Oberliga

„Tauben-Torsteher“ als Garant: Süderelbe „bezahlt bitter“ und teuer – Paloma mit Last-Minute-Moral!

10. Februar 2024, 00:11 Uhr

Paloma-Kapitän Moritz Niemann ballt nach seinem Pass zum Last-Minute-Ausgleich die Fäuste. Foto: noveski.com

„Kommt, Männer! Jetzt erst recht“, trieb Stefan Arlt seinen FC Süderelbe von der Seitenlinie gewohnt lautstark nach vorne. Dass „Jetzt erst recht“ bezog sich in diesem Atemzug auf eben jenen Umstand, dass der Cheftrainer der „Kiesbargler“ bereits nach 25 Minuten verletzungsbedingt wechseln und seinen „Leader“ Can Kömürcü vom Platz nehmen musste (alle Highlights im LIVE-Ticker). Beim Versuch, den Ball an der Torauslinie im Spiel zu halten, erwischte Quincy Adjei den per Grätsche am Boden liegenden Kömürcü unbeabsichtigt am Knöchel. Der Süderelbe-Akteur schrie auf und musste gestützt von einem Betreuer, Mitspieler Erolind Krasniqi sowie Trainer Arlt vom Feld getragen werden. „Es sieht nach einer schweren Prellung des Syndesmosebandes aus. Aber es muss natürlich noch ein MRT zum Absichern gemacht werden“, wagte Arlt anschließend eine erste Ferndiagnose. Von dieser Seite: Die allerbesten Genesungswünsche!

Jorge Camacho nimmt ein Geschenk der Paloma-Defensive dankend an und schießt zur Führung für seinen FC Süderelbe ein. Foto: noveski.com

Es schien so, als hätte er bereits eine Vorahnung gehabt: „Der nächste Konter muss jetzt mal sitzen. Deckel draufmachen!“, forderte Arlt im zweiten Abschnitt von seinen Mannen, die sich immer wieder gefällig in Tempo-Gegenstößen vor des Gegners Tor durchkombinierten. Das Problem: Das Runde wollte einfach nicht zum vermeintlich vorentscheidenden 2:0 ins Eckige. „Eins ist klar: Wenn wir das zweite Tor machen, gewinnst du das Spiel“, befand Arlt. Doch eben jenem zweiten Torerfolg stand vor allem ein Mann im Weg: Tjark Grundmann. „Er hat uns ein-, zweimal überragend am Leben gehalten“, gestand auch USC-Coach Marius Nitsch.

Der „Tauben“-Torsteher parierte allein im zweiten Durchgang einen Kopfball von Nico Reinecke (58.), einen satten Distanzkracher von Ljubisa Panic (65.), nach zwei Bilderbuch-Kontern im Eins-gegen-Eins gegen Jorge Camacho (72.) und Marius Wilms (82.) sowie einen Kunstschuss von Erolind Krasniqi aus 35 Metern, wo Grundmann gerade noch die Fingerspitzen noch ran bekam und die Kugel an die Oberkante der Latte lenkte (79.)! „In der Phase war es super wichtig, dass Tjark uns im Spiel gehalten hat. Wir mussten uns ein bisschen offener positionieren und mehr ins Risiko gehen. Gerade dann, wenn du zu Beginn etwas tiefer verteidigst und 0:1 zurückliegst, geht das natürlich genau gegen den Matchplan. Und ich glaube, man hat an der Körpersprache bei Süderelbe gemerkt, dass da schon auch ein gewisses Hadern und etwas Verzweiflung mit drin war – und wir in der Endphase schon ein bisschen in die Köpfe reingekommen sind“, so Nitsch.

"Albi" lässt Paloma jubeln - Camacho nimmt Geschenk dankend an

Jorge Camacho hebt ab! Unbändiger Jubel des Süderelbe-Flügelflitzers nach seinem Führungstreffer. Foto: noveski.com

Es lief bereits die Nachspielzeit, als Moritz Niemann noch einmal seine ganze Klasse zeigte, den Ball aus zentraler Position hinter die Kette chippte – und der teilweise unorthodox agierende „Joker“ Luca Albrecht urplötzlich freie Fahrt hatte. Von halblinks schoss er das Spielgerät durch die Hosenträger von Armand Demalija zum Ausgleich in die Maschen (90. +1)! Und beinahe hätte der ebenfalls eingewechselte Kevin Lohrke sogar noch für den kompletten Tauben-Freudentaumel gesorgt, scheiterte aber an Demalija (90. +3). Schluss! „Paloma, geile Moral!“, ballte Niemann nach dem Abpfiff die Fäuste und schrie seine Freude über den Last-Minute-Punkt heraus.

