LOTTO-Pokal

Großer Unmut bei Vicky: Unterziehhose entscheidet Spiel!

01. August 2023, 23:11 Uhr

Nick Gutmann (Mi.) bejubelt seinen Treffer in der Nachspielzeit zum 2:0-Sieg - nachdem er gerade erst den Platz betreten hatte. Foto: noveski.com

„Er hat vor dem Spiel alle Spieler kontrolliert, das Go gegeben – und dann fällt ihm in der 70. Minute bei einem Standard von Norderstedt ein, dass er unseren zentralen Innenverteidiger rausschicken muss, weil er scheinbar eine andersfarbige Unterziehhose drunter hat und lässt ihn dann vier Minuten lang draußen stehen. Dass wir so das 0:1 kriegen, ist einfach nur ein krasser, krasser Nackenschlag!“ Nicht erst nach dem Spiel, sondern schon unmittelbar nach der vermeintlich spielentscheidenden Szene war Joshua Krause außer sich. „Die Gelbe Karte habe ich bekommen, weil ich gemeckert habe – und das auch zurecht. Der Schiri hat nur gesagt, das wäre nicht sein Thema. Und das finde ich super respektlos!“

Weil die Thermo-Unterhose einen winzigen Deut rausguckte und nicht die Farbe der Hose trug, wurde Nikolas Mallwitz vom Platz beordert. Die spielentscheidende Szene. Foto: noveski.com

Doch was genau war passiert, was Krause derart auf die Palme brachte? Bis zur 70. Spielminute hielt der SC Victoria Hamburg im LOTTO-Pokal-Zweitrundenduell gegen den favorisierten FC Eintracht Norderstedt (alle Highlights im LIVE-Ticker) die Null. Dann kam es zu einem ruhenden Ball am gegnerischen Sechzehner zugunsten des Regionalligisten, als Schiedsrichter Furkan Cevdet Vardar (RW Wilhelmsburg) plötzlich Vicky-Verteidiger Nikolas Mallwitz vom Platz schickte. Der zur zweiten Halbzeit eingewechselte Innenverteidiger soll eine andersfarbige Unterziehhose unter der Shorts getragen haben. Mallwitz spurtete vom Platz in Richtung WC-Container am Ausgang, entledigte sich seiner Unterziehhose und signalisierte, wieder auf den Platz zurückkehren zu wollen.

Mallwitz muss draußen bleiben, Selutin trifft!

Die umstrittene Norderstedter Führung: Nick Selutin (Mi.) schiebt ins leere Tor ein. Foto: noveski.com

Das Problem: Das Gespann machte zunächst keine Anstalten, den 27-Jährigen wieder ins Geschehen eingreifen zu lassen, obwohl Norderstedt den Ball inzwischen sogar im eigenen Aufbau tief in der eigenen Hälfte hatte. Ein, zwei Minuten lang war der Abwehrhüne an der Seitenlinie zum Zuschauen verdammt. Und genau in jener Phase kam es dazu, wozu es fast schon kommen musste. Norderstedt spielte einen Angriff schnell aus, Nils Brüning war rechts im Strafraum auf und davon und legte quer. Jonas Behounek schlug ein Luftloch, wodurch Nick Selutin freie Bahn hatte und den Führungstreffer der Garstedter besorgte (70.)!

„Ich finde, wir haben ein richtig vernünftiges Spiel gemacht gegen einen guten Gegner, der uns alles abverlangt hat. Aber es fällt mir momentan noch ein bisschen schwer, zu akzeptieren, dass wir auf diese Art und Weise und durch solche Eingriffe verlieren“, haderte Krause – und mutmaßte: „Vielleicht wären wir mit einem 0:0 ins Elfmeterschießen gegangen. So kriegen wir das erste Tor durch eine Frechheit!“ Weiter befand der Übungsleiter des Oberligisten, „dass die Unparteiischen heute auf beiden Seiten nicht ready für so ein Spiel waren.“

"Ich kann verstehen, dass der Unmut bei Vicky groß ist"

Eine weitere klare Fehlentscheidung: Der Victorianer Nikolas Mallwitz (Mi.) verlängert den Ball mit dem Kopf... Foto: noveski.com

