Vicky wunderbar: „Battle angenommen, nächsten Schritt gemacht“

Osdorf kassiert (historische) vierte Heimpleite - "Ball muss endlich über die beschissene Linie"

09. September 2017, 00:41 Uhr

Mit Mirco Bergmann als Anpeitscher wurde der Auswärtssieg gebührend gefeiert: Der SC Victoria gab sich auch am Blomkamp beim TuS Osdorf keine Blöße, weil man "das Battle annahm", so Coach Richter.

Die Nachspielzeit war bereits angebrochen, als Torben Krause einen allerletzten ruhenden Ball in die Victorianer Strafraum beförderte. Dort legte Jeremy Wachter ab - doch zwei Osdorfer liefen vorbei und verpassten. Eine Szene, die absolut bezeichnend für das Spiel des heimischen TuS war. Und eine Situation, die „TK9“ nur noch zu einem ungläubigen Abwinken veranlasste. Immer und immer wieder brachte Krause gefährliche Standards - doch entweder kamen sich seine Mitspieler selbst in die Quere, trafen aus kürzester Distanz den Ball nicht voll, oder agierten schlichtweg zu kompliziert. „Wenn ich wüsste, woran es liegt, dann würde ich ja gegenanarbeiten. Ich habe das Gefühl, je näher wir dem Tor kommen, desto eher springt der Ball weg oder wir kriegen ihn nicht unter Kontrolle. Wir machen aus den besten Möglichkeiten keine Tore“, verzweifelte auch Piet Wiehle.

In der Vorwoche legten seine Spieler die Messlatte ohne ihren urlaubenden Trainer noch sehr hoch, als Vicky in Wedel mit einem 6:1-Auswärtstriumph die Heimreise antrat. nun war Jean-Pierre Richter zurück und durfte sich über einen wiederum starken Auftritt seiner Schützlinge freuen. „Ich glaube, dass wir vom Ergebnis und der Darstellung des Spielverlaufs absolut zufrieden sein können“, konstatierte „JPR“, um dann mit einem Schmunzeln hinterher zu schießen: „Ich glaube, wir sind in der Auswärtstabelle Erster.“ Recht hat er - doch angesichts der Umstände, dass der SCV die komplette Hinrunde aufgrund der Umbauarbeiten im eigenen Stadion in der Fremde bestreiten wird, auch keine ganz abwegige Tatsache. Dennoch machte sein Team „nochmal einen Schritt“, wie Richter befand. „Wir haben das erste Mal zu null gespielt.“ Nichtsdestotrotz: „Wir haben noch Luft nach oben und genau das ist unsere Motivation.“

Osdorf macht "da weiter, wo man aufgehört hat" - Strömer spaziert zur Vorentscheidung

Der Jubel nach dem dritten Treffer durch Nick Scharkowski.

Hochmotiviert und mit der deutlich reiferen Spielanlage startete Victoria furios ins Spiel: Nicht einmal 240 Sekunden dauerte es, als ein traumhafter Pass aus dem Zentrum von André Monteiro Branco vom überragenden Len Aike Strömer gekonnt verarbeitet wurde. Die Osdorfer Hintermannschaft befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im Tiefschlaf. Während Strömer seine ganze Klasse unter Beweis stellte und, obwohl TuS-Torwart Patrick Hartmann bereits am Boden lag, noch einmal für den mitgelaufenen Klaas Kohpeiß querlegte. Dieser hatte keinerlei Mühe mehr - 0:1! „Wir haben mit dem frühen Tor glücklicherweise eine gute Basis geschaffen“, so Richter, „aber trotzdem fehlte ein Stück weit die Struktur - auch im Kopf.“ Auch wenn Vicky weiter zu Chancen kam - Kohpeiß scheiterte als Beispiel freistehend an Hartmann (13.) -, hatte Osdorf mit fortlaufender Spielzeit einige Chancen, um wieder für offene Verhältnisse zu sorgen. Doch da war sie wieder, die Abschlussschwäche! „Wir haben nahtlos da weitergemacht, wo wir in den letzten Spielen aufgehört haben: Wir kommen zu einer Hülle und Fülle an Großchancen, machen diese aber nicht rein und belohnen uns einfach nicht“, trauerte Wiehle den vergebenen Möglichkeiten von Melvin Bonewald (28.), der im Torabschluss ein ums andere Mal eine unglückliche Figur abgab, T. Krause (29.) sowie Eddy-Morton Enderle, der aus wenigen Metern völlig blank stehend das Tor nicht traf (40.), hinterher.

