Niendorfs Joker sticht: Fuchs, du hast Cordi die Punkte geklaut!

NTSV feiert in der 92. Minuten den 2:1-Sieg gegen den Spitzenreiter

12. Februar 2017, 18:49 Uhr

Freude über den späten Sieg: Torschütze Joshua Fuchs ist unter dem Jubelknäuel seiner Mitspieler verschwunden. Foto: KBS-Picture

Oberliga-Spitzenreiter Concordia hat den Ausrutscher von Altona 93 (0:2-Niederlage am Freitag gegen den TuS Osdorf) nicht nutzen können: Statt beim Niendorfer TSV mit einem Sieg den Abstand auf seinen Verfolger zu vergrößern, ließ der Ligaprimus selbst Federn und unterlag am Sachsenweg mit 1:2. Den Siegtreffer für den NTSV erzielte dabei in der Nachspielzeit ein Ex-Concorde, der Cordi-Coach „Aki“ Cholevas auch aus Zeiten in Norderstedt gut kennt. 

Spontane Eingebungen sind manchmal die besten. „Eigentlich wollten wir den Eckball kurz spielen. Dann hatten wir die Idee, ihn doch reinzubringen, obwohl da nur zwei kleine Spieler in der Mitte waren“, erklärte Joshua Fuchs nach dem Spiel des Niendorfer TSV gegen Concordia und grinste spitzbübisch. Der 21-Jährige hatte allen Grund für dieses zufriedene Lächeln. Denn: Jene Ecke, über die der Stürmer da gerade sprach, war der Lausbubenstreich, mit dem der NTSV am Sonntagnachmittag soeben den Spitzenreiter mit 2:1 bezwungen hatte. Felix Dieterich, aufgrund der Personalnot von der U19 in die „Erste“ hochgerückt, spielte den Ball in der zweiten Minute der Nachspielzeit eben nicht – so wie gedacht – kurz, sondern schlug das Leder vielmehr in den Sechzehner. Dort setzte sich Bo Jannik Gehrke, bisher bei den „Sachsenweglern“ in der „Dritten“ aktiv, im Kopfballduell gegen Cordis Abwehr-Riesen Yannick Siemsen durch – und Fuchs schoss anschließend aus kurzer Distanz zum 2:1-Siegtreffer ein.

Fuchs: „Ich weiß, dass ich gut vor dem Tor bin und habe auf meine Chance gelauert“

Bo Jannik Gehrke (re.) freut sich über seinen Treffer zum 1:1-Ausgleich. Foto: KBS-Picture

Es war gerade einmal der zweite, vielleicht der dritte Ballkontakt für den Youngster, den sein Coach Ali Farhadi erst in der 89. Minute eingewechselt hatte. Und es war ein besonderes Tor. Nicht nur, weil Fuchs eben gerade einmal wenige Zeigerumdrehungen auf dem Platz stand und Cordi in letzter Sekunde einen sicher geglaubten Punkt klaute. „Ich hab früher selbst für Concordia und bei Norderstedt auch mal in der A-Jugend unter Aki Cholevas gespielt“, verriet der Sieg-Torschütze nach dem Spiel, „ich kenne einige bei Cordi sehr gut. Und auch bei Aki weiß ich, wie er so ist. Ich mag ihn gerne. Erst war ich traurig, dass ich nicht von Anfang an gespielt habe, aber auch wenn es mir ein bisschen leid für Cordi tut: In unserer Situation sind drei Punkte sehr wichtig für uns. Ich freue mich sehr.“ Für ihn, so Fuchs, sei der Sieg aufgrund der Vorgeschichte „etwas ganz besonderes.“

Diese Vorgeschichte inkludiert aber nicht nur Fuchs' Vergangenheit beim Club vom Bekkamp und die Zeit als Spieler unter Cordi-Coach Cholevas, sondern auch die Tatsache, dass „ich eine schwere Vorbereitung hatte. Ich war zwei Wochen krank, musste viel arbeiten und war verletzt“, berichtete der 21-Jährige im Anschluss an die Partie, „der Trainer hat mir vor der Einwechselung gesagt, dass ich nochmal alles geben soll. Eigentlich war besprochen, dass ich eher für die Defensive reinkomme. Aber ich weiß, dass ich gut vor dem Tor bin und habe auf meine Chance gelauert. Ich bin froh, dass ich der Mannschaft am Ende so helfen konnte. Das war ein wichtiger Sieg für uns, weil wir nich unten drin stehen. Vom Potenzial her ist für uns mehr drin, wir könnten weiter oben stehen. Jetzt werden wir weiter alles geben, um uns in der Tabelle zu verbessern.“

