GWE verliert in zweifacher Unterzahl

Schiedsrichter Schnitger im Mittelpunkt

12. Oktober 2015, 09:22 Uhr

Foto: KBS-Picture.de

Was muss passieren, damit der Fairnesspreis-Gewinner von 2014 sich tatsächlich überlegt, ein Spiel vorzeitig abzubrechen? Nun, am Freitagabend in der Partie gegen den SC Egenbüttel wäre es tatsächlich beinahe so weit gekommen. Zu diesem Zeitpunkt lag die Mannschaft von Trainer Michael Schirmer bereits mit 2:4 Toren im Rückstand – was war los gewesen am Tiefenstaaken?

Die in dieser Spielzeit bislang schwächelnden Eimsbütteler waren bissig und feldüberlegen in die Partie gestartet. Nach einem Zuckerpass von Spielmacher Thomas Sobieraj konnte Philipp Stroeming den Ball gut verarbeiten, am Keeper vorbeilegen und die Führung für seine Mannschaft bereits in der 4. Spielminute markieren. Die Anfangsviertelstunde gehörte klar den Hausherren, bis sich Egenbüttel langsam erholte und in der 23. Minute sogar zum Ausgleichstreffer kam. Paul Jürs schloss den schnell vorgetragenen Konter sehenswert ab - Protest kam jedoch von GWE, da Sobieraj nach vorhergehendem Kopfballduell auf Höhe der Mittellinie liegen geblieben war. Ein Abbruch des Angriffs wäre zwar wünschenswert, aber sicherlich nicht zwingend gewesen - wie auch GWE rückblickend zu eingestand. Und wer kennt nicht die Weisheit: Weiterspielen, bis der Schiri pfeift? (Dazu gleich mehr...).

Egenbüttel behielt auch nach dem 1:1 den Fuß auf dem Gaspedal und bestimmte zunehmend das Spiel, ohne dabei jedoch zu zwingenden Torchancen zu kommen. Beim nächsten Aufreger stand dann erstmals Schiedsrichter Mike Schnitger (SC Concordia) im Mittelpunkt: nach einem schmerzhaften Zusammenprall, der mit Sicherheit auch zugunsten der Eimsbütteler hätte gewertet werden können, sah Abwehrveteran Joachim Goersch den ersten gelben Karton (44.). Nur eine Minute später dann ein Trikothalten durch Goersch an der Außenlinie und fertig war die Ampelkarte! Der Spieler hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Foul gegen sich gepfiffen bekommen und verließ sichtlich aufgebracht die Anlage. In Unterzahl und mit einem Unentschieden ging es für GWE damit in die Halbzeit.

Zweite Halbzeit mit vielen Toren und Aufregern

In Durchgang zwei stand Co-Trainer und Ersatzkeeper Simon Hagmann zwischen den Pfosten, nachdem es für David Finke wegen einer Verletzung nicht weitergegangen war. Der quirlige Paul Jürs stellte den neuen Schlussmann mit einem Schuss aus der Drehung dann auch gleich auf die Probe und ließ diesem wenig Abwehrchancen: vom linken Innenpfosten prallte das Leder aus 16 Metern zur schnellen 1:2 Führung ins Netz! Nach dem Feldverweis für Goersch der nächste Tiefschlag für die Hausherren (47.). Nur wenige Minuten später kam es dann noch dicker und wieder war es Schiri Schnitger, der mit einer mehr als kontroversen Entscheidung Einfluss auf das Spielgeschehen nahm. Hatte er zuvor Tore Thomsen noch lautstark ermahnt, wurde diesem ein gewöhnlicher Zweikampf bei gegnerischem Eckstoß als Foul gewertet – Elfmeter! Nicht nur dass der Ball für den Stürmer nicht erreichbar gewesen wäre, der Akteur selbst konnte sich auf Nachfrage der Eimsbütteler den Pfiff nicht erklären. Fassungslose Gesichter bei GWE ... 1:3 (56.). Kurz darauf musste Thomsen, dem es zusehends schwerer fiel, sein Temperament zu beherrschen, den Platz verlassen. Für ihn kam in zentraler Position der offensivere Hannes Vater in die Partie.