Angesprochen auf jene Szene, entgegnete Norderstedt-Trainer Olufemi Smith: „Es gibt 1000 Regeln im Fußball, über die man diskutieren kann. Ich finde es auch sehr unglücklich in der Situation und es ist auch für den Spieler mehr als nur ärgerlich, aus der defensiven Aktion raus zu müssen. Das ist wirklich bitter. Ich kann verstehen, dass der Unmut darüber bei Vicky groß ist“, fand er sehr ehrliche Worte, konstatierte aber auch: „Über das ganze Spiel gesehen war das ein verdienter Sieg. Speziell in der ersten Halbzeit hatten wir wesentlich mehr vom Spiel und die absolute Spielkontrolle.“ Allerdings fehlte es an wirklich zwingenden Chancen. „Das war so ein bisschen das Manko.“

Und damit der Reihe nach. Als seine Teamkollegen noch einmal zu einem kleinen Kreis zusammenkamen, bevor der Weg durch den Spielertunnel in die Kabine zur Halbzeitpause und zur Ansprache von Chefcoach Krause führte, spendete Kapitän Timo Stegmann ihnen eifrig Beifall. 45 Minuten waren im Stadion Hoheluft gespielt – und der „Underdog“ hielt gegen den Regionalligisten dagegen. Eine Pokal-Überraschung lag bis zu diesem Zeitpunkt in der Luft. Und auch nach der Pause tat sich der klassenhöhere Gast lange Zeit sehr schwer.

Borck mit Führungschance

... und Jonas Behounek schießt ein. Doch der Treffer wurde wegen Abseits zurückgepfiffen. Dabei kam der Ball vom Gegner und im Abseits stand Behounek auch nicht. Foto: noveski.com

Der Oberligist hatte sogar die Chance zur Führung, als Alexander Borck einen langen Ball von Sönke Meyer technisch stark aus der Luft und an Dane Kummerfeld vorbei pflückte – und plötzlich rechts im Strafraum freie Schussbahn hatte. Allerdings verzog der „Flügelflitzer“ des SCV recht deutlich (12.). Die größte Möglichkeit der Eintracht vergab Jonas Behounek nach einer Kummerfeld-Ecke, als Torhüter Henrik Bahlmann am Ball vorbeisegelte und Stegmann auf der Linie den Einschlag verhinderte (32.). Apropos Bahlmann: Der Vicky-Keeper sah bei Standards oft nicht wirklich gut aus, musste aber in der ersten Minute der Nachspielzeit (!) das allererste Mal wirklich sein Können aufbieten, als die Hausherren nach dem Rückstand bereits aufgemacht hatten und Selutin am Fänger scheiterte (90. +1).

"Jeder, der zugeschaut hat, wird beeindruckt gewesen sein"

Nick Gutmann stand keine zehn Sekunden auf dem Platz, als er den Deckel draufmachte. Foto: noveski.com

Ansonsten verfehlten die Smith-Schützlinge das Ziel oftmals knapp. Als die Krause-Kicker noch einmal alles nach vorne warfen, sogar Bahlmann rückte bei einem Freistoß mit auf, kassierte Victoria mit der letzten Aktion das 0:2. Der keine zehn Sekunden auf dem Platz befindliche Nick Gutmann vollstreckte nach einer Kopfballverlängerung von Behounek zum Endstand (90. +4). Hürde genommen! Trotz der kürzeren Regenerationszeit nach dem Spiel am Sonntag – während die Mannen von der Hoheluft schon am Freitag ran durften. „Wir hätten gerne einen Tag mehr gehabt. Ich wusste aber, dass wir sehr gut gearbeitet haben und bei Kräften waren“, so Smith.

Währenddessen bilanzierte Krause: „Ich kann meinen Jungs keinen Vorwurf machen. Die haben Gas gegeben und gefightet. Und ich glaube: Jeder, der heute zugeschaut hat, wird beeindruckt gewesen sein. Gerade die ersten 20 Minuten in der zweiten Halbzeit waren gut.“ Am Ende wurde der Favorit seiner Rolle aber gerecht – wenn auch von einer überaus umstrittenen Situation begünstigt…

Autor: Dennis Kormanjos