Oberliga

ETSV vermiest Albayrak-Debüt mit der Marschroute: Ecke, Kopfball – Tor!

17. Februar 2024, 18:39 Uhr

Ein Bild mit Symbolcharakter: Während Michel Netzbandt (li.) hadert und schimpft, huscht Matchwinner Yannick Siemsen ein verschmitztes Grinsen über die Lippen. Foto: noveski.com

13 der letzten 14 Spiele verloren. Mit drei Niederlagen aus der Winterpause gekommen. Die bedauernswerte Trennung von Cheftrainer Daniel Sager unter der Woche (HIER mehr dazu) – und dann auch noch die ständigen Platzwechsel: Für den FC Türkiye kommt es derzeit knüppeldick! Bezeichnend für die augenblickliche Situation: Die aktuelle Woche. Binnen weniger Tage wurde das Heimspiel gegen den ETSV Hamburg gleich mehrfach verlegt. Von einem Anstoß um 14 Uhr an der Landesgrenze über den Karl-Arnold-Ring um 11:30 Uhr bis hin zur Fährstrasse und zurück zur angedachten Anstoßzeit – der FC Türkiye wird rumgereicht wie sonst was. Dazu die spannende Frage: Wer würde gegen die ambitionierten Eisenbahner auf der Bank der Wilhelmsburger Platz nehmen und die Nachfolge von Sager antreten?

Das einzige Tor des Tages: Yannick Siemsen (li.) behauptet sich nach einer Kämpfer-Ecke in der Luft gegen Oguz Koras und nickt zum ETSV-Sieg ein. Foto: noveski.com

Die Begrüßung vor dem Spiel zwischen Berkan Algan und Erhan Albayrak fiel sehr herzlich aus. Auch nach den 90 Minuten (alle Highlights im LIVE-Ticker) gratulierte Albayrak seinem Gegenüber sportlich-fair zum Sieg, ehe er mit einem Augenzwinkern anfügte: „Ich setze ihn gleich mal etwas unter Druck. Wenn du solche Spiele gewinnst, dann musst du am Ende auch aufsteigen“, scherzte der 46-Jährige, der zurück in der Hansestadt und zurück beim FC Türkiye ist. Albayrak, der im Sommer 2016 schon mal an der Landesgrenze tätig war, ehe er ein Angebot vom damaligen Regionalligisten RW Ahlen wahrnahm und zuletzt in der Türkei sowie beim Bremer Fußball-Verband tätig war, feierte am Samstagnachmittag sein Debüt an der Seitenlinie der Wilhelmsburger.

"Finde es nicht lustig, weil das Verletzungsrisiko gegeben war"

Der Jubellauf von Yannick Siemsen (Mi.) nach seinem Treffer führte direkt in die Arme von Ersatz-Keeper Mauro Alcaraz. Foto: noveski.com

Ein Debüt, das kurzzeitig auf der Kippe stand. Denn die Gäste vom Mittleren Landweg monierten die Platzverhältnisse an der Fährstrasse, so dass sich der Anpfiff deutlich verzögerte. „Es war absolut kein Fußball spielen möglich, sondern gab heute nur eine Art – mit langen Bällen zu agieren“, monierte Algan – und führte aus: „Wir hatten vor dem Spiel arge Bedenken aufgrund der ganzen Maulwurfshügel. Ich finde es auch nicht lustig, weil die Gefahr einer Verletzung auf beiden Seiten einfach gegeben war. Zumal das Spiel ja eigentlich auch auf Kunstrasen unter vernünftigen Bedingungen angesetzt war. Dass man dann hier auftauchen und antreten muss, ist etwas, was einen als Trainer natürlich nicht glücklich stimmt. Wir haben uns mit Passspiel warmgemacht – und das ging schon nicht. Das finde ich dann arg bedenklich.“

"Wir üben Standards – und wissen, was wir da zu tun haben"

