Landesliga Hansa

Gigantischer Gläser und Schmidts Schlusspointe: Die „Mentalitäts-Monster“ wollen das „Highlight“

14. April 2024, 18:07 Uhr

Der FC Voran Ohe feiert den turbulenten 4:3-Auswärtssieg beim SC Condor - und zumindest den kurzzeitigen Sprung auf den zweiten Tabellenplatz. Foto: Kormanjos

„Es sind halt immer diese schwierigen Vormittagsspiele…“, traf man beim SC Voran Ohe extra gewisse Vorkehrungen, um die Mannschaft wach und bei Laune zu halten, aber auch die notwendige Spannung reinzubekommen. „Wir haben uns schon um 08:30 Uhr in Ohe getroffen und gemeinsam gefrühstückt. Alles, was man eben dafür tut, um den Tag vor so einem Spiel einigermaßen gut zu gestalten“, verriet Chefcoach Matthias Wulff. „Und trotzdem waren wir nicht so da, wie wir es normalerweise sind und auch können“, musste er feststellen. „Ich habe es schon zu den Jungs im Kreis gesagt, dass ich heute gar nicht weiß, was ich sagen soll. Ich war zwischenzeitlich komplett frustriert, genervt und sauer.“ Und trotzdem hatte der Gast am Ende allen Grund zur Freude. Denn durch einen Last-Minute-4:3-Erfolg am Berner Heerweg (alle Highlights im LIVE-Ticker) kletterten die „Amselstiegler“ zumindest für wenige Stunden auf den heiß begehrten zweiten Tabellenplatz in der Hansa-Staffel!

Daniel Gläser glänzte mit einer "Streicheleinheit" vor dem Spiel als Doppeltorschütze. Foto: Bode

Bereits in der 66. Spielminute schimpfte Condor-Coach Luka Maras an der Seitenlinie: „Wir verteilen hier Geschenke, als wäre heute Weihnachten! Wir spielen Fußball, die schießen drei Tore und wissen nicht warum!“, war er nach dem soeben hergeschenkten Treffer zum 3:3-Ausgleich, als Javad Gurbanian nach einem kurz ausgeführten Freistoß am eigenen Sechzehner das Leder vertändelte, ungehalten. Als er sein Team nach Schlusspfiff zusammenrief und zum Mannschaftskreis bat, wurde es noch etwas lauter: „Wir hätten die hier 3:1 oder 4:1 wegknallen können – und verteilen solche Geschenke! Das ist kein Condor-Fußball!“

Schuberts "Streicheleinheiten" beflügeln Gläser

Mitverantwortlich dafür, dass die „Raubvögel“ den Platz als Verlierer verließen und Ohe weiter von der Vize-Meisterschaft träumen darf, war: Daniel Gläser. „Doppelpack und Gelb – mehr geht nicht!“, witzelte Co-Trainer Sören Deutsch – und bejubelte seinen Doppeltorschützen nach dem Spiel. Erst brachte Gläser einen 18-Meter-Schuss zur 2:1-Führung im rechten Knick unter (39.). Dem vorausgegangen war jedoch ein glasklares Foulspiel von Muizz Saqib, der Ken Niederstadt in die Hacken trat, was nicht nur sämtliche Zuschauer, sondern auch beide Bänke klar sahen. Dennoch blieb der Pfiff von Referee Rene Hölker unverständlicherweise aus. Dann bestrafte Gläser den Gurbanian-Fauxpas mit der 3:2-Führung (66.)! „Ich hab‘ ihm vor dem Spiel den Fuß gestreichelt“, scherzte Teammanager Oliver Schubert – und sagte einen Torerfolg voraus.

Und was hatte es mit der Gelben Karte auf sich? Darum bettelte Gläser förmlich. Der Grund: Es war die Fünfte in dieser Saison – und der 30-jährige Routinier weilt in der kommenden Partie ohnehin im Urlaub. Also „piekte“ er den Ball nach einem Freistoßpfiff kurz vor Ultimo leicht weg, sah den gelben Karton und hatte sein Ziel mit einem Augenzwinkern sowie unter Gelächter auf der Gäste-Bank erreicht (88.).

