Oberliga

Fast MSV, nun AFC: „Dreigestirn“ tut Meiendorf im „Bruder-Duell“ weh!

Saglam: „Schade, dass wir solche Spieler nicht verpflichten konnten“

21. April 2019, 21:25 Uhr

Doppel-Torschütze und Doppel-Vorbereiter beim Jubel: Hischem Metidji (re.) und Onur Saglam. Foto: Olaf Both

Hischem Metidji, Benjamin Safo-Mensah und Onur Saglam: Ein AFC-Trio, das an der B75 in besonderem Maße auftrumpfte (alle Highlights im LIVE-Ticker) – und beinahe mal beim Gegner gelandet wäre. Letztgenannter allein schon aufgrund seiner familiären Verbindung zu Meiendorf-Coach Baris Saglam. „Sportlich nehme ich da keine Rücksicht drauf, dass er mein Bruder ist. Er hat heute auch was zu spüren bekommen“, so Baris mit einem Augenzwinkern über Onur. „Auf dem Platz trennen wir das auf professioneller Ebene, außerhalb des Platzes habe ich ihm zu einer bärenstarken Leistung gratuliert – und das auf einer, für meine Verhältnisse, ungewohnten Position. Deshalb auch in die Richtung Glückwunsch an Berkan, dass er da wohl andere Qualitäten gesehen hat, als die, die ich bisher von ihm kannte“, scherzte er.

Schiedsrichter Björn Lassen zeigt auf den (Elfmeter-)Punkt. Foto: Olaf Both

Während Metidji vor seinem Wechsel an die AJK ebenso ein mehr als nur ernsthaftes Thema beim MSV war, stand man auch mit Safo-Mensah „sehr lange in Kontakt“, wie Saglam auf der Pressekonferenz nach dem Aufeinandertreffen verriet. „Nach seiner Zeit bei Weiche Flensburg hat er sich bei uns fit gehalten und wir waren schon relativ weit – aber dann kam Altona ins Spiel und der Spieler war weg...“, sprach er auf die ganz anderen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten des AFC an, ehe er zu diesem Thema abschließend erklärte: „Schade, dass wir solche Spieler nicht für uns verpflichten konnten.“ Ob’s dann zu einem Meiendorfer 4:0-Sieg über den Oberliga-Primus gereicht hätte, sei mal dahingestellt. Aber: Das Altonaer „Dreigestirn“ hat dem MSV – ohne den kranken Kevin Heitbrock und den gelbgesperrten Michael Sara – richtig weh! Hischem Metidji war an nahezu allen gefährlichen Situationen beteiligt und glänzte als Doppel-Torschütze (37., 59.). Beide Male fungierte Onur Saglam als kongenialer Zuarbeiter. Und Benjamin Safo-Mensah? Der „Abwehrrecke“ verhinderte zunächst das mögliche Meiendorfer 1:3, als er einen Kopfball von Ephrahim Kofi Asante aus wenigen Metern von der Linie schädelte (73.), um wenige Augenblicke später auf der anderen Seite eine Gebissa-Ecke zum 4:0-Endstand zugunsten seiner Altonaer einzunicken (79.).

„Haben die entscheidenden Situationen in Tore ummünzen können“

Marco Schultz (2. v. li.) nutzt den Strafstoß zur Führung. Foto: Olaf Both

Nur am Führungstreffer durch Marco Schultz, der einen von Athanasios Alexandros Tatsis an Alexander Vojtenko verursachten Strafstoß sicher verwandelte (33.), war keiner des Trios direkt beteiligt. Nichtsdestotrotz sei dieses 1:0 „der Brustlöser für Altona“ gewesen, wie Baris Saglam hinterher befand, „danach waren sie befreiter in ihren Aktionen“. Denn bis zu diesem Zeitpunkt taten sich beide Mannschaften enorm schwer, offensive Akzente zu setzen. „Es gibt einfach Momente, die man für sich gewinnen muss – das ist ins heute gelungen“, konstatierte AFC-Trainer Berkan Algan. „Wir haben verdient gewonnen, keine Frage – aber man kann einen Gegner auch ins Spiel kommen lassen. Das haben wir fast getan“, fügte er an – und sprach damit auf „ein, zwei Situationen“ an, „wo Meiendorf das 1:2 hätte machen müssen. Stattdessen machen wir dann in dieser Phase das 3:0.“ Und weiter: „Wir haben heute die entscheidenden Situationen in Torerfolge ummünzen können.“