„Osdorf hat uns in der ersten Halbzeit auch aufgezeigt, wie schwierig es ist, hier zu bestehen. Viele schwer zu verteidigende Standards, unangenehme Höhe und Länge in den Bällen“, gab Richter offen zu. Nach Wiederanpfiff verpasste Nick Scharkowski den zweiten Gäste-Treffer, weil Hartmann stark entschärfte (49.). Weil die Hausherren aber auch in der Folge sehr unglücklich vor des Gegners Tor wirkten und dann auch noch hinten nicht richtig zupackten, fiel dann doch das 0:2: Strömer schnappte sich rund 40 Meter vor dem Tor die Kugel und gab sie nicht mehr her. Mit Tempo spazierte er durch die löchrige Hintermannschaft und vollendete sein Solo sehenswert (59.)! Die Vorentscheidung? Um es vorweg zu nehmen: Ja. Denn spätestens in Minute 69, als Tim Jobmann das Leder nach einem abermaligen „TK9“-Freistoß aus drei Metern mitten in die Arme von Victor Medaiyese bugsierte, war eigentlich klar: Osdorf hätte noch weitere fünf Stunden spielen können und wäre wahrscheinlich ohne eigenen Torerfolg geblieben. Stattdessen setzte die Richter-Equipe den Schlusspunkt: Scharkowski im Doppelpass mit Luca Ernst und dann mit staubtrockenem 18-Meter-Schuss ins linke untere Toreck - 0:3 (87.)!

Vier Heimpleiten am Stück: "Das gab's noch nie!"

Der Victorianer Siegerkreis nach dem Spiel.

Richter: „In der zweiten Halbzeit haben wir das Battle komplett angenommen und auch für uns entschieden. Wir waren Osdorf im Kopf und vom Körperlichen her einen Schritt voraus.“ Dabei war der Kantersieg in der Vorwoche in Wedel nicht unbedingt von Vorteil, wie Richter meint. „Mit so einem Ergebnis im Rücken hierher zu reisen, ist auch immer ein bisschen gefährlich. Vor allem, weil Osdorf zu Hause auch noch kein Spiel gewonnen hatte und man eigentlich darum weiß, wie schwer es hier eigentlich ist.“ Momentan trifft dieses „eigentlich“ ganz gut zu. Denn der TuS hat bis dato alle vier Heimspiele verloren. Ein Novum unter der Regie von Piet Wiehle. „Das gab’s noch nie“, musste dieser auch nicht lange überlegen. „Ich kann mich nicht mal daran erinnern, dass wir zu Hause so eine Negativserie hatten. Man darf aber auch nicht verkennen, gegen wen wir gespielt haben. Es ist ja nicht so, dass wir schlecht sind. Vielleicht ist es einfach so, dass wir das Quäntchen Glück, was wir in der letzten Saison oft hatten, momentan nicht haben. Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand. Im Vorjahr sind wir ähnlich gestartet und dann kam es peu a peu.“ Allerdings findet auch der TuS-Dompteur „momentan eine schwierige Situation“ vor. Wenngleich er der Meinung ist: „Ich kann der Mannschaft nicht mal etwas vorwerfen. Wir spielen gut, setzen die Gegner unter Druck, zwingen diese zu Fehlern und erspielen uns Torchancen – nur wir machen keine Tore. Ganz egal wie, der Ball muss einfach nur mal über diese beschissene weiße Linie!“ Wenn das gelingt, sollten auch die nötigen Punkte eingefahren werden, um die Liga zu halten. „Wir hatten von Anfang an keine andere Zielsetzung! Wir sind uns darüber im Klaren, dass der sechste Platz in der letzten Saison eine schöne Momenterscheinung war. Sowohl in diesem als auch in den Folgejahren wird sich an unserem Ziel aber nichts ändern: Der Klassenerhalt wird das oberste Ziel bleiben.“

Autor: Dennis Kormanjos