Cholevas: „Ich bin nicht sauer. Wir haben guten Fußball gespielt“

Torschützen unter sich: Niendorfs Bo Jannik Gehrke (li.) im Kopfballduell mit Yannick Siemsen. Foto: KBS-Picture

Apropos verbessern: Viel schlechtes, so beschied „Aki“ Cholevas nach der Begegnung, habe er auf Seiten seiner Mannschaft trotz der Niederlage nicht gesehen. „Ich bin nicht sauer“, konstatierte der Coach der Concorden nach dem Schlusspfiff, „wir haben guten Fußball gespielt. Leider hat uns Benjamin Bambur vorne gefehlt (Anm.d. Red.: der Stürmer fehlt zwei Wochen, weil er auf einer Studienreise ist), der wenige Chancen zum Tor nutzt. Trotzdem sind wir in Führung gegangen und haben das Spiel beherrscht. Es fehlten nur der Abschluss oder der letzte Pass.“ Genau so sah es auf dem Kunstrasen am Sachsenweg aus: Vorm Seitenwechsel tat sich in beiden Strafräumen wenig, doch nachdem Jan Luka Segedi (31., drüber) für Niendorf und Maurizio D'Urso (22., Keeper Marcel Kindler hielt sicher) und Alexandar Mucunski (31., von Fynn Huneke auf der Linie geblockt) für Cordi erste Chancen vergeben hatten, schnürte der Spitzenreiter den NTSv mehr und mehr ein.

Allerdings zunächst weiter ohne Ertrag. Das sollte sich auch nach dem Seitenwechsel nicht ändern. Denn: Kindler lenkte nach 70 Minuten nicht nur Kevin Zschimmers Schuss ans Außennetz, sondern hatte zuvor einen Gala-Auftritt gegen Matthias Cholevas, der nach einer Kombination über D'Urso und Zschimmer volley draufhielt. Kindler vereitelte mit einer Wahnsinnsparade den Rückstand. Eine Minute später aber war er geschlagen: Timo Stegmanns kurz gespielte Ecke flankte Cholevas auf den zweiten Pfosten, wo sich Mucunski und Siemsen beinahe im Weg gestanden hätten. Letzterer kam an den Ball, manövrierte seinen Mitspieler aus der Schussbahn und versenkte den Ball zum 1:0 für Concordia in den Maschen. Der NSTV – nach dem Seitenwechsel in der ersten Viertelstunde stärker geworden – lag auf einmal doch in Rückstand.

Farhadi: „Wer schießt schon zwei Tore gegen Cordi, wenn man zurückliegt? Eigentlich keiner...“

Unter Druck gesetzt: Marvin Karow (re.) attackiert Cordis Matthias Cholevas. Foto: KBS-Picture

Doch die Hausherren gaben sich nicht auf, sondern hatten vielmehr die richtige Antwort parat. Hatte Gehrke in der 66. Minute noch Pech, als seine Bogenlampe ans Aluminium des Cordi-Kastens klatsche, so machte er es zehn Minjten später diesmal besser: Nach dem langen Zuspiel von Pascal Ehrenberg nahm Gehrke die Kugel an, sah, dass Cordis Torhüter Briant Alberti irgendwo im Nirgendwo stand und hielt drauf – drin, 1:1. „Da blocken sich Yannick Siemsen und Ronny Buchholz in unserer Abwehr gegenseitig, der Stürmer ist allein durch und Briant ohne Chance“, fasste „Aki“ Cholevas nach dem Spiel nüchtern zusammen und analysierte weiter: „Am Ende haben wir zwei individuelle Fehler gemacht. Erst den beim 1:1, dann den vor dem 1:2, wo die Ecke nie passieren darf. Das ist frustrierend. Manchmal ist es so, dass man das Spiel macht und am Ende als Verlierer vom Platz geht. Ich bin nicht unzufrieden. Wenn meine Mannschaft nicht gut gespielt hätte, dann hätte ich gesagt, dass wir in der Vorbereitung etwas falsch gemacht haben. Aber wir haben guten Fußball gespielt. Deswegen sehe ich die Niederlage auch nicht als Rückschlag.“

