Seeliger nach Pokal-Coup – „Habe nicht mehr dran geglaubt!“

Die Stimmen zum Oddset-Pokal-Finale

28. Mai 2016, 19:32 Uhr

Kapitän Philipp Koch reckt den Pott in die Höhe. Eintracht Norderstedt ist Oddset-Pokalsieger 2016. Foto: KBS-Picture.de

Lediglich 120 Sekunden waren noch regulär zu spielen, als sich Spieler und Offizielle von Altona 93 bereits mit mehr als nur einer Hand am Oddset-Pokal wähnten. Doch dann kam Deran Toksöz und sorgte mit seiner 20-Meter-Bogenlampe für ein kollektives Ausrasten bei seinen Norderstedtern und rettete den Regionalligisten in die Verlängerung. In dieser hatte der Favorit „mehr Benzin im Tank“, wie Chefcoach Thomas Seeliger hinterher konstatierte. Allerdings gestand er auch: „Ganz ehrlich: ich habe nicht mehr dran geglaubt!“

In der Verlängerung setzte Jan Lüneburg, der pünktlich zum Pokalfinale fit wurde, mit einem absoluten Traumtor für die Altonaer Resignation. Der Torjäger ergatterte sich selbst den Ball und bekam ihn nach feiner Kombination zwischen Toksöz und Joker Marco Schultz, der per Hacke ablegte, wieder zurück. Aus gut und gerne 25 Metern donnerte der ehemalige Elmshorner das Spielgerät ansatzlos in den rechten Giebel – zwischen Lattenkreuz und Einschlag des Balles passte kein Blatt Papier mehr (95.)! „So ein Tor wie das 2:1 von Lüneburg erlebt man nur im Pokal!“, konnte auch AFC-Kapitän Jakob Sachs kaum glauben, was der „Blondschopf“ auf der anderen Seite für ein Pfund abließ. „Den macht nur er so! Das kann man auch nicht verteidigen“, konstatierte Altonas Manager Andreas Klobedanz.

„Aus dem Spiel heraus kam von Norderstedt nicht viel“

Der Schlusspfiff! Bei Eintracht-Coach Thomas Seeliger (l.) und Co-Trainer Stefan Siedschlag brechen alle Dämme. Foto: KBS-Picture.de

Beim (Noch-)Oberligisten schwanden die Kräfte zunehmend. „Ich muss der Mannschaft ein großes Lob aussprechen. Sie hat 89 Minuten lang echt gekämpft, teilweise haben wir auch richtig gut gespielt – vor allem in der ersten Halbzeit. Hintenraus haben wir ein bisschen um den Ausgleich gebettelt, aber man kann gegen eine vermeintlich bessere Mannschaft, die eine Klasse höher spielt, nicht alles verteidigen“, befand Sachs, der anfügte: „In der Schlussphase sind wir nicht mehr in die Zweikämpfe gekommen. Wir wollten nochmal zurückschlagen und alle Kräfte bündeln. Aber es war sehr schwer, weil wir anfangs ein hohes Tempo gegangen sind und es sehr warm auf dem Platz war.“ Der 30-Jährige, der hinten links auflief, durfte bereits fünfmal im DFB-Pokal ran: zweimal mit dem VfB Lübeck – Sachs erzielte in der Verlängerung gegen den FSV Mainz 05 sogar das goldene Tor zum 2:1-Sieg – sowie SC Victoria – unter anderem gelang ihm der Führungstreffer bei der 1:2-Pleite gegen den SC Freiburg – und ein weiteres Mal mit Holstein Kiel. „Es ist sehr schade, denn für die älteren Spieler war es nochmal ein Highlight, ein Bonbon, wo man nicht weiß, ob man das nochmal erleben wird. Jetzt müssen wir die Köpfe schnell hoch bekommen, um in der nächsten Saison vielleicht zweimal gegen Norderstedt zu spielen.“

Als die Algan-Bengel in der Schlussphase komplett aufmachten und Innenverteidiger Ronny Buchholz in die Sturmspitze beorderten, wurden sie noch zweimal ausgekontert: zunächst servierte Schultz die Pille Lüneburg auf dem Silbertablett, der zwar noch an du Preez scheiterte, doch „Captain“ Philipp Koch staubte zum 3:1 ab (112.), ehe der eingewechselte Neu-Dassendorfer Marco Schultz seine Einsatzzeit mit dem 4:1-Endstand krönte, als Dane Kummerfeld die Kugel Laurel Aug abluchste, der Stürmer es anschließend mit der gesamten Hintermannschaft aufnahm und seinen Sololauf per Rechtsschuss in den rechten Knick krönte (120. +2)! „Wir haben gut verteidigt, hatten auch immer wieder selbst die Möglichkeiten auf das 2:0. Aus dem Spiel heraus kam von Norderstedt nicht viel“, meinte AFC-Manager Andreas Klobedanz. „Als das 1:1 durch einen abgefälschten Distanzschuss fällt, haben wir es in der Verlängerung mental nicht hinbekommen, dass es im Grunde wieder bei null anfängt. Wir haben zu viel darüber nachgedacht, dass nur wenige Minuten gefehlt haben, anstatt die Köpfe hoch zu nehmen. Nichtsdestotrotz bin ich auf jeden Fall stolz! Die Mannschaft hat einen guten Auftritt hingelegt.“

