Oberliga

Vicky-Joker nimmt „das Herz in die Hand“ und bringt Huremovic zum Toben!

14. Oktober 2023, 02:17 Uhr

Der späte Ausgleich! Emin Brobbey (li.) ist auf und davon - und schiebt gegen Elian Clasen zum viel umjubelten 1:1 für seinen SC Victoria ein. Foto: noveski.com

In der Sommer-Vorbereitung setzte der neu zusammengestellte ETSV Hamburg beim SC Victoria Hamburg eine erste sportliche Duftmarke: Mit 5:1 triumphierte der Landesliga Hansa-Meister an der Hoheluft – und das nicht zuletzt dank der besonders motiviert und stark aufspielenden Ex-Victorianer in Reihen der Eisenbahner. Mit Jan Kämpfer, Lesley Karschau, Yannick Siemsen, Andre Monteiro Branco und Vincent Boock zog es gleich fünf Mann vom SCV zum ETSV. Mit Ausnahme von Monteiro Branco standen die anderen vier Protagonisten auch im ersten Liga-Aufeinandertreffen beider Teams in der Startformation der zuletzt immer stärker werdenden Mannen vom Mittleren Landweg (alle Highlights im LIVE-Ticker)…

Schon in der 25. Minute forderten die Gäste nach einer vermeintlichen Notbremse von Caleb Gyema (Mi., verdeckt) gegen Fabio Parduhn die Rote Karte. Aber Gelb war richtig. Foto: noveski.com

Es fehlte nicht viel – und Siemsen, Kämpfer, Karschau sowie Boock hätten bereits nach nicht einmal 80 Sekunden beim Wiedersehen ganz blöd aus der Wäsche geguckt. Einen blitzsauberen Spielzug über Tayfun Can und Alexander Borck konnte der am „Fünfer“ freistehende Charles Kouakou per Grätsche aber nicht im Eckigen unterbringen, sondern beförderte das Spielgerät übers Quergebälk (2.). Vicky begann stark, aber die Gäste wurden nach 25 Minuten immer besser – und belohnten sich kurz vor der Pause in Person von Vedat Düzgüner, der eine scharfe Hereingabe von Eudel Monteiro am ersten Pfosten in die Maschen bugsierte (38.)!

Es lief alles nach Plan für den Gast – doch die Vorentscheidung blieb aus. Sehr zum Unmut von Liga-Manager Jassi Huremovic, der nach Schlusspfiff kaum zu halten war. Ein Auszug: „Ich habe noch nie so ein schlechtes Spiel gesehen!“, echauffierte er sich über den Auftritt seiner Schützlinge, die den Sack einfach nicht zumachen konnte. Vor allem der einstige Victorianer Lesley Karschau, der von den ehemaligen Teamkollegen kaum zu halten war, hatte den zweiten Treffer gleich doppelt auf dem Fuß. Einmal rettete Luca Palzer auf der Linie und verhinderte den Einschlag (71.). Zuvor konnte „Les“ ein unnachahmliches Solo gegen Julian Pötzinger nicht krönen, sondern ging im gegnerischen Sechzehner zu Boden. Referee Marco Kulawiak (SC Teutonia 10) ließ weiterspielen.

"Für mich ist das ein klarer Elfmeter!"

Die ETSV-Führung: Vedat Düzgüner (re.) grätscht eine Monteiro-Hereingabe am ersten Pfosten ins kurze Eck. Foto: noveski.com

„Ehrlicherweise glaube ich, dass die einen Elfmeter kriegen müssen“, gab selbst SCV-Trainer Joshua Krause im Nachgang ganz offen zu. Während ETSV-Interimscoach Matthias Märtens meinte: „Für mich ist das ein klarer Elfmeter. Lesley läuft fast von der Mittellinie los, ist bei uns kein Elfmeterschütze und will gegen seinen Ex-Club das Tor selbst machen, wenn er schon so ein Solo über 45 Meter hinlegt. Ich weiß nicht, warum er da noch einen Kontakt suchen sollte, anstatt denn einfach selbst in die lange Ecke zu schieben.“ Allerdings wirkte es in der Tat so, als hätte Karschau – anstatt den Weg direkt zum Tor weiter zu verfolgen – kurz abgestoppt, den Schlenker nach innen gemacht und den Kontakt gesucht.

