„Es gab eine Phase, in der wir gewackelt haben!“

Norderstedt erntet Lob vom Gegner nach DFB-Pokalaus

21. August 2016, 20:39 Uhr

Kurzzeitig war die Hoffnung aufs Wunder bei Jan Lüneburg, der nach dem Anschlusstor die Fans nochmal anpeitscht, zurück. Foto: noveski.com

Das Edmund-Plambeck-Stadion kochte, die 3650 Besucher trieben ihre Eintracht nochmal nach vorne und feuerten ihr Team mit laustarken „Norderstedt“-Sprechchören an. Wenige Sekunden zuvor brachte Felix Drinkuth nämlich das kleine Fünkchen Hoffnungsschimmer, die große Pokal-Sensation zu schaffen, zurück. Nachdem Jan Lüneburg nur durch ein Foulspiel zu bremsen war, überraschte Drinkuth Fürth-Keeper Sascha Burchert mit einem zwar wuchtig, aber nicht unbedingt platziert getretenen Freistoß aus 20 Metern halbrechter Position. Der Anschluss zum 1:2 war geschafft und noch waren neun Zeigerumdrehungen zu gehen!

Linus Meyer (r.) mit vollem Einsatz gegen Nicolai Rapp. Foto: noveski.com

Und tatsächlich – zumindest eine Mini-Chance sollte sich dem Viertligisten noch bieten. Erneut war es ein ruhender Ball, der diesmal allerdings nicht von Drinkuth, sondern von Lüneburg in Richtung Fürther Tor abgefeuert wurde. Doch da fehlte ein Stückchen (86.). Statt des Ausgleichstreffers machten die „Kleeblätter“ in den Schlussminuten mit einem Doppelschlag alles klar: zunächst bediente der starke Robert Zulj den eingewechselten Zlatko Tripic, der auf 3:1 stellte (89.), ehe Benedikt Kirsch eine Tripic-Vorlage zum Endstand einschoss (90. +2)! Im Nachgang waren sich nicht nur beide Trainer einig: „Wir haben mit einem Tor zu hoch gewonnen“, befand Fürth-Coach Stefan Ruthenbeck und fügte lobend an: „Man kann durchaus von einem Pokalfight sprechen. Denn es gab eine Phase, in der wir gewackelt haben. Letztlich haben wir gegen einen engagierten Gegner, der uns das Leben schwer gemacht hat, nicht sonderlich souverän, aber verdient gewonnen.“

Norderstedts Yayar Kunath sieht sich gleich zwei Gegenspielern gegenüber: Niko Gießelmann (l.) und Marcel Franke. Foto: noveski.com

Die Eintracht versteckte sich nämlich nicht, nahm die Zweikämpfe an und agierte wie zuletzt in der Liga mit einem durchaus offensiven 4-1-4-1-System. „Wir wollten uns nicht hinten reinstellen und haben es auch nicht getan. Deshalb gehen wir erhobenen Hauptes vom Platz“, so Thomas Seeliger. Im Gegensatz zu dem krassen Underdog hinterließ der Unparteiische Benjamin Bläser oftmals keinen guten Eindruck und traf einige seltsame Entscheidungen. Daran lag’s am Ende jedoch nicht – vielmehr war der Zeitpunkt des ersten Gegentores denkbar ungünstig. „Bis dahin haben wir defensiv sehr gut gearbeitet und nicht viel zugelassen. 0:1 war für uns vom Zeitpunkt her psychologisch natürlich sehr unglücklich.“ In der 42. Minute – unmittelbar vor dem Kabinengang – war es Zulj, der einen Dursun-Pass im zweiten Anlauf an Johannes Höcker vorbei in die Maschen schob und das Publikum kaltstellte! „In manchen Situationen fehlte uns der Mut, noch frecher zu sein. Aber da steht ja auch ein Gegner auf dem Platz, der uns eiskalt ausgeknockt und zu Fehlern gezwungen hat“, konstatierte „Seele“, dessen Elf aber mit der Zeit immer mehr zutrauen in die eigenen Stärken hatte. Hinten zeigten Marin Mandic, der kurz vor dem Seitenwechsel mit einem Befreiungsschlag eine Zuschauern auf der Tribüne traf, die behandelt werden musste, woraufhin Mandic sich mit dem Pausenpfiff persönlich entschuldigte, und Jeremy Karikari überragende Leistungen.

