Oberliga

Mit Köpfchen und Klasse: Harksheide krönt „turastische“ Hinrunde!

11. November 2023, 23:04 Uhr

Was für eine Hinrunde! TuRa Harksheide triumphiert mit 3:2 bei Concordia Hamburg und steht nach 17 Spielen mit 31 Punkten auf dem dritten Tabellenplatz. Foto: Kormanjos

Die Wechselfenster waren ausgeschöpft – und so musste Niklas Grünitz nach einem Zusammentreffen mit Jeffrey Agyemang in den letzten Minuten und der turbulenten Nachspielzeit auf die Zähne beißen (alle Highlights im LIVE-Ticker). Der Torhüter von TuRa Harksheide wurde gut fünf Zeigerumdrehungen vor Ultimo von Betreuer Andreas „Ede“ Irmisch, der aufgrund etlicher Behandlungen kaum Utensilien mehr zur Verfügung hatte, lange gepflegt werden. Grünitz humpelte stark – und riskierte dennoch Kopf und Kragen. Bei einem Freistoß von Arbes Tahirsylaj aus 17 Metern kratzte der TuRa-Torsteher das Leder aus dem linken Kreuzeck und sackte sofort zusammen. Der Knöchel wurde derart in Mitleidenschaft gezogen, dass er sofort nach Abpfiff dick bandagiert werden musste.

Doch mit dem parierten Freistoß war Grünitz‘ Arbeitstag noch immer nicht beendet und schon gar nicht von Erfolg gekrönt. Ein abermaliger ruhender Ball von Muhamed Ajruli segelte von Höhe der Mittellinie hoch in den Harksheider Strafraum. Der 25-Jährige eilte aus seinem Kasten, um die Kugel mit den Fäusten zu entschärfen – während Pendant Jan Hoffelner längst mitaufgerückt war. Über Umwege kam das Spielgerät zu Nikola Prom, der das scheinbar verwaiste Gehäuse vor sich hatte. Aber Ephrahim Kofi Asante warf sich mit aller Macht in den wuchtigen Schuss, blockte diesen, verhinderte den Einschlag – und schlug sich mehrfach mit der Faust auf die Brust. Schluss!

Harksheide mit Verletzungspech - Runge: "Mir tut das für die Jungs leid"

Harksheides Leon Bartsch (re.) wird an der Seitenauslinie unter Druck gesetzt und versucht, den Ball im Spiel zu halten. Foto: Kormanjos

Was für ein Abnutzungskampf am Ende, den der Tabellendritte wieder erfolgreich gemeistert hat. Aber: „Wir hoffen natürlich, dass sich die Verletzungen, die wir heute zu beklagen haben, als nicht allzu schlimm herausstellen“, sprach TuRa-Trainer Jörg Schwarzer nicht nur auf Grünitz, sondern auch auf Lars Hartmann, der mit einer blutigen Wunde am Knöchel ebenfalls vorzeitig raus musste, und Christopher Micheel, der übel wegknickte und sogar mit dem Krankenwagen abtransportiert werden musste, an. Von dieser Stelle: Die allerbesten Genesungswünsche!

„Mir tut das ein bisschen leid für die Jungs, die viel investiert haben – vor allem in der zweiten Halbzeit – und sich dafür nicht belohnen. Letztlich wird der Ball sogar noch auf der Linie gerettet. Das ist schon bitter für die Jungs, die sich in alles reinhauen“, haderte Cordi-Coach Thomas Runge mit der knappen 2:3-Niederlage. Während Schwarzer befand: „Ich glaube, dass wir nicht darüber reden brauchen, dass wir die bessere Veranlagung hatten. Am Ende haben wir das gewisse Quäntchen auf unserer Seite. Aber ich glaube, dass das Ergebnis absolut verdient ist.“ Insbesondere in den ersten 45 Minuten habe er „ein sehr gutes Spiel“ von seinen Schützlingen gesehen. „Man darf nicht die Enge des Platzes und die zehn Spieler von Concordia, die in ihrer eigenen Hälfte darauf gelauert haben, einen Ball abzufangen, vergessen. Die haben für das Spiel überhaupt nichts getan. Am Ende waren wir die reifere Mannschaft.“

"Ich fand TuRa richtig gut"

TuRa-Trainer Jörg Schwarzer (re.), der nicht mit allen Schiedsrichter-Entscheidungen einverstanden war, wird von Murat Yilmaz ermahnt. Foto: Kormanjos

Eine reife Mannschaft, von der auch Runge angetan war. „Ich fand TuRa richtig gut. Das habe ich in der Form nicht erwartet. Aber sie versuchen immer wieder, Fußball zu spielen und das Tempo hochzuhalten. Das hat mir schon gut gefallen. Gerade in der ersten Halbzeit hatten wir da ein bisschen Probleme.“ Dass es spannend bis zum Schluss war, lag einerseits an der mangelnden Chancenverwertung der Gäste, einem ganz starken Hoffelner im Cordi-Tor, einem Doppeltorschützen bei den Runge-Rackerern und an „Toren, gegen die du auch nicht anarbeiten kannst“, haderte Schwarzer.