"Haben einfach diese Monster-Mentalität"

Nach dem Spiel wurde es im Kreis des SC Condor etwas lauter. Coach Luka Maras monierte die vielen verteilten Geschenke seines Teams. Foto: Kormanjos

Zu diesem Zeitpunkt witterte die Voran-Konkurrenz angesichts des Spielstandes (3:3) noch einen Strauchler. Aber: „Wir haben einfach diese Monster-Mentalität in der Mannschaft. Schon in Bramfeld hat uns eine reine Energieleistung von Walek und Gassmann noch ein 1:1 in der 95. Minute beschert. Das sind zum Glück diese Basics, die wir immer abrufen“, so Wulff. Denn: „Von der Qualität war es heute nicht so geil.“ Vor dem 0:1 ließ Keeper Ubai El Kahil einen gänzlich harmlos anmutenden Distanzschuss von Edwin Satzer nach vorne prallen, so dass Tarek Abdalla abstauben konnte (13.). Die Gäste reklamierten zwar, dass El Kahil im Nachfassen die Hand auf dem Ball hatte – aber der Treffer zählte.

"Ein komplett wildes Spiel und keine gute Leistung von uns"

Zwar kam die Wulff-Elf nach einem Schnitzer in der Hintermannschaft der Condoraner und dem schnellen Gegenzug über Tim Schmidt sowie Ibrahim Özalp durch Saqib zurück (19.) und drehte das Geschehen nach Gläsers Geniestreich (40.). Aber mit dem Pausenpfiff folgte der nächste Nackenschlag: Gurbanian steckte durch, Marko Tadic legte mustergültig quer und Luis Honig hatte keine Mühe mehr (45. +1)! „Wir waren gegen den Ball nicht so gut, kompakt und griffig. Auch mit dem Ball waren wir fahrig, haben viele Situationen einfach hergegeben, falsche Entscheidungen getroffen und hatten zu viele Unkonzentriertheiten. Das war einfach ein komplett wildes Spiel und keine gute Leistung von uns“, konstatierte Wulff.

Schmidt schließt Konter in Schlussminute zum Sieg ab

Tim Schmidt setzte in der Schlussminute nach einem Bilderbuch-Konter die Schlusspointe und erzielte den 4:3-Siegtreffer für seine Oher. Foto: Bode

Daran änderte sich auch nach Wiederanpfiff zunächst nicht viel – trotz Gläser und dessen angenommenes Gastgeschenk (66.). Sicherheit gab aber auch die erneute Führung den Ohern nicht. „Leute, wir müssen alle eine Schippe draufpacken – es geht um zu viel“, forderte „Co“ Deutsch von draußen. Aber: Seinen Fauxpas vor dem 2:3 machte Gurbanian mit einem perfekt getretenen Freistoß wieder wett. Am zweiten Pfosten nickte Lee Laukat unbedrängt ein (74.)! „Trotzdem – und das ist das entscheidende in der Phase der Saison – haben wir den ‚Dreier‘ geholt. Ob verdient oder nicht – das ist mir egal. Das kann und will ich auch gar nicht beurteilen“, konnte Wulff schlussendlich doch noch jubeln, weil seine Mentalitäts-Monster in der Schlussminute einen perfekt vorgetragenen Konter über Oliver Franz, Özalp und Saqib, der Niederstadt schwindelig tanzte und bereits freie Schussbahn hatte, durch Schmidt veredelten (90.)!

"Das ist natürlich ein Highlight!"

„Jetzt haben wir wirklich die Chance, Platz zwei anzugreifen“, blickte Wulff bereits auf die verbleibenden fünf Spiele, von denen sein FCVO vier Stück am heimischen Amselstieg bestreitet, voraus. „Nun können wir hoffentlich ein geiles Saisonfinale starten!“ Ob der Platz hinter den scheinbar uneinholbar vorne liegenden Billstedtern zu mehr reichen wird, „das steht ja noch in den Sternen und weiß keiner so richtig. Aber wir haben uns vor der Saison Ziele gesetzt und uns gesagt, dass wir bis zum Ende um diese Plätze da oben mitspielen wollen – und wenn uns das gelingt, dann wollen wir diesen Platz auch angreifen“, untermalte Wulff – und unterstrich abschließend: „Unabhängig davon, was dabei herauskommt: Wenn du die Chance hast, Zweiter zu werden, und in jedem Fall ein Relegationsspiel zu bekommen, dann ist das natürlich ein Highlight. Und das wollen wir auf jeden Fall!“

Autor: Dennis Kormanjos