Lasst Blum sprechen: MSV blüht auf, Schwarzenbek geht ein

Meiendorfs Stürmer wird beim 7:1-Sieg zum Vierfach-Vollstrecker

25. März 2017, 19:00 Uhr

Ab geht's zum Jubeln: der überragende Andrej Blum. Archivfoto: noveski.com

Der Meiendorfer SV bleibt in der Landesliga Hansa weiterhin zumindest auf Tuchfühlung mit den Mannschaften an der Spitze. Gegen Schlusslicht SC Schwarzenbek fuhr die Mannschaft von Trainer Fatih Ergün einen ungefährdeten 7:1-Eefolg ein. Bester Mann war dabei Andrej Blum, der vier Mal traf und ein Tor vorbereitete. „Wir wünschen uns, dass er jede Woche so trifft“, verriet sein Coach mit einem Lächeln auf den Lippen, während der SCS nicht nur das Spiel sondern auch Max Nowak verlor. „Das ist eine Katastrophe für uns“, so Schwarzenbeks Trainer Sven Reinke zum verletzungsbedingten Ausscheiden seines Kapitäns. 

Irgendwie wirkte es so, als hätte sich Sven Reinke in sein Schicksal ergeben. Wie angewurzelt stand der Trainer des SC Schwarzenbek vor der Ersatzbank. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Der rechte stützte dabei den linken Arm, die linke Hand hielt Reinke in Denkerpose am Kinn. So verharrte er in seinem dunklen Trainingsanzug. Minutenlang. Quasi ohne sich auch nur annähernd zu bewegen. Durch die dunkle Sonnenbrille betrachtete er still das Treiben vor ihm auf dem Spielfeld. Dunkel, um beim Stichwort zu bleiben, verlief auch dieser Samstag letztlich für die Europastädter und ihren Coach. Als Schiedsrichter Enis Mejahdi (Germania Schnelsen) die Partie in der „Flens-Arena“ abpfiff, hatte der Meiendorfer SV mit 7:1 die Nase vorn. Vielleicht war es gut, dass die Sonnenbrille in diesem Moment keinen Blick in Reinkes Augen zuließ. Die, so sagt man ja gemeinhin, sind der Spiegel der Seele. Und selbige dürfte nach einer so klaren Pleite doch ziemlich geschunden sein – oder? Doch dazu später mehr.

SCS-Kapitän Max Nowak muss mit Verdacht auf Bänderriss im Knöchel raus

Zwei Tore, zwei Vorlagen: Meiendorfs Osman Celik (li.), der sich hier mit Teamkollege Seth Beyer freut. Archivfoto: noveski.com

Steigen wir erst einmal in den Spielfilm der Begegnung vor den offiziell 176 zahlenden Zuschauern ein: Und in dem spielt Andrej Blum eine bedeutende Rolle. Nach zehn Minuten versuchte sich Meiendorfs Stürmer ein erstes Mal. Ohne Erfolg. Vier Minuten später setzte sich Max Rosseburg rechts durch und schoss aufs Tor. Keeper Lucas Scheunemann ließ abklatschen. Blum war zur Stelle – 1:0. Der Torschütze hätte anschließend (16., 30.) nachlegen können, blieb aber vorerst glücklos. So wie David Peixoto Goncalves, der nach 35 Minuten an die Latte köpfte. Doch der MSV, speziell Andrej Blum, hatte sein Pulver für den ersten Durchgang noch nicht verschossen. Zwei weitere Male hieß es auf dem Rasen nicht „Lass Blumen sprechen“, sondern: „Lass Blum sprechen“.

Szene eins: Osman Celik passt von links auf Blum – 2:0 (41.). Szene zwei: Rosseburg legt Blum das Leder aus der eigene Hälfte heraus vor, der Stürmer überlupft Scheunemann – 3:0. Ebenso bitter aus Schwarzenbeker Sicht wie die drei Einschläge vorm Pausentee: Kapitän Max Nowak musste nach einem Foul verletzt runter, wurde letztlich sogar mit dem Krankenwagen abtransportiert (44.). „Er hat ein so dermaßen dick geschwollenes Ei am Knöchel, dass ich mal vermute: Da ist mindestens ein Band durch“, so SCS-Coach Reinke, „das ist für uns eine Katastrophe. Wir haben so oder so meistens nur 15, 16 Mann zur Verfügung. Diesmal mussten wir sogar wieder auf zwei Spieler aus der Altherren-Mannschaft zurückgreifen.“

Reinke: „Das 1:7 sieht krass aus und ist um zwei, drei Tore zu hoch“

Sah nicht immer gut aus: SCS-Torhüter Lucas Scheunemann, der sieben Mal den Ball aus dem Netz holen musste. Archivfoto: noveski.com

