Kein Aprilscherz: Die „Unbezwingbaren“ nach 411 Tagen wieder bezwungen!

Furioser ASV stoppt RSC - "Das war heute einfach zu wenig – gerade zu Beginn!“

01. April 2017, 20:20 Uhr

Jubel nach der Führung! Torschütze Bedran Atug (2. v. re.) lässt sich von seinen Teamkollegen herzen. Foto: timelash.de

Sieben Spieler, die am heutigen Nachmittag in der Startelf des Rahlstedter SC standen, begannen auch am 14. Februar 2016 von Anfang an: Patrick Krysiak, Nassif Dowou, Yannick Hess, Steven Vo, Ferris Pressel, Moritz Mandel und Kevin Niedrig gehörten bei der damaligen 2:3-Niederlage gegen den MSV Hamburg zur ersten Garde des RSC. Wieso dies von Bedeutung ist? Nun, seitdem sind 411 Tage ins Land gegangen, ohne dass die Rahlstedter auch nur ein einziges Punktspiel verloren haben – bis heute!

Bedran Atug (3. v. re.) köpft zum 1:0 ein. Foto: timelash.de

„Natürlich fängt man irgendwann selbst damit an, die Tage zu zählen“, gestand Moritz Mandel – und fügte an: „Man wird schließlich immer wieder und überall damit konfrontiert. Und natürlich macht man sich mit der Zeit – vielleicht auch nur unterbewusst – den Druck, dass man ungeschlagen aufsteigen will.“ Aber: „Jetzt haben wir einen Dämpfer bekommen, den wir eigentlich schon beim MSV Hamburg hätten verpasst bekommen können. Aber da sind wir richtig stark zurückgekommen. Deshalb dachte ich eigentlich, dass das der entscheidende Weckruf gewesen wäre, damit wir nicht überheblich auftreten. Aber das war heute einfach zu wenig – gerade zu Beginn!“ Eine sehr reflektierte und absolut zutreffende Analyse des Torjägers unmittelbar nach dem Spiel. Zwar stellte Mandel wenige Sekunden darauf noch einmal klar, dass er den Auftritt seines Teams nicht überheblich fand, dafür allerdings wie folgt einstufte: „Ich würde einfach sagen, dass wir nicht richtig wach waren!“

Atugs Kopf und Ahmads Solo sorgen für Paukenschlag

Ferris Pressel (li.) musste nach einem Foulspiel an Atug mit einer Verletzung am Außenband ins Krankenhaus. Foto: timelash.de

Denn der „Seriensieger-Bezwinger“ erwischte die Gäste auf dem völlig falschen Fuß – und das, obwohl man nicht nur auf einige Stammkräfte verzichten musste, sondern auch auf Trainer Mohet Wadhwa, der seinem ASV Hamburg berufsbedingt nicht zur Verfügung stand. „Er hatte alles vorbereitet und seinen Job eigentlich schon erledigt. Ich hab den Rest gemacht, in dem ich mich auf die Bank gesetzt habe“, schmunzelte Fahim Ahmadi, der Wadhwa vertrat – und das mit Erfolg. Der ASV schockte den RSC früh. Und das per Doppelschlag. Erst nickte Bedran Atug – nachdem Dowou verpasste – eine scharfe Freistoß-Flanke von Mike Niedermeyer zur Führung ein (5.)! Dann spielte Bastian Warning einen kapitalen Fehlpass zum Gegner. Der bärenstarke Alesson Fernandes Arguelho bediente Bahier Ahmad und der ließ die Rahlstedter Hintermannschaft ganz, ganz schlecht aussehen. Links auf Höhe der Mittellinie startete der „Flügelflitzer“ sein Solo, marschierte bis zur Grundlinie herunter und diese gen Zentrum entlang. Schließlich spitzelte Ahmad die Kugel mit der Pike aus unheimlich spitzem Winkel aufs Tor. Diesmal konnte Dowou mit seinem Rettungsversuch den zweiten Einschlag nicht mehr verhindern (7.)!

Pressel-Schock - "Im letzten Drittel fehlten die Ideen"

Louis Mandel (re.) konnte dieses Mal nicht die entscheidenden Impulse setzen. Hier gegen den bärenstarken Arguelho. Foto: timelash.de

„Die hatten anderthalb Chancen, haben immer wieder lang und diagonal auf den schnellen Außen gespielt und da waren wir einfach zweimal nicht wach“, befand Mandel, der auch ehrlich konstatierte: „Wir hatten zwar mehr Spielanteile, aber keine wirklich zwingenden Chancen. Wir haben uns die Bälle eigentlich gut erkämpft, schnell nach vorne gebracht – aber im letzten Drittel fehlten uns die Ideen. Vielleicht haben wir uns auch zu sehr darauf verlassen, dass wir eigentlich über genügend individuelle Qualität verfügen, um jederzeit ein Tor zu machen.“ Tatsächlich kamen die Schäfke-Schützlinge lange nur zu einer echten Torchance durch Ferris Pressel, der nach einem Eckball des heute nur selten in Erscheinung tretenden Louis Mandel und Dowous anschließendem Kopfball, der geblockt wurde, relativ freistehend von Höhe des Elfmeterpunktes Maß nehmen konnte – aber knapp am rechten Knick vorbei zielte (30.). Jener Ferris Pressel musste dann vorzeitig runter und sogar mit dem Krankenwagen abtransportiert werden, nachdem er Atug im Mittelfeld in die Hacken lief und sich dabei selbst verletzte. Es besteht wohl der Verdacht auf einen Außenbandriss. Bleibt zu hoffe, dass sich diese Diagnose nicht bestätigt. Wir wünschen eine schnelle Genesung!

