Die Reise des Klaus Klock – Zwischen Bernabeu und Wilhelmsburg

„Der FC Türkiye ist wie eine Familie“

30. September 2015, 07:27 Uhr

„Vor 84.000 Zuschauern im Bernabeu“

Im Alter von gerade einmal 28 Jahren beendete Klock schließlich seine aktive Laufbahn und wurde Trainer. „Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon acht Knie-Operationen hinter mir – zum Glück nie etwas Schwerwiegendes wie ein Kreuzbandriss. Aber ein Knorpelschaden oder Meniskuseinriss war dabei.“ Sein wertvollster Moment als Aktiver? „Was ich niemals vergessen werde: Vor 84.000 Zuschauern im Bernabeu-Stadion gespielt zu haben. Das war in der Saison 81/82, als wir bei einem Vier-Länder-Turnier in Madrid, wo Girondins Bordeaux, Standard Lüttich, Real Madrid und eben der HSV teilgenommen haben, das Vorspiel bestreiten durften. Der HSV ist damals mit allem, was Rang und Namen hatte, angereist und hat alle Trophäen abgesahnt. Wir sind im Vorspiel des Turniers auf Bordeaux getroffen. Waren es zu Beginn noch etwa 40.000 Zuschauer, stieg die Zahl in der zweiten Halbzeit auf über 80.000.“ Auch sein erstes Auswahl-Länderspiel gegen die UdSSR und den ersten Auftritt für die Alemannia am prall gefüllten Tivoli gegen Darmstadt 98 (3:0) wird Klock für immer in Erinnerung behalten, wie er sagt. „Für mich beginnt der ‚richtige‘ Fußball erst ab der Oberliga. Nach meiner aktiven Zeit habe ich mich gegen eine große Trainer-Laufbahn und für den Beruf entschieden. Heute bereue ich es ein wenig, die Schuhe so früh an den Nagel gehangen zu haben – denn es gibt nichts Schöneres als den Mannschaftssport!“

„Bei meiner ersten Entlassung war ich zutiefst gekränkt“

Seine Erfahrung und sein Wissen gab Klock fortan diversen Hamburger Amateurteams weiter. Seit nunmehr acht Jahren ist er beim FC Türkiye tätig, hat dort quasi alle Ämter einmal durch. „Das Beste, was mir passieren konnte, ist die Freundschaft zu Dogan Inam und der Wechsel dorthin. Das ist mein Verein, hier gehe ich wirklich voll auf.“ Mit einer Prise Sarkasmus führt er fort: „Hier muss man mich schon beerdigen, denn freiwillig gehe ich nicht weg – es sei denn, Dogan Inam hört auf.“ Das Besondere an dem Verein: „Überall wo ich vorher war, wurden Versprechungen gemacht, die nie eingehalten wurden. Vor allem nach meiner Zeit bei Einigkeit Wilhelmsurg war ich kurz davor, zu sagen, das war’s für mich. Doch dann kam das Treffen mit Dogan und wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Im Amateurfußball war dies die schönste und wichtigste Entscheidung, die ich getroffen habe. Rückblickend ist man auch stolz auf das, was wir hier erreicht haben. Die acht Jahre sind jedenfalls wie im Fluge vergangen.“ Für Klock ist der Verein eine Art „Ersatzfamilie“, wie er zu Protokoll gibt, die allerdings zwischendrin auch ihre Krisen zu überstehen hatte. Gleich zweimal musste Klock seinen Posten als Cheftrainer an der Landesgrenze räumen. „Beim ersten Mal war ich zutiefst gekränkt, da wir als Aufsteiger gar nicht so schlecht dastanden und ich das erste Mal in meinem Leben gefastet und einen Anzug getragen habe“, trägt er die Entscheidung nach einigen Jahren Abstand mit Humor. „Ein paar Wochen später kamen Dogan und Ismail zu mir und meinten, dass sie mich überhaupt nicht verlieren wollen.“ Vor knapp zwei Jahren übernahm Klock die Wilhelmsburger einmal mehr als Übungsleiter, zog dann aber selbst die Reißleine. „Wenn eine Mannschaft so gar kein Interesse an Leistungsfußball zeigt, dann bin ich an der falschen Adresse. Im Nachhinein bin ich der Meinung, dass ich es gar nicht erst hätte machen dürfen, da ich schon zu lange im Verein war und auf dieser Position aufgebraucht.“

„Bin inzwischen alt und dick“

Zwar „juckt es immer, eine Mannschaft auf die richtige Bahn zu lenken“, aber „so lange Dogan Inam und Ismail Uysal beim FC Türkiye sind, kann ich mir nicht vorstellen, bei einem anderen Klub anzufangen.“ In seiner gewohnten Art fügt der heutige Manager an: „Ich bin der Meinung, dass ein Trainer an der Seitenlinie auch etwas herzeigen muss. Ich bin inzwischen alt und dick, sehe mich nicht mehr auf dieser Position.“ In seiner achtjährigen Amtszeit saßen vier verschiedene Trainer auf dem „Schleudersitz“ an der Georg-Wilhelm-Straße – Inam und Klock selbst mal ausgenommen, weshalb Letztgenannter auch in großes Gelächter ausbricht: „Fünf Amtszeiten von Dogan und drei von mir kommen noch hinzu.“ Das familiäre Flair und der Zusammenhalt im Umfeld sind für Klock die Eigenschaften, die den Verein ausmachen. „Deshalb müssen wir auch versuchen, mit aller Macht die Klasse zu halten und uns in der Oberliga zu etablieren.“