„Wir wussten, dass Süderelbe immer wieder hoch anläuft und wollten die Pressing-Linie überspielen. Da ist das dann natürlich ärgerlich, dass wir das Tor leider mal wieder herschenken und so in Rückstand geraten“, sprach Nitsch auf die 29. Minute an, als Colin Blumauer mit seinem Querpass nicht Mitspieler Max Grablewski, sondern den dazwischen spritzenden Camacho fand. Eiskalt vollstreckte dieser zur Süderelbe-Führung! „Ich fand trotzdem, dass wir immer wieder unsere Chancen hatten – auch in der ersten Halbzeit schon“, so Nitsch. Aber auch nach der Pause, als Rückkehrer Soleiman Kazizada das Angriffsspiel der Gäste belebte – und sieben Minuten vor Ultimo bereits „den Ausgleich hätte machen müssen“, haderte Nitsch, dass Kazizada eine Hereingabe von Martin Werner aus kürzester Distanz hauchzart am langen Eck vorbei legte (83.).

"Denke, dass der Punkt in Ordnung geht"

Tjark Grundmann (re.) rettet gegen den vor ihm auftauchenden Erolind Krasniqi. Foto: noveski.com

Es war nicht die einzige Gelegenheit der Uhlenhorster. „Von den Torchancen her denke ich, dass der Punkt schon in Ordnung geht. Ich finde nicht, dass Süderelbe uns komplett an die Wand gespielt hat“, bilanzierte Nitsch nach einem phasenweise „sehr wilden und hektischen Spiel“ am Kiesbarg. „Man hat gesehen, dass beide Teams Respekt voreinander hatten und nicht zu großes Risiko gehen wollten. Deswegen gab es auch viele lange Bälle, was von uns heute auch ein bewusstes Stilmittel war. Natürlich würde man auch gerne mal wieder zu Null spielen. Aber wenn man mal sieht, mit was für Spielern die bestückt sind, dann kann man vollkommen zufrieden mit dem Auswärtspunkt sein.“

"Das haben wir bitter bezahlt"

Immer wieder hielt Grundmann seine "Tauben" mit spektakulären Paraden im Spiel - ob aus der Distanz oder im Eins-gegen-Eins. Foto: noveski.com

Die Einwechselspieler brachten nochmal Schwung ins Spiel der Gäste. Bei den Hausherren sei „der Wechselplan“ hingegen „voll in die Hose gegangen – und das haben wir bitter bezahlt“, deutete Arlt auf die verletzungsbedingten Auswechslungen von Kömürcü Mitte der ersten Halbzeit und Tom Sethmacher (Schlag auf die Rippe) kurz nach Wiederanpfiff an, womit zwei Wechselfenster flöten gingen. „Unabhängig von den Möglichkeiten, wovon unsere auch klarer und gut kombiniert herausgespielt waren, finde ich schon, dass wir mehr für das Spiel gemacht haben. Wir haben viel investiert. Und das ist uns am Ende des Spiels vor die Füße gefallen. Die konnten munter durchwechseln, wir hatten einen anderen Wechselplan und noch ein paar Waffen draußen“, war Arlt aber schon vorzeitig zum Handeln gezwungen.

"Hatte nicht das Gefühl, dass die in unseren Köpfen waren"

Der Last-Minute-Ausgleich: Luca Albrecht (li.) jagt einen Niemann-Heber durch die Hosenträger von Süderelbe-Keeper Armand Demalija in die Maschen - 1:1. Foto: noveski.com

Es seien „ein paar Kleinigkeiten zusammengekommen“, meinte Arlt auch jene Szene, die zum Ausgleich führte, und von seinen Jungs als „klares Abseits“ moniert wurde. „Wenn du von draußen zuguckst und siehst, wie deine Jungs, die wirklich alles reingeschmissen haben, am Sterben sind, dann tut das echt weh. Ich finde, dass das so ein Spiel war, wo das 1:0 leistungsgerecht gewesen wäre. Wir hatten einfach nicht das Spielglück auf unserer Seite.“ Er habe „schon gedacht, die Jungs kämpfen das zu Ende – und dann kommt so eine knifflige Entscheidung. Dass immer ein Tor fallen kann, ist klar. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass die in unseren Köpfen waren. Denn dafür haben wir das immer noch gut rausgespielt.“ Doch dann kam die Nachspielzeit…

Autor: Dennis Kormanjos

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