„Ein Pfundskerl“ – Börnsen verpflichtet Flüchtling!

Coach Mirko Petersen im Interview

06. Oktober 2015, 15:09 Uhr

Börnsens syrischer Neuzugang Abdullah Alsoufi (l.) und Chefcoach Mirko Petersen. Foto: SV Börnsen

Die Diskussionen um Flüchtlinge sind momentan allgegenwärtig und werden auch beim SV Börnsen mit Ernsthaftigkeit behandelt. Diesbezüglich gibt es vom Bezirksligisten „Positives zu berichten“, wie es in einer Presserklärung heißt. „Seit einigen Wochen trainiert ein äußerst talentierter Syrer mit der ersten Herren-Mannschaft des SV Börnsen. Trainer Mirko Petersen traut dem Jungen den Sprung in die Bezirksliga ohne weiteres zu. Lediglich auf die Spielgenehmigung wird noch gewartet“, so der stellvertretende Vorstand, Nils Kneisel. Der „Neuzugang“ beim Ost-Ligisten hört auf den Namen Abdullah Alsoufi und sei „bereits bestens integriert“.

Grund genug, um sich mal bei Chefcoach Mirko Petersen über seine Neuerwerbung zu erkundigen

FussiFreunde: Wie kam der Kontakt zu Abdullah Alsoufi zustande?

Petersen: „Der Kontakt wurde über die Familie Bode hergestellt. Claus und Conny Bode sind die Eltern meines Spielers Benny Bode. Vor einigen Wochen gab es einen Informationsabend in Wentorf. Der sogenannte ‚Runde Tisch Asyl‘ hat sich und seine Initiative vorgestellt. An diesem Info-Abend hat auch die Familie Bode teilgenommen, da die momentane Flüchtlingssituation natürlich auch in Wentorf ein Thema ist, weil auch dort einige angesiedelt sind. Abdul war an diesem Abend mit einem Kumpel ebenfalls vor Ort und lernte dort Familie Bode kennen. Man hat sich mit Händen und Füßen verständigt, kam so ins Gespräch. Auf die Frage, ob die beiden Fußball spielen würden, antwortete Abdul mit ‚Ja‘, während sein Kumpel abwinkte. Für Familie Bode das Signal, um Abdul zu fragen, ob er nicht mal beim SV Börnsen mittrainieren wolle. Dies bejahte er und somit war der Anfang gemacht.

In der darauffolgenden Woche informierte und fragte mich Frau Bode zugleich, ob er mal vorbei kommen könne, was ich sofort bejahte sofort. An einem Donnerstag stelle sie ihn mir vor. Da mein schulenglisch ein wenig her ist, begrüßte ich ihn auf ‚denglish‘. Er ging vor mir auf den Platz und ich sah seine Beine, da war mir schon klar, dass er kicken kann. Ich sagte da schon zu meinem Ligamanager Wolfgang Voss, dass ich ihn zu uns holen möchte, ohne ihn am Ball gesehen zu haben. Ein Blick hat mir gereicht – als er dann mit der Kugel jonglierte, wurde ich in meiner Meinung nur bestätigt. Das Training verlief dementsprechend.“

FussiFreunde: Du hast bereits erwähnt, dass die Integration schnell vonstattenging. Wie konkret seid ihr das angegangen und inwieweit könnt ihr den Jungen unterstützen (Sprachschule/Fußballkleidung etc.)?

Petersen: „Die Integration fand mit dem ersten Augenblick statt, als Abdul die Kabine kam und dann den Platz betrat. Alle Spieler haben sich wirklich toll um ihn gekümmert. Die Anweisungen, die ich auf ‚denglish‘ gab, haben meine klugscheißerischen Englisch-Leistungskurs-Schüler übersetzt (lacht). Aber mich schön auslachen, die Amateure. Des Weiteren haben wir ihn gebeten, den einen oder anderen Satz auf Deutsch zu versuchen, was schon ganz gut klappt. Ich hole in ab und an zum Training ab, sofern er mir auf Deutsch eine Whatsapp sendet, aus der hervorgeht, ob ich ihn abholen könne. Es fragt auch sehr viel nach, wie etwas ausgesprochen wird. Er gibt sich wirklich richtig Mühe, um unsere Sprache schnell zu lernen. Für das, was er erlebt und gesehen hat, was wir uns wohl nie vorstellen können, ist er wirklich ein Pfundskerl! Er ist immer gut drauf, am Lachen – auch wenn ich ihn im Training mal anraue, ist er sehr demütig und wissbegierig. Er geht auch zur Schule, um die Sprache schnellstmöglich zu lernen – allerdings sind es nur fünf Stunden in der Woche, was ihm persönlich viel zu wenig ist, wie er mir sagte.

Da er nun voll zur Truppe gehört, wurde er gleich ausgestattet – so, wie es sich gehört. Was Abdul allerdings selbst schon besaß, trieb mir ein wenig die Zornesröte ins Gesicht. Er lief gleich mit bunten Nike-Schuhen auf. Unfassbar (lacht). Da gab es gleich den ersten Anraunzer, dass er nur mit schwarz-weißen Schuhen auflaufen soll, wie alle anderen auch. Daraufhin lächelte er nur und sagte ‚Yes, Coach‘.“

FussiFreunde: Wie steht ihr dem Thema generell gegenüber und was kann man als Amateurfußballklub in dieser Sache bewirken?

Petersen: „Der SV Börnsen steht dem sehr offen gegenüber. Es ist überaus wichtig, den Menschen zu helfen und zu versuchen, sie ein wenig von ihren Schicksalsschlägen und traumatischen Erlebnissen abzulenken. Es ist ebenfalls sehr wichtig, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Denn es geht nur gemeinsam und alle Beteiligten müssen an einem Strang ziehen. Dabei gilt es auch unbedingt, sich an Rechte und Pflichten zu halten und sich anzupassen.“