Bezirksliga Süd

Erst die feine Klinge, dann in Toni Kroos-Manier: HEBC-Reserve bringt Kosovas „Star-Ensemble“ erste Pleite bei!

24. September 2023, 10:33 Uhr

Flutlicht-Romantik am Reinmüller: Der Klub Kosova musste beim HEBC II die erste Saison-Niederlage einstecken. Foto: Kormanjos

Jerry Sampaney, Prince Boateng Styhn, Roberto d’Urso, Maurizio d’Urso, Emrecan Tutak, Edison Sa Borges Dju oder auch Bajram Nebija: Namen, die für geballte höherklassige Erfahrung stehen. Spieler, die einer kleinen „All-Star-Elf“ der Ober- und Landesliga aus den letzten Jahren entspringen könnten. Akteure, die inzwischen allesamt für den Klub Kosova in der Bezirksliga Süd auflaufen – und am Samstagabend am Reinmüller im Duell mit der „Zweiten“ des HEBC auf dem Platz standen. Mit sieben Siegen aus sieben Spielen ist der Landesliga-Absteiger und Top-Favorit in die Saison gestartet. Am vergangenen Wochenende setzte es gegen den FC St. Pauli III (2:2) den ersten Dämpfer. Und nun gab’s die erste Niederlage für Kosovas kleines „Star-Ensemble“ (alle Highlights im LIVE-Ticker)!

Ex-Profi Bajram Nebija verwandelte zwei Strafstöße für Kosova sicher, vergab aber auch den Last-Second-Ausgleich. Archivfoto: noveski.com

Er sank zu Boden – und lag erstmal da. Vedat Barlak konnte es auch einige Zeit nach Abpfiff kaum fassen, dass sein Klub Kosova mit leeren Händen dastand. Worüber sich der Verteidiger der Gäste jedoch besonders ungläubig zeigte, war eben jene Szene, mit der sein Team die Niederlage gerade noch hätte abwenden können, wenn nicht gar müssen. Es lief bereits die 99. (!) Spielminute, als der aufgerückte Barlak den Ball aus dem linken Halbfeld perfekt und scharf vor das Tor des Gegners flankte. Bajram Nebija lief ein, kam aus fünf Metern völlig frei und unbedrängt zum Kopfball, schädelte die Kugel aber am linken Pfosten vorbei. Es hätte das 3:3 sein können. Nein, es hätte der Last-Second-Ausgleich werden müssen!

Nebija-Doppelpack lässt Kosova hoffen

Yannick Wiegand (vo.) ging als Kapitän mit vollem Einsatz für den HEBC II voran. Archivfoto: noveski.com

„Das ist so eine Szene, wo man dann einfach sagt: Es hat heute einfach nicht sein sollen“, haderte Kosova-Coach Jerzy Kopij. „Trotzdem war das gut herausgespielt und normalerweise macht ‚Baki‘ den auch rein, weil er eigentlich kaltschnäuzig ist.“ So aber beglückwünschte Kopij den Außenseiter vom HEBC II zum Sieg – und fügte an: „Die haben das gut gemacht. Wir müssen das jetzt abhaken und gucken, dass wir wieder in die Spur kommen.“

Der 35-jährige Nebija, der einst für Union Berlin neun Zweitliga-Spiele bestritt und in Finnland, Thailand, im Kosovo sowie in Albanien sogar Erstliga-Erfahrung sammelte, war auch zuvor an nahezu sämtlichen Offensivaktionen seines „KK“ beteiligt – und hielt den bis dato ungeschlagenen Primus mit zwei ganz sicher verwandelten und jeweils in die gleiche Ecke getretenen Strafstößen im Spiel. Dem ersten Elfmeter ging ein vermeintliches Foulspiel von HEBC II-Keeper Lorenz Golombiewski an Emrecan Tutak voraus. Schiedsrichter Axel Kahl ließ zunächst den Vorteil laufen. Nebijas Schuss wurde von Yannick Wiegand von der Linie gekratzt, ehe Kahl doch auf den Punkt zeigte (61.). Auch den zweiten „Elfer“ leitete Nebija mit einem Pass auf Tutak selbst ein. Wiegand blockte die Hereingabe und klärte zum Einwurf. Aber die Fahne des Assistenten, der ein Handspiel sah, ging hoch. Nach kurzer Beratung stand die Entscheidung und Nebija blieb wieder cool (90. +2).

