Regionalliga Nord

Nach „Reibungen“ und „Tacheles“ – ETV feiert „wahnsinnigen Brustlöser“ bei Aufstiegsaspirant!

10. April 2024, 12:06 Uhr

Nach ewig langer Durstrecke bejubelt der Eimsbütteler TV nicht nur zwei geschossene Tore, sondern auch den 2:1-Sieg bei Austiegsaspirant Phönix Lübeck. Foto: noveski.com

„Wir haben seit der Winterpause sehr gut und sehr intensiv gearbeitet, hatten auch immer mal wieder ein bisschen Pech mit unglücklichen Spielen. Der Frust war da, aber wir haben immer weitergemacht und uns nie von der Idee abbringen lassen“, strahlte Jasper Hölscher über das ganze Gesicht, als er nach dem Spiel beim 1. FC Phönix Lübeck die Erkenntnis fassen konnte: „Heute hatten wir das Spielglück auf unserer Seite. Das braucht man dann auch einfach mal, um so eine Top-Mannschaft zu schlagen“, hat der Glaube des Eimsbütteler TV am Dienstagabend wahre Berge versetzt. Insbesondere nach dem beeindruckenden 6:0-Heimsieg von Phönix gegen Weiche Flensburg und der anhaltenden Durststrecke der Eimsbütteler reiste man mit der Haltung an: „Was sollen wir verlieren?!“, verriet Hölscher. Zumal sein Team in den letzten sechs (!) Partien ohne eigenen Torerfolg blieb. „Sobald du ein Tor kassierst, geht der Kopf an und man stellt sich die Frage: Wie wollen wir eins machen? Aber mit dem Tor sind die Emotionen frei geworden und wir konnten locker aufspielen“, so Hölscher.

Haris Hyseni (Mi.) lässt dem Ex-Lübecker Abou Fofana im Tor des ETV beim Foulelfmeter keine Abwehrchance - 1:0. Foto: noveski.com

Er bekam nicht nur seine allerersten Regionalliga-Minuten überhaupt, sondern stand gleich in der Startelf des ETV: Maximilian Baafi erlebte ein überaus turbulentes Viertliga-Debüt. In Eutin, wo das Spiel aufgrund eines Stromausfalles am Lübecker Buniamshof stattfand, waren noch keine fünf Spielminuten vorüber, als der noch 19-jährige Youngster einen Eckball von Johann Berger aus der Gefahrenzone köpfen wollte, den Ball dabei aber an die Hand bekam. Den fälligen Strafstoß verwandelte Haris Hyseni äußerst platziert zur Phönix-Führung (6.)! Aber Baafi steckte keineswegs aus, sondern legte jene Tugenden an den Tag, die nicht etwa den Adlern aus Lübeck, sondern den Eimsbüttelern wahre Flügel verliehen!

Nach einem "maximal schlimmen Start": Schütt schweißt ein

Dominik Akyol (re.) ist als erster Gratulant bei Finn Schütt (Mi.) nach dessen fulminantem 20-Meter-Strahl zum 1:1-Ausgleich kurz vor der Pause. Foto: noveski.com

„Wir starten maximal schlimm. Trotzdem haben wir Moral gezeigt. Die Jungs sind gleich zu ihm hingegangen, haben ihn aufgebaut – und er macht danach ein super Spiel. So reinzustarten und dann so ein Spiel zu machen – maximalen Respekt dafür“, lobhudelte ETV-Coach Jonas Struckmann den Jungspund, aber auch sein gesamtes Team, das bereits in Minute 25 die riesengroße Doppelchance zum Ausgleich hatte. Nach einer Ecke scheiterten Hölscher und Bamo Mohamed jeweils an zwei auf der Linie rettenden Abwehrbeinen. Und wenn es hinten mal brenzlig wurde, dann erwies sich ausgerechnet Abou Fofana, der im vergangenen Sommer nach vielen Jahren bei TuRa Harksheide bei Phönix Lübeck anheuerte, dort aber nicht über die Zweite Mannschaft hinauskam, als starker Rückhalt. Wie etwa gegen Leander Fritzsche (64.).