Dinge, die Andrej Blum nur wenig beeindruckten. Sieben Minuten waren im zweiten Durchgang gespielt, da schlug der Torjäger des MSV erneut zu und machte aus seinem lupenreinen Hattrick einen Viererpack: Celiks Schuss wehrte SCS-Torsteher Scheunemann nach vorne ab, Blum stand frei und staubte ab (52.). Schon eine Minute zuvor hätte er beinahe seinen vierten Treffer erzielt. Da jedoch konnte Scheunemann parieren (51.). Das muntere Torschießen hatte noch kein Ende: Marcin Hercog bediente Celik, der gleich drei Gegenspieler stehen ließ und zum 5:0 traf (55.). Weitere sechs Minuten später flankte Seth Beyer die Kugel von rechts in den Sechzehner, Blum und auch sein Schwarzenbeker Gegenspieler verpassten. Dafür aber stand Maxim Alekseev richtig und versenkte den Ball gegen den ins kurze Eck abtauchenden Scheunemann zum halben Dutzend an Treffern in den Maschen. Nach einem Foul des eingewechselten Domenic Larcore an Maximilian Wolf im Sechzehner gab's auf der anderen Strafstoß. Der foulte trat selbst an und verkürzte auf 1:6 aus Sicht der Gäste (84.). Der siebte und letzte Meiendorfer Streich war Osman Celik vorbehalten – allerdings, wie sollte es anders sein, unter Mithilfe von Andrej Blum als Vorbereiter. 7:1 nach 89 Minuten.

Ein Ergebnis zum aus der Haut fahren. Eigentlich. Doch Sven Reinke behielt die Ruhe. „Das war Unterlegenheit auf allen Ebenen. Wir sind eben keine Landesliga-Truppe, sondern eine, die in der Kreisliga oben mitspielen würde. Wir gehören nicht in diese Liga. Die Sehnsucht, uns endlich wieder auf Augenhöhe mit Gegnern messen zu können, ist jetzt schon groß“, erklärte der Übungsleiter des SCS, aus dessen „Erster“ im Winter gerade einmal vier Spieler übrig blieben, nachdem feststand, dass es keine finanzielle Aufwandsentschädigung mehr geben werde. „Technisch und physisch sind wir einfach unterlegen. Taktisch haben wir die ersten 15 Minuten einigermaßen dagegengehalten. Aber wenn der Gegner dauernd anrennt, pfeilschnell ist und wir kaum Entlastung haben, dann wird der Kopf müde“, erklärte Reinke und bilanzierte: „Das 1:7 ist als Ergebnis ein bisschen hoch Wir haben haarsträubende individuelle Fehler gemacht, die nichts mit den Stärken des Gegners zu tun haben. Aber wenn es zwei, drei Tore weniger gewesen wären, wäre es okay gewesen. So sieht das Ergebnis natürlich krass aus.“

Ergün: „Was mich an der Anzeigetafel eher stört, ist das eine Gegentor“

MSV-Trainer Fatih Ergün hatte nach dem Spiel gut lachen, ärgerte sich aber über den Gegentreffer. Archivfoto: noveski.com

Krass, aber erwartbar. Zumindest in Ansätzen. „Schwarzenbek hat bisher auswärts schon ein paar Mal drei oder vier Gegentore bekommen. Wir wussten also schon, dass das ein angenehmer Gegner sein wird. Wir hatten einen klaren Matchplan. Den hat die Mannschaft weitestgehend umgesetzt“, erklärte MSV-Übungsleiter Fatih Ergün nach dem Schlusspfiff, „in der ersten Halbzeit haben wir uns viele Chancen erarbeitet, aber mal wieder einige nicht genutzt. Wir müssen allerdings die Kirche im Dorf lassen: Die Jungs waren bemüht, es waren viele spielerische Elemente drin. Dass nicht immer alles klappt, ist normal. Was mich an der Anzeigetafel eher stört, ist das eine Gegentor.“ Vierfach-Vollstrecker Blum bekam derweil mit einem kleinen Schmunzeln einen Spezialauftrag von Ergün mit auf den Weg: „Wir wissen ja, was er kann. Unser Wunsch ist es, dass er jedes Wochenende so trifft wie diesmal...“

Abwarten, ob der „Goalgetter“ das umsetzen kann. Sven Reinke jedenfalls dürfte es recht gewesen sein, dass Blum nicht noch öfter zuschlug. „Wir wussten, das uns so etwas wie heute passieren kann. Aber meine Mannschaft ist als Gemeinschaft sehr gefestigt. Ich bin zuversichtlich, dass die Jungs das einzuordnen wissen“, gab der SCS-Coach zu Protokoll, „wir gehen das Ganze mit Realismus an und träumen oder erzählen nicht irgendwas vom Klassenerhalt. Die Jungs spielen ohne Geld, sind quasi des Söldners Erben. Wir gehen im Moment durch ein Stahlbad. Wir wollen uns eigentlich nicht hinten reinstellen, zerstören und hoffen, dass die 90 Minuten möglichst schnell zu Ende gehen.“ Im Prinzip, so Reinke weiter, „haben wir bis zum Saisonende jede Woche ein Pokalspiel gegen einen klassenhöheren Gegner. Bei solchen Spielen gibt es auch nicht jede Woche ein Wunder. Wir wissen, dass wir in der nächsten Saison in der Bezirksliga etwas Neues aufbauen müssen.“

Jan Knötzsch