Für seinen Gegenüber Ali Farhadi war der dreifache Punktgewinn derweil „ein echter Coup. Das ist ein schöner Sieg, auch wenn ich letztlich mit dem 1:1 fast zufrieden gewesen wäre“, sagte der Niendorfer Trainer im Nachgang der Partie vor rund 135 Zuschauern. „Wir hatten eine abenteuerliche Vorbereitung. Aktuell trainiere ich mit 11,5 Leuten. Wir pfeifen personell aus dem letzten Loch und ich bin froh, dass wir nach der krankheitsbedingten Absage von Simon Windhoff von heute morgen Felix Dieterich aus der U19 noch dazunehmen konnten. Ich bin stolz auf die Jungs. Sie haben sich für ein gutes Spiel belohnt. Wer schießt schon zwei Tore gegen Cordi, wenn man zurückliegt? Eigentlich keiner...“ Es wäre, so Farhadi weiter, „schade gewesen, wenn wir hier mit null Punkten vom Platz gehen. Klar: Cordi ist keine Nummer, die du zum Auftakt haben willst. Aber wir wollen raus aus dem Keller. Ich denke, für Concordia war es nicht leicht, gegen uns durchzukommen. Wir haben gut gestaffelt gestanden. Cordi hat das für die Voraussetzungen, die sie haben, umständlich gemacht."

Cholevas' Entscheidung naht: Geht Cordis Coach oder bleibt er?

Trotz des skeptischen Blickes: Cordi-Coach Aki Cholevas war nicht unzufrieden, In den nächsten Tagen will der Grieche bekanntgeben, wo er seine sportliche Zukunft sieht. Foto: KBS-Picture

Ein Sieg, der – wie erwähnt – einer fixen Idee geschuldet war. Und der Mündigkeit der Spieler. „Felix Dieterich sollte die Ecke kurz spielen. Aber wir haben nicht nochmal extra von der Bank reingerufen. Er soltel die Entscheidung selbst treffen, auch wenn er noch ein sehr junger Spieler ist“, gab Farhadi zu Protokoll, „vorm Tor macht Bo Jannik Gehrke das dann richtig stark. Er stört Cordis Defensive so, dass sie den Ball nicht rausbekommt und behauptet ganz cool die Kugel. Ich will allerdings nicht groß auf die Tonne hauen, das gehört sich nicht, Wir haben das Glück gehabt, das wir gebrauchen konnten“, fasste Ali Farhadi zusammen und lobte zudem Marvin Karow, der „Cordis Aufbauspiel gut gestört hat.“

Auf der anderen Seite blieb auch nach dem Schlusspfiff die Frage nach der Zukunft von „Aki“ Cholevas, der seinen Vertrag noch immer nicht verlängert hat und dem Kontakte zum Regionalligisten Berliner AK nachgesagt werden. „Die Frage nach meiner Zukunft wird sich in den kommenden Tagen beantworten“, sagt der Coach, für den feststeht: „Aus sportlicher Sicht gibt es keinen Grund, dass Concordia nicht für die Regionalliga meldet. Wir spielen guten Fußball und werden daran auch weiter arbeiten. Alle anderen Faktoren werden im Verein besprochen.“ Und das Weben des BAK? Er wisse nichts von den Gerüchten, habe bis jetzt nicht mit den Berlinern telefoniert oder sei in der Hauptstadt gewesen, versicherte Cholevas. Reizvoll aber sei die Aufgabe: „Ich bin auf jeden Fall ein Trainer, der nicht lebenslang in der Oberliga bleiben will. Mein Ziel ist es, über kurz oder lang weiter hoch zu gehen“, verriet Cholevas, der abschließend nochmal betonte: „In den nächsten Tagen werde ich sagen, wohin ich gehe.“ Wohin er geht? Ist das etwa schon ein Wink mit dem berühmten Zaunpfahl? „Es ist noch keine Entscheidung gefallen, wirklich nicht, Wir sind alle sehr gespannt“, erklärte Cordis Ligaobmann Florian Peters auf FussiFreunde-Nachfrage zum Statement seines Coaches.

Jan Knötzsch