Trotz Neucoach: Wow-Effekt bleibt aus – Ex-Germanen in Torlaune!

Zwölf tapfere Schnelsener bekommen halbes Dutzend eingeschenkt

22. Oktober 2016, 00:33 Uhr

Wieder doppelt! Mit zwei verwandelten Strafstößen in der Schlussphase schraubte Mladen Tunjic (2. v. r.) sein Torekonto auf 18 in die Höhe. Foto: noveski.com/Küch

Während sich der Gegner im Vorfeld einige Gedanken machte, weil man „nicht wusste, worauf man sich einzustellen hat, da eine Mannschaft mit neuem Trainer eine gewisse Aufbruchsstimmung versprüht“, wie Felix Karch hinterher meinte, sollte es für den TuS Germania Schnelsen so etwas wie ein (weiterer) Neustart werden. Doch der erste Rückschlag folgte schon vor Beginn des Spiels beim Blick auf die Kaderlisten: Mit René Böhling hatten die Germanen nur einen einzigen Akteur auf der Bank sitzen. So musste es die Startelf mehr oder minder im Alleingang richten – Neucoach Tamer Tuncer fehlten jegliche Alternativen…

Da war die Freude in Schnelsen noch groß, als Pierré Halle (l.) zur überraschenden Führung einschoss. Foto: noveski.com/Küch

Eben jener Böhling wurde 20 Minuten vor dem Ende für Bernard Boateng eingewechselt und fiel vor allem damit auf, dass er in den Zweikämpfen stets zu spät kam, seine Mitspieler aber ein ums andere Mal lautstark zurechtwies. „Der Kader war leider sehr dünn, weshalb einige am Ende müde wurden. Trotzdem lässt sich auf diese Leistung aufbauen“, befand der neue Mann auf der Kommandobrücke Schnelsens, dem insbesondere die Anfangsphase Mut machen dürfte. Zwar nagelte der ehemalige Germane Mladen Tunjic den Ball in der zehnten Spielminute aus ganz spitzem Winkel an den Innenpfosten – doch ansonsten tat sich der HSV III in den ersten Minuten schwer und leistete sich viele leichte Fehler im Spielaufbau. So auch in Minute 22, als die Hausherren schnell in die Offensive umschalteten und zeigten, dass sie auch etwas mit der Kugel anzufangen wissen. Igor Zdravkovic flankte von der rechten Grundlinie, Deniz Kayis legte am zweiten Pfosten artistisch in den Rücken der Abwehr, wo Pierre Hallé völlig freistehend zur Führung einschoss – 1:0!

„Dass das Tor durch solch einen Bauerntrick fällt, ist bezeichnend“

HSV-Keeper Yannick Heuer (M.) musste in der Anfangsphase einige Male auf der Hut sein. Foto: noveski.com/Küch

„Wir haben gut begonnen und in der ersten Halbzeit ordentlich mitgehalten“, so Tamer, der anfügte: „Unser Ziel war es, dass wir kompakt stehen, das haben wir in der ersten Halbzeit weitestgehend geschafft.“ Sein Gegenüber, Felix Karch, konstatierte: „Wir haben 15, 20 Minuten gebraucht, um das Spiel auf diesem sehr rutschigen und nassen Boden anzunehmen. Das Gegentor hat uns offenbar ganz gut getan. Denn danach haben wir uns wieder auf das Wesentliche besonnen.“ Und sein Team erspielte sich vor der Pausensirene Chancen im Minutentakt: Tunjic verfehlte den Giebel hauchzart (34.), genauso wie Ostermann das lange Eck (36.). Zudem entschärfte TuS-Keeper Patrick Meins gegen Steckel aus allerkürzester Distanz herausragend (35.) – und fischte dann auch noch dessen 17-Meter-Schuss aus dem Knick (39.). Doch der nachfolgende Eckball brachte den erwünschten Ertrag: Steckel führte kurz aus. Der Ex-Schnelsener Timo Trefzger hatte ungewöhnlich viel Zeit, legte sich 17 Meter vor dem Tor das Leder noch einmal zurecht und finalisierte mit seinem starken linken Fuß ins rechte untere Eck – 1:1 (40.)! „Wir haben in den letzten 20 Minuten vor der Pause ein unfassbares Powerplay gespielt. Da war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis der Ausgleich fällt. Dass das dann durch so einen Bauerntrick nach einer Ecke der Fall ist, ist bezeichnend für das Versagen in der ersten Halbzeit vor dem Tor“, gab Karch zu Protokoll.