Umstrittener Anschluss und Rot für Niedermeyer

Mike Niedermeyer (li.) bereitete das 1:0 stark vor, flog später aber mit glatt Rot vom Platz. Foto: timelash.de

Nach dem Wechsel probierte Rahlstedt, die Wende herbeizuführen. Lange fehlte es jedoch an der nötigen Durchschlagskraft – bis zur 66. Minute: ASV-Fänger Ahmadi segelte an einer L. Mandel-Ecke vorbei, Niedrig blieb mit seinem Schussversuch im Gewühl hängen. Den Abpraller köpfte M. Mandel aufs Tor und hatte Glück, dass der Klärungsversuch von Müslüm Kayin wohl hinter der Torlinie vonstattenging- Zumindest hatte der Assistent seine Fahne sofort oben – der Treffer zählte! „Der war ganz klar drin, da braucht man gar nicht zu diskutieren. Der Verteidiger steht deutlich im Tor“, so der Torschütze. Während Kayin hinterher zu Protokoll gab: „Der Ball kann überhaupt nicht drin gewesen sein. Ich stand auf der Linie.“ Der ASV wollte es nicht wahrhaben, marschierte fast mit voller Mannstärke auf den Assistenten zu. Auch einige Rahlstedter kamen hinzu. Es folgte ein kleines Scharmützel zwischen Niedermeyer und Dowou, woraufhin Referee Havemann dem ASV-Kapitän plötzlich den roten Karton zeigte (67.)! Anschlusstreffer kassiert. Und nun waren noch 23 Zeigerumdrehungen auf der Uhr, die der RSC-Verfolger nunmehr zu zehnt über die Bühne bringen musste.

Trotz neunminütiger Nachspielzeit: RSC-Serie endet

Moritz Mandel brachte nach seinem Anschlusstreffer die Hoffnung nochmal zurück. Foto: timelash.de

„Man hat eigentlich gar nicht gemerkt, dass wir in Überzahl waren“, brachte es Schäfke nach der Partie auf den Punkt. Die Hausherren verteidigten wieder blitzsauber und kamen ihrerseits zu guten Kontermöglichkeiten. Doch Mohammad Akbari zögerte – obwohl er nahezu freie Bahn hatte – so lange, bis Warning dazwischen war (72.). Auf der anderen Seite kratzte Sohrab Nouri einen etwas unfreiwilligen Niedrig-Holperer nach einem Eckstoß von der Linie (78.). Rahlstedt warf nun alles nach vorne, beorderte sogar zwei Auswechselspieler hinter das Tor der Gastgeber, um das Spiel schnell zu machen. Das wiederum ärgerte den vor diesem Spiel Tabellendritten so sehr, dass ein Rahlstedter rechts auf Höhe der Eckfahne von einem Ordner sogar geschubst wurde. Nachdem der Unparteiische das Geschehen beruhigte, konnte es endlich mit Fußball weitergehen. Doch bis auf einen Kopfball von M. Mandel sollte dem unangefochtenen Primus auch in der insgesamt neunminütigen (!) Nachspielzeit nichts mehr gelingen. Die kleine Sensation war perfekt. Der RSC verlor erstmals seit 411 Tagen wieder ein Liga-Spiel!

"Wäre schön gewesen, wenn Mo dabei gewesen wäre"

Die Schlussphase war vor allem durch Hektik und viele Untebrechungen geprägt. Foto: timelash.de

„ Ich will nicht sagen, dass der Druck immer großer wird – je länger man ungeschlagen ist. Aber wir alle haben nach wie vor mit der Meisterschaft ein Ziel vor Augen“, wollte Moritz Mandel die Pleite nicht allzu hoch hängen. Und auch sein Trainer meinte: „Die Verletzung von Ferris schmerzt viel mehr als die Niederlage.“ Während der Vorsprung der Mannen von der Scharbeutzer Straße auf die Konkurrenz nach wie vor riesengroß ist, hat sich der ASV durch den Triumph am SC Vier- und Marschlande – Olaf Poschmann nahm die Konkurrenz vor Ort genauestens unter die Lupe – vorbei auf den zweiten Platz geschoben. Ob’s am Fehlen des Cheftrainers lag? „Nein, auf keinen Fall“, entgegnete Ahmadi auf die süffisant gestellte Frage. „Es war mal an der Zeit, dass wir gegen einen Gegner gewinnen, der ganz oben steht. Das hilft uns auf jeden Fall für die Moral. Vor allem, weil wir viele Verletzte haben. Rahlstedt ist eine Landesliga-Mannschaft. Deshalb ist der Sieg natürlich besonders schön.“ Lobende Worte für den Gegner. Dabei gab es im Vorfeld kleinere Unstimmigkeiten. Denn der ASV Hamburg wollte die Partie aufgrund Wadhwas Fehlen eigentlich verlegen lassen. Dem stimmte der RSC aber nicht zu. Im Nachhinein kann man schon fast von Glück sprechen, dass es nicht dazu gekommen ist. „Wenn man das Ergebnis sieht, dann ja. Aber es ist trotzdem schade. Denn es geht um unseren Trainer, nicht um das Spiel. Mo arbeitet wirklich gut, ist immer da und deshalb wäre es einfach schön gewesen, wenn er hätte dabei sein und den Sieg mit uns feiern können“, so Ahmadi abschließend.

Autor: Dennis Kormanjos