Oberliga

Eiskalte Eisenbahner, Sasel-„Pechsträhne“ hält an: „Das haben die Jungs wirklich nicht verdient!“

04. Februar 2024, 22:16 Uhr

Marcel Andrijanic (li.) hat gut lachen und nimmt nach seinem Siegtor die Glückwünsche von Niklas Kiene (Mi.) und Christian Stark entgegen. Foto: noveski.com

Was sich in den ersten rein von der Taktik geprägten 45 Minuten noch nicht anbahnte, entlud sich im zweiten Durchgang. Sowohl auf als auch abseits des Platzes kochten die Emotionen hoch. Immer wieder im Blickpunkt: Schiedsrichter Thomas Bauer (Rahlstedter SC). ETSV-Manager Jassi Huremovic platzte aufgrund diverser Entscheidungen ein ums andere Mal derart lautstark der Kragen, dass die Stimme mit der Zeit doch arg ramponiert wirkte. Marcel Meyer, Co-Trainer des TSV Sasel, machte seinem Unmut immer wieder Luft. Und auch Berkan Algan blickte irgendwann nur noch ungläubig drein. Vor allem in der 84. Spielminute (alle Highlights im LIVE-Ticker)…

Das goldene Tor am Saseler Parkweg: Marcel Andrijanic (li.) staubt nach einem Kopfball von Christian Stark (re.), den Anton Lattke noch entschärfen konnte, zum Sieg ab. Foto: noveski.com

Sein Schmerz war nicht nur deutlich hörbar, sondern regelrecht zu spüren. Als Niklas Kiene zu spät kam und Jean-Lucas Gerken vollends am Knöchel traf, sank der Saseler Spieler schreiend nieder. Referee Bauer zeigte dem ETSV-Neuzugang die Gelbe Karte, ehe Gerken minutenlang behandelt und später gestützt gen Kabine getragen werden musste. Die Szene war aber noch nicht vorbei. „Er gibt zuerst Gelb und der Linienrichter sagt zunächst nichts. Nach gefühlten drei Minuten Unterbrechung kommt es zu einer Beratung und er zeigt Rot. Ich dachte erst, wir haben einen Videobeweis, weil ich das inzwischen aus dem Profibereich so kenne. Aber dann habe ich mich einmal kurz geschüttelt und gemerkt, dass wir ja gar nicht im Profibereich sind. Da war ich sehr irritiert“, haderte ETSV-Trainer Algan.

"Die Pechsträhne hört einfach nicht auf"

Marcel Andrijanic (re.) kann es nicht fassen. Schiri Bauer nimmt seine Entscheidung zurück und zeigt Niklas Kiene die Rote Karte. Foto: noveski.com

Unterdessen ärgerte sich sein Gegenüber aufgrund eines ganz anderen Umstandes: „Die Pechsträhne hört einfach nicht auf“, sprach er darauf an, dass „Jonny“ Gerken seinem Team wohl nun auch längerfristig nicht zur Verfügung stehen wird. „Es ist das Sprunggelenk gewesen“, erklärte Stier hinterher. Mit Johannes Höcker, Maximilian Grünberg und Andranik Ghubasaryan gesellten sich vor dem Verfolger-Duell drei weitere Spieler zum Lazarett hinzu. Nun „der nächste verletzte Leistungsträger – und dann verlierst du auch noch zwei Spiele, die du angesichts des Spielverlaufs niemals verlieren darfst. Die Jungs tun mir wirklich richtig leid! Das haben wir absolut nicht verdient“, wirkte Stier nach der zweiten überaus unglücklichen Niederlage in Folge geknickt.

"Die wissen selbst nicht, wie sie das gewonnen haben"

Berkan Algan (re.) blickt komplett ungläubig drei und lässt sich - zusammen mit Manager Jassi Huremovic - die Entscheidung von Referee Thomas Bauer erklären. Foto: noveski.com

„Wir hätten mindestens einen Punkt, wenn nicht sogar den Sieg verdient gehabt“, befand Stier, der bereits beim Schlusspfiff in Richtung eigener Bank meinte: „Die wissen selbst nicht, wie sie das gewonnen haben!“ In der ersten Halbzeit bekamen die Zuschauer nicht nur ein kunterbuntes Sasel – im blau-weiß-roten Dress – zu sehen, sondern auch ein taktisches Spiel mit viel gegenseitigem Respekt. „Da wir fitnesstechnisch noch nicht auf dem Level sind, haben wir die Taktik gewählt, aus dem Mittelfeld-Pressing heraus zu agieren, kompakt zu stehen und aufs Umschaltspiel zu gehen“, so Stier, dessen Mannen die größte und zugleich einzige Chance besaßen, als Simon Siegfried auf der Grundlinie an Eudel Monteiro vorbeizog und Benjamin Dreca aus kürzester Distanz am langen Eck vorbei zielte (35.).

