Guter SchusstechNICK sei Dank: Brisevac-Beben lässt AJK abheben

Woike: „Wenn Altona auf Condor trifft, wird es immer zu einem Spektakel"

17. April 2017, 20:08 Uhr

Goalgetter Nick Brisevac erzielte beide Treffer vom Punkt und führte den AFC damit zum Sieg. Archivfoto: noveski.com

Vor 885 zahlenden Zuschauern rissen beide Teams über 90 Minuten ein sehr ansehnliches Fußballspiel ab, bei dem es an Höhepunkten überhaupt nicht mangelte. Sowohl Altona 93 als auch der SC Condor spielten mit offenem Visier. „Ein Spektakel, wie immer wenn beide Teams aufeinandertreffen“, fasste Condor-Coach Christian Woike die Begegnung, in der es alles gab, was ein Spiel spannend macht: drei Platzverweise, zwei Elfmeter, einen Rückkehrer zwischen die AFC-Pfosten, einen frühen Treffer, der aufgrund seiner Art für viel Verwunderung sorgte und einen Lucky-Punch in letzter Minute. Nur eben keinen Sieg für den SCC, weil bei den Altonaern ein bestimmter Spieler wieder mal nicht aufzuhalten war...

Kevin Mellmann (vorne, hier im Duell mit Vincent Aretz) bewies Cleverness und verwandelte schon früh einen Freistoß. Archivfoto: noveski.com

Es waren gerade mal 136 Sekunden gespielt, als Kevin Mellmann mit einem Freistoß aus 22 Metern seinen SC Condor mit 1:0 in Führung brachte. Allerdings wunderten sich alle Anwesenden darüber, dass Schiri Alexander Teuscher den Treffer auch wirklich gab. „Ich habe den Freistoß nicht mal gesehen und auf einmal war der Ball drin“, erklärte AFC-Coach Berkan Algan nach dem Match. Was war passiert? Hier die Aufklärung für Algan und alle anderen: Condor bekam einen Standard in zentraler Position zugesprochen, Altonas Keeper Bojan Antunovic war noch damit beschäftigt, die Mauer zu stellen. Einen Pfiff vom Unparteiischen für eine Freigabe zur Ausführung gab es auch nicht, weshalb niemand Mellmann im Blick hatte, der jedoch selbst entschied, dass er den Standard ausführen könne und letztlich den Ball links neben den verdutzt dreinschauenden Antunovic ins Tor schoss. Auf fragende Gesichter folgten empörte Beschwerden beim Schiedsrichter. Doch es half alles nichts, denn der Treffer zählte und somit führten die „Raubvögel“, die das Anerkennen des Treffers ebenfalls etwas verwundert zur Kenntnis nahmen, bereits früh und die „93er“ rannten einem Rückstand hinterher, über den Algan später sagte: „Das war eine wilde Kiste, aber auch eine gute Erfahrung. In dem Moment war es schon super ärgerlich.“

Algan: „Mir tut das für Bojan unwahrscheinlich leid"

Nach seinem Platzverweis verlässt Bojan Antunovic (Blau/weiß) das Feld. Foto: noveski.com

Aufreger für beide Trainer blieben auch in der Folge keine Mangelware, was daran lag, dass es bei einem offenen Schlagabtausch zunächst keinem Team gelang, den Ball hinter die Linie zu bringen. Condors Michel Blunck besaß die größte Gelegenheit, als er in der 18. Minute freistehend aus bester Position auf das Tor schoss, wo jedoch Eliezer Correia Ca auf der Linie zur Stelle war und klärte. Die nächste Schlüsselszene folgte aber schon bald: Wieder war Condor auf dem Vormarsch, als Carlos Flores mit dem runden Leder auf den Strafraum zulief und vom herauseilenden Keeper Antunovic unsanft gefällt wurde, als dieser ein paar Schritte vor dem Sechzehner mit vollem Körpereinsatz in den Stürmer hineinrauschte. Schiedsrichter Teuscher handelte prompt und stellte den Schlussmann vom Platz (27.). 


„Mir tut das für Bojan unwahrscheinlich leid, dass er die Rote Karte bekommen hat. Er ist so ein ehrgeiziger und fleißiger Junge, hat tierisch lange auf seine Chance gewartet und dann passiert sowas. Aber ich denke, dass er ein Kämpfer ist und wiederkommt“, erklärte Algan zu der Szene, die für ein Comeback sorgen sollte: der gerade erst wegen des Ausfalls von Tobias Grubba (Mittelfingerbruch) aus Südafrika reaktivierte Joshua du Preez musste zwischen die Pfosten – oder wie Algan es umschrieb: „Aus der kalten Hose heraus direkt in den Kasten.“ Der zurückgekehrte Keeper erklärte derweil: „Hauptsächlich bin ich wegen Berkan zurückgekommen. Und außerdem habe ich den Verein und die Fans sehr vermisst, denn es sind alles gute Menschen hier.“ Über eine Stunde war noch zu spielen – und der AFC musste nun nicht nur einen Rückstand aufholen, sondern dieses Kunststück auch noch in Unterzahl vollbringen.