"Nicht clever zu Ende gespielt und ein dummes Gegentor gekriegt"

Elfmeter - oder nicht? Lesley Karschau (vo.) enteilte Julian Pötzinger und ging dann im direkten Duell im Sechzehner zu Boden. Foto: noveski.com

So blieb das Spiel offen. Bis zur 87. Minute, als „Joker“ Luca Ernst den ebenfalls eingewechselten Emin Brobbey bediente – und dieser frei vor Elian Clasen ganz cool blieb. 1:1 (87.)! „Was wir uns ankreiden müssen, ist, dass wir nicht mehr Profit aus unserem Spiel geschlagen haben. Und: Dass wir nicht den Punch hatten, das zweite Tor zu machen“, haderte Märtens, dessen Fazit dementsprechend gespalten ausfiel: „In den ersten 20 Minuten lief es nicht rund. Das haben wir dann in den Griff gekriegt und sind ein bisschen mehr ins Risiko gegangen – das hat sich ausgezahlt. Wir haben in der ersten Halbzeit sehr viel investiert und Kilometer gemacht. Letztlich haben wir es nicht clever zu Ende gespielt und ein dummes Gegentor gekriegt!“

Auch in Minute 71 verpasste Karschau (li.) gegen den Ex-Club die Vorentscheidung. Luca Palzer rettete auf der Linie. Foto: noveski.com

Ein Gegentor, für das Emin Brobbey, der in der 61. Spielminute bei einem Vierfach-Wechsel der Hausherren den Platz betrat, verantwortlich war. „Ich war mit dem Anlaufverhalten – was die Intensität angeht – nicht ganz so zufrieden. Eigentlich wollte ich doppelt wechseln, aber dann hat mir ‚Stege‘ (Timo Stegmann, Anm. d. Red.) signalisiert, dass er raus muss. Da ich das Spiel nicht zweimal innerhalb von wenigen Minuten unterbrechen wollte, habe ich den nächsten Wechsel gleich mit vollzogen“, begründete Krause seinen Entschluss, gleich viermal auf einen Schlag zu wechseln. Und er bewies schlussendlich ein goldenes Händchen.

"Die anderen Jungs müssen sich strecken"

Den Eisenbahnern fehlte im zweiten Abschnitt die Zielstrebigkeit - und so blieb die Vorentscheidung aus. Stattdessen ließ Emin Brobbey den SCV spät jubeln. Foto: noveski.com

„Wir haben so viele gute Jungs auf der Bank, die sich Woche für Woche an Arsch aufreißen. Emin ist das beste Beispiel dafür. Dass er dann das Tor macht, gönne ich ihm total, weil er extrem schwere Wochen hinter sich hat“, so Krause über den Youngster, den er schon zu U23-Zeiten unter seinen Fittichen hatte. „Ich kenne ihn schon extrem lange. Anfangs hatte er ein bisschen Probleme, was die Pressingintensität in der Rückwärtsbewegung angeht. Das haben wir lange mit ihm besprochen. Deswegen war er lange hintendran. Aber er hat sich das zu Herzen genommen, gibt im Training Gas, konnte jetzt schon zum zweiten Mal in Folge den Treffer machen und damit auch die anderen Jungs etwas ärgern. Denn die müssen sich auch strecken.“

"Insgesamt geht das Ergebnis in Ordnung"

Die Miene von Eudek Monteiro (re.) nach Schlusspfiff spricht eine deutliche Sprache. Foto: noveski.com

In seiner halben Stunde auf dem Platz konnte Brobbey zumindest schon mal mehr Akzente setzen als Nick Scharkowski über die gesamten 90 Minuten. „Die erste Phase gehört uns, wir müssen eigentlich schon nach wenigen Sekunden in Führung gehen“, sprach Krause auf den toll herausgespielten Kouakou-Hochkaräter an. „Die ersten 15 Minuten hatte der Gegner sehr große Probleme, hat dann im Zentrum umgestellt – und dann hatten wir ein bisschen Probleme. Ich glaube, insgesamt geht das Ergebnis in Ordnung“, konnte der SCV-Übungsleiter nach langem Rückstand mit dem Punkt gut leben.

Autor: Dennis Kormanjos

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