Kocins steile Karriere: „Ich weiß, dass ich höher spielen muss!“

Ex-Türkiye-Star spricht mit uns über seine Laufbahn

13. Dezember 2016, 12:55 Uhr

Umut Kocin hat bereits eine sehr erfolgreiche Laufbahn hinter sich. Nun greift er in der Türkei nochmal richtig an. Foto: KBS-Picture.de

Nicht nur in der Türkei hat sich Umut Kocin bereits einen Namen gemacht. Der einstige türkische U-Nationalspieler verbrachte seine Jugend beim HSV und schaffte im Jahr 2006 bei Arminia Bielefeld den Sprung zum Profi. Es folgten Stationen unter anderem in der Süper Lig bei Kayserispor sowie Österreichs höchster Spielklasse beim SV Kapfenberg. Zwischen 2011 und 2013 kickte Kocin zwei Jahre lang für den heutigen „Bayern-Jäger“ RB Leipzig. Nach weiteren Engagements in der Türkei sowie beim HSV II sorgte der geniale Techniker fast im Alleingang für den letztjährigen Klassenerhalt des FC Türkiye in Hamburgs Beletage. Seine Leistungen weckten aber auch das Interesse diverser höherklassiger Clubs…

Nachdem der 28-Jährige auch beim Erstligisten Rizespor mittrainieren durfte, landete er schließlich in der vierten Liga bei Sancaktepe. Ein Rückschritt? Keineswegs! „Es verlief eigentlich richtig gut und ich hatte auch ein gutes Gefühl. Allerdings hat es am Ende nicht geklappt, da es in der Türkei nicht so leicht ist, wenn man schon mal in einer etwas niedrigeren Liga gespielt hat. Dann eilt einem immer ein gewisser Ruf voraus“, verrät Kocin, der nach seiner bärenstarken Saison für den FC Türkiye noch einmal Blut geleckt hatte. „Ich wollte nochmal in den Profi-Bereich!“ Anfragen aus der dritten Liga sowie aus der Regionalliga waren vorhanden, doch Kocin wollte sein Glück im Ausland versuchen.

Im Pokal sollen die „Großen“ geärgert werden

So kennt man ihn: jubelnd für den FC Türkiye. Foto: KBS-Picture.de

Am Ende landete er beim türkischen Klub Sancaktepe Belediyespor. „Ich war im Türkei-Urlaub, als die Anfrage kam. Es ist eine Mannschaft aus Istanbul, die ich zuvor auch noch nicht kannte. Wir haben ein kleines, aber richtig schönes Stadion, stehen in der Gruppenphase des Pokal-Wettbewerbs und waren bis zum letzten Wochenende eine von drei Mannschaften in der Türkei – von der ersten bis zur vierten Liga –, die noch kein Spiel verloren hatte.“ Ein Wechsel, der sich im Nachhinein also als richtig erwies. „Im Pokal befinden wir uns sogar mit den Erstligisten Kasimpasa und Rizespor in einer Gruppe.“ Gegen den haushohen Favoriten Kasimpasa unterlag Kocin mit seinem neuen Team – nach torloser erster Halbzeit – nur äußerst knapp mit 1:2. Im Stadion: Nationaltrainer Fatih Terim.

Erfolgreichste Saison der Vereins-Geschichte

Das Niveau in der „3. Lig Grup 1“ würde Kocin „mindestens mit der Regionalliga in Deutschland“ vergleichen, wie er sagt. „Es ist ein sehr körperbetontes Spiel und geht richtig zur Sache. Die Physis spielt dort eine große Rolle.“ Dass seine Mannschaft derart erfolgreich sein würde und die Tabelle mit nur einer Niederlage nach 17 Spielen souverän anführen würde, war in der Form nicht abzusehen. „Ich habe gerade erst erfahren, dass es wohl die erfolgreichste Saison in der Geschichte des Vereins ist. Das Hauptziel war von vornherein nicht unbedingt der Aufstieg, aber es hat sich eben so entwickelt, dass wir von Anfang an oben dabei waren. Allerdings redet im Verein keiner vom Aufstieg. Denn wir haben – neben mir – nur einen weiteren Spieler im Kader, der schon mal in der ersten türkischen Liga gespielt hat. Zudem haben wir eine extrem junge Mannschaft und keinen Spieler über 30.“ Auch über seinen Trainer, Hikmet Sevim, verliert Kocin nur positive Worte: „Er ist ein sehr guter Trainer, legt ganz großen Wert auf die Disziplin und hat eine gute Ansprache.“

„Ich weiß, was ich kann“

Hauke Brückner (re.) und Yannick Jonas können nur zuschauen, wie Kocin (li.) den Ball im Tor unterbringt. Foto: KBS-Picture.de

Umut Kocin selbst befindet sich mit seinen 28 Jahren „im besten Fußballer-Alter“. Auch wenn viele Vereine inzwischen vermehrt auf die Jugend setzen, ist der geniale Techniker davon überzeugt: „Auch wenn viele es für unmöglich halten: ich weiß, was ich kann – und auch, dass ich höher spielen muss!“ Dass er dies auch von vielen Experten oder auch Mit- sowie Gegenspielern zu hören bekommt, „motiviert mich ungemein. Ich versuche immer, das Beste rauszuholen.“ Nicht umsonst hat sich der aktuelle Linksaußen, der in seinen bisherigen 16 Saison-Einsätzen zwei Treffer erzielte, einen Namen in der Türkei erarbeitet. „Ich habe hier einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben – besser gesagt: ein Jahr Vertrag plus ein Jahr Option. Ich möchte einfach so weitermachen, wie bisher – und mich präsentieren.“

„Ich war oft zu ungeduldig“

Mittlerweile hat er es geschafft. Doch aller Anfang war schwer. „Ich nehme von all meinen Stationen viele positive, aber auch negative Erinnerungen mit.“ Mit 17 Jahren wurde Umut Kocin bei Arminia Bielefeld Profi. „Thomas von Heesen war derjenige, der mich nach Bielefeld geholt hat. Ihm habe ich sehr viel zu verdanken! Ich bin zu dieser Zeit jeden Tag mit einem kribbeln aufgestanden. Leider war es nur eine sehr kurze, dafür aber richtig geile Zeit.“ Weitere Highlights in der Laufbahn des Umut Kocin: bei seinem allerersten Spiel in der Türkei für Kayserispor ging es auf Anhieb gegen Spitzenklub Galatasaray. Nur wenige Wochen später traf man im UEFA-Cup auf Paris SG. „Auch die Zeit in Österreich behalte ich in guter Erinnerung. Dort habe ich für Kapfenberg erstmals als Linksverteidiger gespielt. Im Nachhinein würde ich sogar sagen, dass mir ein Jahr mehr in Österreich gutgetan hätte.“ Allerdings gab es auch einige Rückschläge zu verkraften. „Ich hatte Pech mit Verletzungen, gebe aber auch ganz ehrlich zu, dass ich oft zu ungeduldig war.“ Ein sehr reflektierter Rückblick, der Umut Kocin weiter positiv in die Zukunft schauen lässt: „Mein allererstes Ziel ist, dass wir weiterhin eine erfolgreiche Saison mit Sancaktepe spielen. Was danach passiert, steht in den Sternen. Aber ich weiß: mein linker Fuß funktioniert immer noch!“