Egenbüttel hingegen konnte sich aufs Fußballspielen konzentrieren und legte sich den Ball in Überzahl immer wieder gut zurecht. Nach einem präzisen Diagonalball war es Nico Jerchel, der den Ball zum 1:4 aus kurzer Distanz ins rechte Toreck schob. Die Partie schien entschieden, doch noch wehrten sich die Eimsbütteler um Kapitän Wieczorek und zeigten Trotz und Einsatzwillen. Und wirklich, GWE fand trotz des hohen Rückstandes zurück in die Partie, fightete um jeden Meter und erzielte in der 72. Minute durch den kopfballstarken Tim Niemeyer sogar den 2:4-Anschlusstreffer. In die stärkste Drangphase der Gastgeber mischte sich dann aber zum wiederholten Male der Schiedsrichter ein. Einen sicherlich unbeholfenen, aber völlig harmlosen Kontakt in der Rückwärtsbewegung zwischen Wieczorek und Jürs wertete Schnitger als Tätlichkeit - glatt rot. Selbst als der "Gefoulte" den Schiedsrichter von der Falschheit seiner Entscheidung zu überzeugen versuchte, blieb dieser stur.

Die GWE-Akteure standen am Rande der Resignation, jede Lust auf eine Fortsetzung der Partie war verflogen. Einzig die sportliche Ehre verbot es, das Spiel an dieser Stelle abzubrechen. Zu neunt galt es, die letzten zehn Minuten der Partie zu Ende zu bringen und sich teuer zu verkaufen. Egenbüttel konnte den sich bietenden Platz daraufhin zunächst gut nutzen, scheiterte aber zweimal an Hagmann und ließ in der Schlussphase die letzte Konsequenz vor dem Tor vermissen. Grün-Weiss kam sogar noch einmal: mit dem Mut der Verzweiflung und einer gehörigen Portion Wut im Bauch wollten die Gastgeber ein drittes Tor schießen, wurden aber für ihre Anstrengung kurz vor Spielende nicht mehr belohnt. In einem insgesamt sehr fairen Spiel trennten sich die beiden Mannschaften letztlich mit 2:4.

Ein Wort zum Freitagabend

War der SC Egenbüttel an diesem Abend der verdiente Sieger? Selbst mit etwas Abstand bleibt diese Frage schwer zu beantworten, zu stark wurden Schlüsselszenen durch die indiskutable Leistung von Schiedsrichter Schnitger überschattet. Dass selbst die Gäste eine ganze Reihe von Pfiffen nur schwer nachvollziehen konnten, zeigt die Brisanz der einzelnen Situationen. Hagmann fand daher nach dem Spiel auch deutliche Worte:

„Ich bin selbst Schiedsrichter und weiß aus eigener Erfahrung, dass jeder Schiri in jedem Spiel Fehler macht. Tatsächlich werde ich von meinen Spielern gerne mal auf den Arm genommen, weil ich so manche strittige Entscheidung gegen uns sogar verteidige und mich vehement für einen respektablen und nachsichtigen Umgang mit den Schiedsrichtern einsetze. Was Herr Schnitger aber heute Abend abgeliefert hat, verdirbt einem auf Wochen die Freude am Fußball. Ich weiß sehr genau, dass man sich als Verantwortlicher mit derlei Aussagen zurückhalten muss, doch mit seiner arroganten, herrischen Grundhaltung hat der Schiedsrichter uns ein ums andere Mal aufs Deutlichste benachteiligt. Das soll nicht gleichzeitig heißen, dass wir das Spiel ansonsten gewonnen hätten – aber so herrschten keine fairen Wettkampfbedingungen. Die Gelb-Rote gegen Goersch... da muss ein Bezirksliga-Schiri mehr Fingerspitzengefühl haben. Der Elfmeterpfiff vor dem 1:3 folgte mehr einem persönlichen Vorsatz als dem Regelwerk. Und spricht es Bände über sein Verhältnis zum Spielern und Sport, wenn Herr Schnitger selbst auf die aktive Bitte des Gegners hin einen Fehler nicht einsieht und korrigiert. Jetzt drohen unserem Kapitän wegen einer Lappalie zehn Spiele Sperre in einer für uns sowieso sehr schwierigen Phase der Saison. Wir werden vor dem Sportgericht alles dafür tun, dass es nicht dazu kommt und Herr Schnitger zudem hoffentlich nie mehr in einem Spiel bei uns angesetzt wird."

Dass diese Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind und durchaus eine Vorgeschichte haben, zeigt bereits eine kurze Recherche im Internet: im Zusammenhang mit Schnitgers Funktion als Schiedsrichter fallen in von einander unabhängigen Spielberichten zahlreicher Partien aus den letzten Jahren Begriffe wie "Kartenorgie", "überzogene Ampelkarte", "sechs Platzverweise" oder auch "Aneinanderreihung von Fehlentscheidungen". Urteil des Autors: Hobby verfehlt.

Text: Simon Hagmann