Vor dem 1:1-Ausgleich hätte Grünitz das Spielgerät einfach lang schlagen müssen, spielte aber den von zwei, fast drei Mann bedrängten Jannick Lütjens an. Dieser verlor im Gegenpressing die Kugel und Muhamed Ajruli vollstreckte (38.)! „Niklas kann natürlich direkt unterhauen. Aber Jannick darf natürlich in einer geschlossenen Spielstellung sich nicht aufdrehen wollen“, konstatierte Schwarzer – und ärgerte sich auch über das 2:2, „wo wir nur Begleitschutz geben, er sich umdrehen kann und wir uns noch wegdrehen“. Wieder war es Ajruli, der sich nach einer Hereingabe von Sidi Fané und einer nicht konsequenten Klärung des ansonsten starken Cristopher Rieder den Ball noch einmal zurechtlegen und aus 17 Metern trocken ins linke Eck einschweißen konnte (72.)!

Cordi schwimmt bei Standards - TuRa mit Köpfchen

Aber TuRa bewies am Samstagabend an der Grunewaldstraße vor allem ein Attribut: Köpfchen! Die Führung besorgte Jan-Philip Hartmann, der eine Flanke von Lenny Kufrin schulbuchmäßig gegen die Laufrichtung von Hoffelner ins lange Toreck nickte (23.)! Die Antwort auf das zwischenzeitliche 1:1: Eine scharfe Ecke von Nico Schluchtmann auf den zweiten Pfosten – und diesmal schädelte Falk Schmidt ein (43.)! „Die Ecken waren heute sensationell“, lobte Schwarzer nicht nur die ruhenden Bälle von „Schluchti“, sondern auch die Eckstöße von Rieder. Ersterer war es aber wieder, der mit einem Freistoß fast von Höhe der Mittellinie das dritte Kopfball-Tor perfekt initiierte. Erneut ging Schmidt hoch – aber Dennis Baffour kam ihm wohl zuvor und beförderte das Runde über seinen Schlussmann hinweg ins Eckige – 2:3 (81.)!

"Wie wir aktuell Fußball spielen, zeigt sich an unserer Punktausbeute"

Der einmal mehr ganz starke Falk Schmidt (li.) im Kopfballduell mit Cordis Eren Eröksüz. Foto: Kormanjos

„Es geht schon mal damit los, dass wir da gar nicht Foul spielen dürfen. Das ist bitter, durch so ein Tor zu verlieren“, monierte Runge das Vergehen weit weg vom eigenen Tor. „In der zweiten Halbzeit haben wir das sehr gut gemacht, Druck entwickelt und kriegen dann so ein blödes Tor. Das war nicht nötig. Aber wir haben nun mal eine ganz neue Mannschaft mit vielen ganz jungen Spielern. Da passieren dann immer mal so Dinge, die nicht passieren dürfen“, bilanzierte er.

Das Fazit von seinem Gegenüber, der mit TuRa Harksheide nach 17 Partien sensationelle 31 Punkte auf dem Konto hat und die Hinserie im Hamburger Oberhaus auf dem nicht minder herausragenden dritten Tabellenplatz beendet: „Man kann jetzt sagen, wir können nicht mehr absteigen. Das ist die oberste Prämisse – damit sind wir in die Saison gegangen. Aber ich habe von Anfang an gesagt, dass wir uns fußballerisch wahnsinnig weiterentwickelt haben. Auch aufgrund der Grundordnung, die wir nach dem Altona-Spiel verändert haben. Wir haben es nicht einfach so abgetan, weggewischt und uns gesagt, dass das mal passieren kann – trotz der vielen Umstände“, erinnerte Schwarzer an die 0:5-Pleite an der „AJK“ mit vielen kuriosen Gegentoren. „Wir haben daran gearbeitet, unsere Grundordnung verändert und wollten heute unsere Auswärtsbilanz ein Stück weit verbessern.“ Mit Erfolg. „Und wie wir aktuell Fußball spielen, das zeigt sich an unserer Punktausbeute“, ist und bleibt der Club vom Exerzierplatz die große Überraschung der Saison.

Autor: Dennis Kormanjos