Vor allem Yayar Kunath sorgte auf dem rechten Flügel oftmals für beachtenswerte Tempoläufe in der Offensive, vergaß dabei aber häufig den Rückwärtsgang, so dass Juri Marxen oft auf sich allein gestellt war und arge Probleme mit den spritzigen Fürthern hatte. Dementsprechend fiel auch das 0:2 über die rechte Defensivseite der Garstedter: Veton Berisha flankte und Serdar Dursun köpfte ins lange Eck ein (71.)! Zwar brachte der ehemalige St. Paulianer und Braunschweiger Felix Drinkuth die Hoffnung noch einmal zurück – aber diese hielt nur kurz an…

Weitere Stimmen:

Der Kopfballtreffer zum 2:0 für den Favoriten durch Serdar Dursun (r.), der sich gegen Marin Mandic durchsetzt. Foto: noveski.com

Torschütze Felix Drinkuth zum Spiel: „Erstmal ein großes Dankeschön, dass so viele Fans gekommen sind. Das macht dann natürlich umso mehr Spaß, wenn das Stadion fast voll ist. Aber man hat schon gemerkt, dass es nochmal eine andere Liga ist. Wir mussten ziemlich viel defensiv arbeiten und eine extrem hohe Laufbereitschaft an den Tag legen, so dass ein wenig die Kraft nach vorne gefehlt hat. Trotzdem hat es Spaß gemacht. Auch wenn ich denke, dass es um ein, zwei Tore zu hoch ausgefallen ist. Nichtsdestotrotz war es ein Privileg für uns, gegen solch einen Gegner zu spielen.“

… zu seinem Tor: „So etwas übt man im Training, dass die Bälle auch mal ins Flattern kommen. Der Schuss war zwar ziemlich zentral, aber da er durch die Mauer ist, konnte der Torwart den Ball wohl erst spät sehen. So ein Tor im DFB-Pokal gegen ein Profi-Team ist natürlich etwas Besonderes. Aber ich würde lieber fünf bis acht Tore mehr in der Liga schießen als eines im DFB-Pokal. Insgesamt betrachtet bin ich persönlich nicht so zufrieden mit meiner Leistung, da ich defensiv viel machen musste und deshalb nicht die Kraft in der Offensive hatte.“

Fürths Andreas Hofmann (l.) packt gegen Linus Meyer die Grätsche aus. Insgesamt war der Gast kein Kind von Traurigkeit, was das Auftreten anbelangt. Foto: noveski.com

Torhüter Johannes Höcker: „Ich denke, hintenraus ist es um zwei Tore zu hoch ausgefallen. In der ersten und auch zu einem großen Teil der zweiten Halbzeit haben wir das sehr gut gemacht. Am Ende war die Luft raus, der Akku einfach leer. Dennoch können wir stolz sein über die Leistung. Denn wir hatten das klare Ziel, uns nicht hinten reinzustellen, sondern mitzuspielen – das haben wir gemacht.“

Stürmer Jan Lüneburg: „Man hat den zwei-Klassen-Unterschied schon gemerkt. Nichtsdestotrotz haben wir in der ersten Halbzeit – bis auf das Gegentor – eigentlich keine echte Torchance zugelassen. Der Zeitpunkt des Tores ist natürlich auch nicht gerade optimal. Aber wir lagen ja auch im Oddset-Pokalfinale lange hinten. Deshalb haben wir uns gesagt: lasst uns rausgehen und Spaß haben. Als das 0:2 gefallen ist, habe ich mir nur gedacht, dass wir jetzt aufpassen müssen, nicht unter die Räder zu kommen. Dann kommen wir durch einen Torwartfehler zurück. Nein, das war natürlich ein überragender Schuss von Felix (lacht). Mit Glück bekommst du nochmal eine Chance. Vielleicht der Freistoß von mir, den ich etwas besser hätte schießen können. Aber wir hatten keine Angst, denn die kochen auch nur mit Wasser und sind in Leistungszentren groß geworden. Wir können auch kicken, das wollten wir heute zeigen. Und ich glaube, wir haben uns sehr gut verkauft. Es gibt andere Vereine in unserer Liga, die sich nur hinten reingestellt haben. Das haben wir versucht, nicht zu machen. Man darf nicht vergessen, dass uns Profis gegenüberstanden. Und es wäre ja traurig, wenn man keinen Unterschied gesehen hätte. Schlussendlich war es ein super Ereignis. Nun gilt es, das im nächsten Jahr wieder zu erreichen.“

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