"Ein absolut ekliges Tor"

Niklas Kiene nimmt den Entschluss so hin und marschiert frustriert vom Platz. Foto: noveski.com

In der Pause habe er seine Jungs gefragt, „ob wir so weitermachen oder ins Offensiv-Pressing gehen wollen“, verriet Stier. Seine Mannen entschieden sich für die erste Variante. „Wir haben das Spielgeschehen kontrolliert“, so Stier. Das Tor fiel aber auf der anderen Seite – und zwar nach dem allerersten (!) Schuss auf das von Anton Lattke gehütete Gehäuse der „Parkwegler“. Der Keeper riss seinen Arm nach einer Flanke des kurz zuvor eingewechselten Vedat Düzgüner und einem Kopfball von Christian Stark gerade noch reflexartig hoch. Den Abpraller stocherte Marcel Andrijanic jedoch in die Maschen (64.)! „Ein absolut ekliges Tor mit dem ersten und gefühlt einzigen Torschuss“, monierte Stier. „Da müssen wir besser antizipieren.“

"Ein sehr schwer erkämpfter Sieg"

Gestützt vom kränkelnden Johannes Höcker (li.) und gerade aus dem Urlaub zurückgekehrten Kjell Ellerbrock musste Jean-Lucas Gerken (Mi.) vom Platz getragen werden. Foto: noveski.com

Der TSV warf nun alles nach vorne. „Wir haben umgestellt, gedrückt, sind ‚All in‘ gegangen – und haben uns auch super Möglichkeiten erspielt“, ließ Stier nun in einem 4-4-2 agieren. Die größte (Doppel-)Chance auf den Ausgleich hatten die Hausherren eine Viertelstunde vor Ultimo. Bezeichnend: Joker Lukas-Gabriel Kourkis visierte freistehend von halbrechts das lange Toreck an, aber Gianluca Babuschkin tauchte ab, fuhr das Bein aus und parierte glänzend. Simon Siegfried hatte den verwaisten Kasten vor sich, scheiterte allerdings an Yannick Siemsen auf der Linie (75.)! „Der einzige Vorwurf, den ich ihnen machen kann, ist der, dass wir langsam auch mal die Torchancen, die wir haben, nutzen müssen. Das können wir uns ankreiden“, bilanzierte Stier.

Während Algan meinte: „Das war zum Schluss schwierig zu verteidigen mit einem Mann weniger. Es war kein unverdienter, aber ein sehr schwer erkämpfter Sieg. Ein Unentschieden wäre nichts, wo ich gesagt hätte, dass das unmöglich gewesen wäre. Die waren teilweise brandgefährlich. Aber wir haben in der Box sehr gut verteidigt, in der letzten Konsequenz unsere Hausaufgaben gemacht und freuen uns, beim Meister drei Punkte mitgenommen zu haben.“ Auch, weil der ETSV-Trainer einen neuen Schachzug ausprobierte und Lesley Karschau, eigentlich rechter Verteidiger oder Schienenspieler, in die Sturmspitze beorderte. „Er hat Facetten und Bewegungsabläufe, die brandgefährlich sind“, erläuterte Algan, der auf den fieberkranken Fabio Parduhn verzichten musste und Max Düwel (Kniereizung) erst später in die Partie brachte. „Am Ende haben die Mosaiksteinchen mehr für Lesley gesprochen.“ Ein Torerfolg war ihm aber nicht vergönnt.

"Herzlichen Dank an den TSV Sasel"

Matchwinner Marcel Andrijanic (li.) im Duell der Routiniers mit Deran Toksöz. Foto: noveski.com

Abschließend hatte „Berki“ noch zwei Dinge auf dem Herzen. Erstens: „Der TSV Sasel hat uns die Räumlichkeiten im Clubheim zur Verfügung gestellt, weil vorher noch ein Jugendspiel und die Kabine belegt war. Von unserer Seite einen herzlichen Dank, das ist Gentleman-like und vorbildlich gewesen!“ Zweitens: Die Verletzung von Gerken. „Das Wichtigste aus dieser Szene: Ich wünsche dem Jungen natürlich, dass er hoffentlich nicht lange ausfällt. Aber für mich ist das keine Rote Karte. Er ist einfach einen Schritt zu spät gekommen.“

Autor: Dennis Kormanjos

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