Großkopf nach dem Wiedersehen kurz vor Ende der Pressekonferenz in Richtung seines Kontrahenten. Algans Konter: „Es waren ja auch viele hohe Bälle.“ Während Sportchef Jassi Huremovic aus dem Hinterhalt ziemlich zutreffend konstatierte: „Dafür hatten wir heute keine guten Pferde.“
"Wenn ich solche Spieler auf der Bank lassen kann, kann ich nur den Hut ziehen"
Ein absolutes Vorbild an Einstellung und Einsatz: Davidson Eden (li.) - hier im Duell mit Fabio Parduhn - ging bei den Alsterbrüdern auch verbal voran. Foto: noveski.com
Zwei dieser „Pferde“, von Algan auch liebevoll „Hasen“ genannt, waren Vincent Boock und Marco Schultz. Beide waren beim letzten Duell zwischen Algan und Großkopf noch für den AFC aktiv. Beide sorgten mit Tor (Boock) und Vorarbeit (Schultz) für den einstigen 1:0-Erfolg. Dieses Mal wurde das Duo nach der Pause eingewechselt, um den stotternden Eisenbahnern etwas Tempo einzuhauchen. „Wenn ich Spieler wie Dittrich oder Boock auf der Bank lassen kann, dann kann ich nur den Hut ziehen“, sprach Großkopf die Kräfteverhältnisse an – und wählte die Taktik, tief, kompakt und diszipliniert zu stehen, um im Umschaltspiel immer wieder Nadelstiche zu setzen.
Und gleich der erste Nadelstich war von Erfolg gekrönt: Die Alsterbrüder machten das, was der ETSV über 90 Minuten kaum bis gar nicht hinbekam: Schnell und schnörkellos vor des Gegners Tor zu kombinieren. Benjamin Lerida bediente Lasse Lahrtz, der rechts im Sechzehner scharf auf den zweiten Pfosten spielte, wo der eingerückte Tim Algner einschoss (6.). Was für ein Auftakt! In der Folge entnervten die Alsterbrüder mit eiserner Disziplin, gutem Verschieben und kompakter Spielweise die nahezu ideenlosen und viel zu statische Gastgeber!
Standards und Marushka als Waffe
Der 1:1-Ausgleich: Ruslan Marushka (Mi.) mit seinem ersten Kopfballtor nach einer Ecke von Jan Kämpfer. Doch damit nicht genug... Foto: noveski.com
Dass der ambitionierte ETSV am Ende dennoch mit drei Punkten im Gepäck dastand, hatte zwei Gründe. „Wir wussten, dass Standards eine absolute Waffe des Gegners sind. Die sind mit viel Präsenz und Körperlichkeit verbunden“, so Großkopf. Ruhende Bälle als eine, Vollstrecker Ruslan Marushka als zweite Waffe! Jeweils nach einer auf den zweiten Pfosten geschlagenen Ecke von Jan Kämpfer war der beinharte Verteidiger per Kopf zur Stelle (34., 76.). Besonders bitter aus FCA-Sicht: Beim 1:2 unterlief der ansonsten fehlerfreie Daniel Göbel die Kämpfer-Hereingabe, ehe Jakob Kollotzek den Doppeltorschützen und Matchwinner aus den Augen verlor. „Das muss man besser verteidigen“, haderte Großkopf.
Obwohl sein Team schlussendlich den „Dreier“ in der heimischen „Eise-Arena“ verbuchen konnte, machte der detailbesessene und in der Halbzeitpause vor Unmut kochende Algan einige Unzulänglichkeiten aus. „Die Pässe, die Ballfertigkeit und die Spieleröffnung: Das waren heute unsere Probleme. Da haben wir unsere Qualitäten nicht so gut ins Spiel gebracht. Wir hatten einige Ballverluste, die uns gar nicht gutgetan und den Gegner gestärkt haben, und viele Ungenauigkeiten. An dem ‚Wie‘ müssen wir arbeiten“, forderte er – und lobte den Gegner: „Das ist eine unangenehm zu bespielende Mannschaft, die mit Herz spielt und sich in alles reinschmeißt. Und wenn du gegen eine Mannschaft, die alles gibt, nicht unfassbar präzise bist, dann wird das eben am Ende so ein 2:1, wo du dem lieben Gott noch danken musst, dass er es dabei belassen hat. Wir müssen uns steigern und souveränere Siege hinkriegen. Das wissen meine Jungs. Früher hat man immer gesagt: Drei Punkte, Mund abputzen, weitermachen.“
"Fahre trotz Niederlage nach Hause und bin zufrieden mit meiner Mannschaft"
Und der zweite Kopfballtreffer zum Sieg gleich hinterher: FCA-Keeper Göbel (li.) unterläuft die Ecke - und Marushka (Mi.) sagt "Danke". Foto: noveski.com
Letzteres tat auch Großkopf. „Ich bin trotzdem extrem zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft und extrem einverstanden damit, wie wir aufgetreten sind. Wenn ich die Bedingungen beider Mannschaften vergleiche, dann ist das, was wir heute über 90 Minuten gegen den Ball fabriziert haben, wirklich gut gewesen.“ Was man hingegen „nicht gut gemacht“ habe nach einer Balleroberung: „Besser anzustechen und die Bälle zu halten. Denn die Räume waren vorhanden. Aber wir haben die Bälle zu schnell wieder verloren. Da haben wir eine Spur zu viel Respekt gehabt.“
Allerdings betonte der Ex-Profi auch: „Wir haben einen anderen Anspruch. Dementsprechend fahre ich heute trotz einer Niederlage nach Hause und bin mit der Leistung meiner Mannschaft zufrieden“, ehe er abschließend mit einem großen Augenzwinkern den Blick nach vorne warf: „Wir haben jetzt mit Altona, Dassendorf und HEBC ein leichtes Programm – da kann man den einen oder anderen Punkt holen.“