„Ganz wenig Abgewichstheit und ganz viel Glück!“

Die Spieler bejubeln ihren Triumph mit den treuen Anhängern. Foto: KBS-Picture.de!

Ausgleichsschütze Deran Toksöz war auch Minuten nach Abpfiff noch voller Adrenalin. „Nach dem Tor zum 1:1 haben sich unsere Emotionen ganz krass gezeigt. Wenn du in der 89. Minute durch so ein Tor zurück ins Spiel kommst, ist es umso schöner. Für uns ging es schlussendlich um alles!“ Der Druck lag bei den Garstedtern, die kurz vor dem Knockout standen. „Es war nicht so einfach, bei diesem Wetter kurz vor Schluss zurückzukommen – und dann auch noch in der Verlängerung mit 4:1 zu gewinnen. Einfach nur ein geiles Gefühl! Wir haben natürlich nicht unser bestes Spiel gemacht, aber wir hatten das Spiel unter Kontrolle, mehr Torchancen und haben alles versucht. Im Endeffekt haben wir auch ganz klar verdient gewonnen, jetzt wollen wir nur noch feiern. Ich bin extrem stolz auf die Mannschaft!“ Zu seinem satten Kracher, der die Eintracht erst in die Verlängerung rettete, sagte der 28-Jährige: „Das war ganz wenig Abgewichstheit und ganz viel Glück!“ Toksöz‘ Wunschlos für die erste DFB-Pokalrunde? „Da Dortmund meine favorisierte Mannschaft ist, würde ich mich darüber freuen.“

„Ich wünsche Altona den Aufstieg!“

Die Sektduschen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Foto: KBS-Picture.de

93-Übungsleiter Berkan Algan muss seine Jungs vor dem ersten Relegationsspiel gegen den SV Eichede am kommenden Mittwoch möglichst schnell aufrichten. „Wir haben zwei verletzte Spieler hinzu bekommen, das wiegt momentan fast noch schwerer als die Niederlage!“ Flügelflitzer Mustafa Hadid musste nur wenige Augenblicke nach seiner Hereinnahme schon wieder raus – während „Defender“ Cody Shields unmittelbar vor dem Ende im Luftduell mit Kummerfeld zusammenrauschte und mit einer dicken Platzwunde lange behandelt werden musste. „Es ist extrem bitter, wenn du bis zur 89. Spielminute führst, aus dem Spiel heraus sehr wenig zulässt, dann durch einen abgefälschten Schuss den Ausgleich kassierst und schließlich durch einen Fernschuss par excellence in Rückstand gerätst. Dennoch bin ich unheimlich stolz auf die Jungs!“ Sein Gegenüber gab zu Protokoll: „Wir wussten genau um die Stärke von Altona bei Kontersituationen und Standards. Trotzdem passiert uns dann früh im Spiel das, was uns bereits in den letzten Ligaspielen unterlaufen ist: wir fangen uns nach einem ruhenden Ball, der auch noch schlecht ausgeführt wird, das Gegentor. Wir waren zu Beginn nicht richtig präsent, hatten in einigen Situationen Glück und sind erst langsam ins Spiel gekommen. Wenn ich ganz ehrlich bin: ich habe nicht mehr mit dem Ausgleich gerechnet! Das habe ich auch meinem Co-Trainer so gesagt, der daraufhin meinte: wir machen noch unser Tor. Der Ball wollte einfach nicht rein und die Zeit lief davon.“ Schließlich bilanzierte Seeliger: „Es ist schon unglaublich, was der Verein in den letzten 13 Jahren geschaffen hat. Wir werden das jetzt ausgiebig feiern und ich wünsche Altona tief und fest den Aufstieg in die Regionalliga, so dass wir in der kommenden Saison zwei weitere Derbys vor der Brust haben!“

Die große Bildershow zum Match folgt am Abend!

HIER geht's zum LIVE-Ticker der gesamten 120 Pokal-Minuten!