Und auf der anderen Seite sorgte Finn Schütt für den langersehnten Erfolgsmoment nach ewig langer „Trockenperiode“, wie Struckmann die Torflaute bezeichnete. Fünf Zeigerumdrehungen vor der Pause legte Noel Denis einen hohen Ball von Benjamin Lucht für eben jenen Schütt ab. „Ich habe gesehen, dass die Verteidiger links und rechts mitgegangen sind, mich offen gelassen haben – und dann wusste ich nicht mehr, wo der Ball hin soll. Also habe ich geschossen.“ Und sein strammer 20-Meter-Strahl aus halbrechter Position schlug im linken unteren Toreck ein – 1:1!

"Viel, viel Wille. Viel, viel Kampf – und ein bisschen interne Reibungen"

Das 1:2 aus Phönix-Sicht: Einen Einwurf verlängert Kevin Ntika unglücklich ins eigene Tor. Sehr zur Freude des ETV. Foto: noveski.com

Das von Hölscher bereits angesprochene „Spielglück“ hatte der Drittletzte gegen den Tabellendritten, der einen ganz herben Dämpfer im Aufstiegskampf erlitt, in der 62. Spielminute. Einen weiten Lucht-Einwurf von rechts verlängerte Kevin Ntika äußerst unglücklich in die eigenen Maschen! Die „Struckmänner“ hatten das Spiel gedreht – und den im Vorfeld kaum für möglich gehaltenen Sieg im Aufstiegsaspiranten mit ganz viel Leidenschaft über die Zeit gebracht. Das Erfolgsrezept: „Viel, viel Wille. Viel, viel Kampf – und ein bisschen interne Reibungen. Das reicht manchmal schon, damit man eine andere Mentalität an den Tag legt“, verriet 1:1-Schütze Schütt, dass es zuletzt intern wohl ein bisschen geknirscht hat.

Adigo: "Das hat sich die Mannschaft mit sehr viel Leidenschaft verdient"

Benjamin Lucht (li.) ballt die Faust und auch aus Dominik Akyol (Mi.) spricht nach dieser ewig langen Negativserie die pure Erleichterung mit dem Schlusspfiff. Foto: noveski.com

Von den „Lübecker Nachrichten“ darauf angesprochen, entgegnete Struckmann auf der anschließenden Pressekonferenz: „Finn ist ein Spieler, der gerne emotional ist und das auch braucht im Training.“ Am Tag vor der Partie sei man im Abschlusstraining „ein bisschen lauter als gewohnt“ gewesen, obwohl man sonst „versucht, für viel Harmonie zu sorgen“. Aber: „Wir wollten einfach nicht, dass wir in der Serie, in der wir stecken, auseinanderbrechen. Da gab es ein, zwei Anzeichen, dass versucht wurde, die Schuld von sich zu weisen und bei anderen zu suchen. Diese Konflikte gehören nach so einer langen Durststrecke dazu. Deshalb wurde einmal Tacheles geredet, das wurde gut angenommen und eine gute Reaktion gezeigt“, klärte Struckmann auf.

Wenngleich der Siegtreffer vom Zustandekommen eher glücklich war, gab selbst Phönix-Coach Christiano Adigo unumwunden zu: „Das hat sich die Mannschaft mit sehr viel Leidenschaft verdient. Der Sieg geht im Endeffekt in Ordnung.“

"Das ist echt bemerkenswert"

Der ETV kann es doch noch - und feiert den überraschenden Triumph beim Tabellendritten. Foto: noveski.com

Neun Spiele ohne Sieg und sage und schreibe 645 Minuten ohne eigenen Torerfolg: Kaum verwunderlich also, dass der Atamimi-Vertreter im Nachgang von einem „wahnsinnigen Brustlöser“ sprach. „Man muss dazu sagen, dass die Mannschaft absolut nie aufgegeben hat, wahnsinnig toll trainiert hat, immer zusammengeblieben ist und stets versucht hat, sich immer weiter zu verbessern – das ist echt bemerkenswert! Umso schöner, dass wir es heute erstmal wieder geschafft haben, zweimal zu treffen. Dass es dann auch noch gegen so einen Gegner wie Phönix Lübeck gelingt, ist natürlich umso schöner“, wusste Struckmann um die Qualität des Gegners. 

„Insbesondere im Umschaltspiel und im vertikalen Spiel auf den Zielspieler. Wir waren wirklich sehr beeindruckt, als wir das Video geguckt und gesehen haben, wie viele Klatschbälle da immer ankommen. Deshalb freue ich mich einfach sehr für die Jungs, dass es endlich mal wieder geklappt hat!“

Autor: Dennis Kormanjos

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