Woike: „Wir hätten das Spiel in der ersten Halbzeit entscheiden müssen"

Zwei Elfer verursacht, zwei Gelbe Karten kassiert und damit die Wende zugunsten des AFC eingeleitet. Es war nicht der beste Tag für Isaak Hoeling (li.). Foto: noveski.com

Allerdings zeigte das Heimteam auch trotz des personellen Umstandes eine astreinen Leistung, was Gästetrainer Woike neidlos anerkannte: „Altona hat auch mit einem Mann weniger immer weiter Druck gemacht und es war nicht zu erkennen, dass sie in Unterzahl spielten. Das haben sie sehr gut gemacht.“ Besonders hervorheben muss man dabei Dennis Thiessen, der ein so gutes Spiel ablieferte, dass er und sein Team immer wieder gefährliche Angriffe kreierten, wobei Thiessen hauptächlich Dreh- und Angelpunkt war. Doch auch Condor lief weiter an, münzte dies jedoch nicht zu Zählbarem um, was Woike gerade im ersten Durchlauf sehr störte: „Wir hätten das Spiel in der ersten Halbzeit entscheiden müssen. Da hatten wir vier Gelegenheiten, die keine Chancen oder Abschlüsse, sondern Hochkaräter waren. Das ärgert mich sehr, dass wir damit in dieser Zeit nicht schon den Deckel drauf gesetzt haben.“ Doch neben Bluncks Schuss aus 13 Metern, beförderte zudem Max Anders die Pille aus fünf Metern über die Latte und Flores setze das Leder knapp am linken Pfosten vorbei, um nur mal ein paar der „Hochkaräter“ zu erwähnen, denen Condor-Coach Woike nachtrauerte.


Im zweiten Durchgang kam dann aber bald die Zeit von Altona 93, weil du Preez – zuletzt in Südafrika übrigens Inhaber eines Blumenladens, den nun vorerst ein Freund von ihm führt – den Gästen nicht durch die Blume, sondern durch starke Paraden zeigte, dass es an ihm kein Vorbeikommen mehr geben sollte. Die Partie entscheiden sollte aber ein anderer AFC-Akteur – und das war, wie so oft: Nick Brisevac. Nach 57 Minuten traf er vom Punkt zum 1:1-Ausgleich, nachdem er von Isaak Hoeling im Strafraum gelegt wurde, wofür der Defensivmann die gelbe Karte sah. Anschließend wurde es ein wenig ruhiger auf dem Platz, auch wenn sich beide Seiten weiterhin sehr bemühten, zählbare Angriffe herauszuspielen, wodurch der SCC in der 80. Minute fast wieder zur Führung gekommen wäre, doch einen Schuss vom eingewechselten Raffael Kamalow fischte du Preez mit einer herrlichen Flugparade gerade noch aus dem Winkel. Doch statt der erneuten Führung kam es anschließend knallhart für die Gäste vom Berner Heerweg, als erst Gökhan Iscan die Ampelkarte sah (86.) und ihm dann auch noch Hoeling ebenfalls mit Gelb-Rot folgte. Der Condor-Abwehrspieler verursachte im Strafraum durch ein Foul an Finn Lukas Rettstadt den zweiten Elfmeter der Partie, den Brisevac in der Nachspielzeit stark zum 2:1 verwandelte (90.+1).

Brisevac: „Ich habe eine gute Schusstechnik"

Er schoss zwar kein Tor, aber Jakob Sachs wurde trotzdem für sein 175. Spiel im Dress von Altona 93 geehrt. Foto: noveski.com

Der Luckypunch saß und das Spiel war tatsächlich gedreht, weshalb es kaum einen Zuschauer noch auf den Sitzen hielt, bis Teuscher nach einer fast fünfminütigen Zugabe das Spiel abpfiff, welches an Spannung kaum noch zu überbieten war. Und auch einen Elfmeter muss man nach Ablauf der regulären Spielzeit erstmal so cool verwandeln, wie es Brisevac tat. Vor allem, wenn derart viel auf dem Spiel steht: „Das hatte weniger mit Coolness zu tun. Ich habe eine gute Schusstechnik und außerdem ist der Ball wohl auch vor dem Tor nochmal leicht aufgesprungen, was ich aber selbst nicht so wahrgenommen habe.“ Mit diesen Worten zeigte sich der Matchwinner gewohnt bescheiden und richtete dann nochmal seine Aufmerksamkeit auf das Team: „Ein riesen Kompliment an die Mannschaft, die nach dem schweren Pokalspiel am Freitag bei Dersimspor, wo wir erst im Elfmeterschießen weitergekommen sind, heute so eine Leistung gezeigt hat und das, obwohl wir lange Zeit in Unterzahl waren.“

Es bleibt also im Kampf um die Meisterschaft weiterhin spannend und im Kopf-an-Kopf-Rennen mit der TuS Dassendorf gilt es für den AFC, sich weiterhin zu behaupten. Condor-Trainer Woike dazu: „Ich wünsche Altona von Herzen den Aufstieg, denn für mich ist es der Verein, der in die Regionalliga gehört. Ich werde sie als Gegner vermissen, denn damals schon als Spieler und auch heute als Trainer, bin ich immer sehr gerne an der AJK gewesen. Aber ich komme nächste Saison auch sehr gerne als Zuschauer her und schaue mir dann hoffentlich Regionalligafußball an.“ Anschließend richtete der Zepterschwinger das Wort an seinen Kollegen Algan: „Aber wir können ja dann mal ein Testspiel vereinbaren.“ Woraufhin Algan mit einem Schmunzeln erwiderte: „Das hört sich jetzt so an, als wenn wir schon oben sind. Von daher sage ich: Ja, das machen wir. Wenn wir aufsteigen, dann machen wir das.“


Der Ausgleich von Nick Brisevac im Video

Der Siegtreffer in der Nachspielzeit von "NB10"


Autor: Mathias Merk

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