Das Motto: Lang und weit bringt Sicherheit. Oder aber: Alles auf Standardsituationen. Avancierte in der Vorwoche beim hart erkämpften 2:1-Sieg gegen den FC Alsterbrüder noch Ruslan Marushka als „Kopfball-Doppelpacker“ zum Matchwinner, war es nun Innenverteidiger-Kollege Yannick Siemsen. In der 19. Spielminute schädelte Siemsen eine Ecke von Jan Kämpfer zum siegbringenden Treffer in die Maschen! „Wir üben die Standards, wir spielen die Standards gut – und wir wissen, was wir da zu tun haben. Da muss man die beiden Jungs loben, aber auch gleichzeitig kritisieren, weil wir allein in der Rückserie schon mindestens sechs Tore mehr nach Standards hätten haben müssen. Das wissen die Jungs auch. Und wir haben über die ganze Saison gesehen auch viel zu viele Gegentore kassiert. Das müssen sie sich dann auch ankreiden. Aber für einen großen Innenverteidiger mit einem guten Timing sind die Standards dankbar“, so Algan, der beinahe noch Siemsens zweiten (Kopfball-)Treffer nach einem ruhenden Ball sah. Allerdings verfehlte er diesmal völlig freistehend das Ziel (71.).

Babuschkin nicht zu bezwingen

Erhan Albayrak feierte sein Debüt als neuer Cheftrainer des FC Türkiye - und musste eine unglückliche Pleite hinnehmen. Foto: noveski.com

Am Ende machte also ein Tor den Unterschied aus. Dabei gab es auf beiden Seiten reichlich Chancen. Insbesondere die Hausherren hatten allein in den ersten 45 Minuten drei Hundertprozenter auf dem Fuß. Doch weder Yigit Yagmur (2.) noch Elyesa Pekin (21.) oder auch Michel Netzbandt (28.) konnten den besten Eisenbahner, Torwart Gianluca Babuschkin, freistehend bezwingen. Es soll zurzeit einfach nicht sein und passte ins Bild, als Siemsen einen Netzbandt-Schuss blockte und Türkiye vehement einen Handelfmeter forderte, dass auch da das Quäntchen fehlte und der Pfiff ausblieb (39.). Hat die bessere Mannschaft an diesem Nachmittag verloren? „Auf jeden Fall wollten wir mehr“, entgegnete Neu-Coach Albayrak.

Türkiye verpasst den Ausgleich

Michel Netzbandt (re.) zieht ab - und dann blockt Yannick Siemsen den Schuss. Mit der Hand? Foto: noveski.com

Während der überaus unglückliche Christian Stark im zweiten Abschnitt das vermeintlich vorentscheidende 2:0 verpasste, als er an Mihailovic scheiterte (53.), vergaben auf der anderen Seite Inan Türkad nach einem Querschläger von Eudel Monteiro (60.) und Netzbandt, dessen Distanzschuss nur knapp am Pfosten vorbei huschte (72.), den möglichen Ausgleich. Aber: Der Einsatz stimmte. „Jungs, habt die Gier, das Tor zu machen“, pushte Albayrak seine Mannen von außen- Während Oguz Koras forderte: „Kommt, Jungs – Kräfte mobilisieren!“ In der Schlussphase stellte Albayrak auf ein 4-4-2 um, warf noch einmal alles nach vorne. Aber der Torerfolg blieb aus.

"Mit dieser Leistung brauchen wir uns vor keiner Mannschaft verstecken"

ETSV-Angreifer Christian Stark (li.) verpasste die Vorentscheidung, indem er den Ball ins lange Toreck "telefonierte", was Goran Mihailovic ahnte. Foto: noveski.com

„Wir haben mehr Zweikämpfe gewonnen und ich finde auch, klar die besseren Torchancen gehabt, aber sind einmal unaufmerksam bei einem Standard. Und eine Mannschaft wie der ETSV, mit so vielen Regionalliga-erfahrenen Spielern, nutzt das natürlich sofort aus, wenn du einmal pennst. Aber ich kann meiner Mannschaft nur ein großes Kompliment aussprechen. Mit dieser Leistung brauchen wir uns vor keiner Mannschaft verstecken. Das Ergebnis stimmt nicht, aber ich bin stolz auf die Truppe. Darauf kann man auf jeden Fall aufbauen“, urteilte Albayrak nach seiner Premiere an der Seitenlinie.

Während Algan bilanzierte: „Die Mannschaft hat das angenommen und auch kämpferisch alles gegeben, aber unsere fußballerischen Züge haben wir gar nicht zur Geltung bringen können. Trotz alledem müssen wir eigentlich vier, fünf Dinger machen. Daran müssen wir noch arbeiten. Ich bin froh, dass wir das Spiel 1:0 gewonnen haben und haken das damit auch ab.“

Autor: Dennis Kormanjos

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