Der Hammonia-Torjäger schlägt spät gegen den Ex-Klub zu

Der Tabellenzweite durfte sich am Ende über ein halbes Dutzend Tore freuen. Foto: noveski.com/Küch

Nach Wiederanpfiff setzte sich die Dominanz seiner Elf nahtlos fort – während Germania kräftemäßig einbrach und sich haarsträubende Fehler erlaubte, die sofort bestraft wurden. Erst fing Zeba einen Zdravkovic-Pass am eigenen Sechzehner ab. Steckel bediente auf dem rechten Flügel Ostermann, dessen Hereingabe von Matin Abdul in katastrophaler Art und Weise unterlaufen wurde, so dass Josip Kozina am zweiten Pfosten stehend locker ins lange Eck einschießen konnte – 2:1 HSV III (51.)! Der Kroate legte wenig später nach, als er mutterseelenallein eine Steckel-Flanke einnicken durfte (66.)! Nun hatten die Gäste leichtes Spiel und auch die Hereinnahme vom wieselflinken Veli Sulejmani brachte nochmal den erhofften Schwung. Nach seinem Ball vom linken Flügel spielten Yasar und Tunjic einen herrlichen Doppelpass. Letztgenannter passte per Hacke in den Lauf des „Flügelflitzers“, der flach ins rechte Eck traf (76.)! Vier „Rothosen“-Treffer – und der bis dato bereits 16-fache Saison-Torschütze Mladen Tunjic ging leer aus. Das konnte und sollte nicht so bleiben! Erst verwandelte der Goalgetter einen von Kayis an Steckel verursachten Strafstoß zum 5:1 (81.), dann machte er in der Nachspielzeit das halbe Dutzend voll – erneut vom Elfmeterpunkt, nachdem Zdravkovic den Ball zuvor an die Hand bekam (90. +1)! Zwischenzeitlich hatte Ilyas Afsin nach Pein-Querpass den zweiten Schnelsener Torerfolg besorgt (83.).

„Wir gewinnen lieber 6:2 als 2:0“

Auf Germanias Neucoach Tuncer Tamer wartet in den kommenden Wochen eine Menge Arbeit. Foto: noveski.com/Küch

„Es war schon etwas Besonderes, denn ich habe hier drei sehr erfolgreiche Jahre verbracht“, gestand Tunjic, der nun schon bei 18 Buden in zwölf Einsätzen (!) vorzuweisen hat, nach dem Spiel. „Deshalb freue ich mich, dass wir heute im Kampf um den zweiten Platz nachlegen und diesen verteidigen konnten.“ Dabei dauerte es ein wenig, bis sein Team den richtigen Zugriff fand. „Es war am Anfang relativ schwer, weil wir fünf, sechs Topchancen hatten und die alle nicht nutzen konnten. Der Torwart von Schnelsen hatte in der ersten Halbzeit auch einen überragenden Tag und hält eigentlich Unmögliches. Es hat ein bisschen gedauert, bis der Erste reinging, aber dann hat man gesehen, dass die nicht auf unserer Wellenlänge sind.“ Sein Trainer bilanzierte unterdessen: „Dass wir am Ende noch so ein dummes Kontertor fangen, ist natürlich ärgerlich. Aber ich glaube, wir sind dafür bekannt, dass wir lieber mehr Tore schießen, als dass wir sie verteidigen. Wir gewinnen lieber 6:2 als 2:0. Auch fußballerisch war es wieder annähernd das, was wir auch wollen – und was in den letzten Wochen ein Stück weit abhanden gekommen ist. Dafür hat heute die Konsequenz der vergangenen Spiele gefehlt. Insofern schauen wir mal, ob wir in den kommenden Wochen beides zusammenbekommen und dann einen richtigen Sahnetag erwischen werden.“

„Die Mannschaft ist intakt und lebt“

Germanias neuer Übungsleiter, Tuncer Tamer, gab abschließend zu Protokoll: „Ich finde, dass wir schlussendlich um ein, zwei Tore zu hoch verloren haben. Natürlich hätte ich mir einen anderen Gegner in meinem ersten Spiel gewünscht, aber dennoch hat man gesehen, dass die Mannschaft intakt ist und lebt. Das sind nicht unsere Gegner. Diese kommen in den nächsten Wochen und dann müssen wir punkten und werden das auch tun! Die Einstellung stimmt, auf dieser Leistung kann man aufbauen. Jetzt werde ich unter der Woche einige Gespräche mit Spielern führen und versuchen, diese davon zu überzeugen, dass sie zu uns zurückkommen.“

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