Nach individuellen Fehlern: HEBC II spielt Tore herausragend raus

Routinier Cem Müller (hier noch im Dress des FK Nikola Tesla) brachte die HEBC-Reserve nach einem tollen Spielzug in Führung. Archivfoto: noveski.com

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Kosova in der Rückwärtsbewegung zum Teil offen wie ein Scheunentor war. „Ja, das stimmt. Wenn wir noch eine Schwäche haben, dann ist das unsere Umschaltbewegung, die ein bisschen pomadig ist“, gab Kopij unumwunden zu. „Das haben wir auch erkannt und da arbeiten wir dran. Aber das ist ein Thema, was nicht von jetzt auf gleich umzustellen ist. Wir haben eine sehr schwierige Vorbereitung gehabt und eine neue Mannschaft, die sehr spät zusammengestellt wurde. Auch die Fitness fehlt noch. Und dennoch sage ich: Das Spiel musst und darfst du keinesfalls verlieren.“

Tat man aber – auch aufgrund von individuellen Fehlern, die von den Hausherren prompt bestraft wurden. Und wie! Dem 0:1 aus Kosova-Sicht ging ein schlampiger Pass von Jerry Sampaney auf Maurizio d’Urso voraus. Deniz Alan spritzte dazwischen – und dann ging es blitzschnell. Zu schnell für die Gäste. Eine herausragend ausgespielte Stafette über Alexander Brodersen, Cem Müller und Aaron Landes veredelte Routinier Müller aus elf Metern mit dem ersten Kontakt (52.)! Nicht minder sehenswert herausgespielt – das 2:1: Prince Boateng Styhn vertändelte das Spielgerät leichtfertig an der linken Seitenauslinie gegen den nachsetzenden Brodersen. Dieser schickte den eingewechselten Mohamed Fati, der Jose Adulai Balde spielend stehen ließ und das Leder flach sowie scharf von rechts nach innen brachte. Am zweiten Pfosten rückte Landes ein und traf mit der linken Innenseite ins kurze Eck (75.)!

Alan kopiert WM-Moment - Kopij trotz Pleite "nicht unzufrieden"

Deniz Alan (re.) zirkelte einen Freistoß in bester Toni Kroos-Manier zum 3:1 für den Außenseiter in die Maschen.Archivfoto: noveski.com

Selbst die anwesenden Liga-Spieler der Eimsbütteler waren aus dem Häuschen – und sagten das 3:1 sogar voraus. Und zwar in eben jener Situation, als Barlak gegen Eliah Ticoalu klar den Ball spielte, Referee Kahl aber auf Freistoß für HEBC entschied. Aus nahezu identischer Position wie Toni Kroos bei der WM 2018 gegen Schweden (2:1) – links versetzt vom Sechzehner – zirkelte Alan die Kugel in den rechten Giebel und sorgte für pure Ekstase am Reinmüller (83.)!

Das Fazit von Kosova-Trainer Kopij nach der ersten Saison-Niederlage: „Wir haben zwei individuelle Fehler gemacht, die zu Gegentoren geführt haben. Letztlich ist das Ergebnis ein bisschen unglücklich, weil ich finde, dass wir das Spiel eigentlich beherrscht und mehr investiert haben. Aber natürlich darfst du solche Fehler, die der Gegner gnadenlos ausnutzt, nicht machen.“ Denn: „Man hat beim Gegner auch eine gewisse Qualität gesehen. Ich glaube, zwei, drei Jungs haben auch mal höher gespielt – das hat man gemerkt.“ Nichtsdestotrotz sei er „mit der Moral meiner Jungs sehr zufrieden, mit dem Spiel bin ich auch nicht unzufrieden, weil viele Dinge auch sehr gut ausgesehen haben“. Doch am Ende schaukelten die bis zur letzten Sekunde äußerst aufopferungsvoll kämpfenden Mannen von Trainer Petros Papadopoulos den Sieg über die Zeit.

Autor: Dennis Kormanjos