„Altona hat jede Situation effektiv genutzt und mit unbedingtem Willen die Null gehalten“

Hischem Metidji (re.) verdoppelt die Führung nur kurz nach dem 1:0. Foto: Olaf Both

Ganz im Gegensatz zu den Hausherren, denen lange Zeit jegliche Torgefahr abhandenkam. Nach der Pause aber ließ man einige Chancen – unter anderem ein Pfostenschuss von Tatsis aus wenigen Metern (83.) – ungenutzt. „Entscheidend waren heute Einstellung und Chancenverwertung“, befand Saglam – und führte dann erklärend aus: „Einstellung insofern, weil ein Klassenunterschied zu erkennen war, dass wir die wenigen Chancen, die wir kreiert haben, nicht reingemacht haben. Und Altona hat gefühlt jede Situation, wo sie vor unserem Tor waren, auch effektiv genutzt. Das hat dann auch was mit Einstellung zu tun - genauso wie bei dem Chaos in der Box, wo sie mit vier Mann auf der Linie stehen und mit unbedingtem Willen die Null halten wollen“, womit er auf Safo-Mensahs Rettungstat und die Altonaer Effektivität, die erst in der Schlussphase, als man noch zahlreiche Konterchancen ausließ, leichte Risse bekam, ansprach. Dennoch: Der AFC bewältigte die schwierige Auswärtshürde souverän, ließ nichts anbrennen, trotzte dem Boock-Ärger (soll bei Teutonia 05 unterschrieben haben) und baute auf beeindruckende Art und Weise die Tabellenführung wieder aus. „Dass viele Top-Vereine hier schwierige 90 Minuten haben, ist auch ein Verdienst des Trainers“, fand Algan überaus lobende Worte für seinen Gegenüber. „Die Meiendorfer Truppe ist extrem robust, willensstark und kann 90 Minuten marschieren.“

Algan über Metidji: „Er ist ein begnadeter Fußballer - aber das reicht nicht“

Am Ende durfte der AFC einen souveränen 4:0-Auswärtserfolg feiern. Foto: Olaf Both

Umso erfreuter war Algan, dass seine Schützlinge die Hürde nahmen – auch dank „Youngster“ Hischem Metidji, dessen Potenzial Algan „in fünf Minuten Probetraining gesehen“ hat. Allzu sehr wollte er den 19-Jährigen aber nicht in den Himmel loben. Eher das Gegenteil war der Fall. „Er soll weiter lernen und auf dem Boden der Tatsachen bleiben“, so Algan ganz trocken, ehe er sich doch noch die eine oder andere Lobhudelei entlocken ließ: „Er ist noch nicht am Ende seiner Entwicklung – auch wenn er wahnsinnige Sprünge macht, weil er zuhört und eine gewisse Bindung spürt. Er ist ein begnadeter Fußballer“, findet der AFC-Übungsleiter, um hinterherzuschicken: „Aber das reicht nicht. Er entwickelt sich, ich helfe ihm, wo ich kann – und alles andere ist sein Job. Dass er heute an vielen Situationen beteiligt war, liegt auch daran, dass er auf einer Position spielt, wo Tore geschossen werden.“ Man mache viel zu oft den Fehler, so Algan, „dass man Kreativspieler über den grünen Klee lobt. Es ist immer ein Zusammenspiel und jeder hat seine Aufgaben. Dafür köpfen und boxen die anderen dahinter alles weg.“ Es gebe Spieler, die einen unglaublich großen Führungsstil haben – und eben die Spielertypen, die über ein extrem hohes Kreativpotenzial verfügen. Darunter eben auch ein Hischem Metidji…

Autor: Dennis Kormanjos